Kosmische Treffer: Kein Klimawandel durch kilometergroße Asteroiden
Zwei gigantische kosmische Einschläge im Abstand von weniger als 25 000 Jahren schlugen zwar riesige Krater in die Erdoberfläche – doch sie veränderten das Erdklima nicht langfristig. Zu dieser überraschenden Schlussfolgerung kommen Bridget S. Wade und Natalie K. Y. Cheng vom University College London anhand von Daten aus Tiefseesedimenten im Golf von Mexiko. Wie die beiden Forscherinnen in der Fachzeitschrift »Communications Earth & Environment« berichten, zeigen die enthaltenen Sauerstoff- und Kohlenstoffisotope keine größeren Temperaturanomalien im Zusammenhang mit den Einschlägen. Sollten sich diese Ergebnisse bestätigen, würde das die Auswirkungen großer Meteoritentreffer in ganz neuem Licht erscheinen lassen – darunter auch den Chicxulub-Einschlag, der mit dem Aussterben der meisten Dinosaurier in Verbindung steht.
Unzweifelhaft ist, dass große Asteroiden dramatische Auswirkungen auf die Erde und ihr Klima haben. Sie verheeren ganze Kontinente, schleudern gigantische Mengen Staub in die Atmosphäre und verdunkeln den Himmel für Jahre. Doch wie lange diese Folgen anhalten und wie nachhaltig sie die Bedingungen auf dem Planeten verändern, ist im Detail noch unklar. Einerseits gibt es starke Indizien dafür, dass der Meteoriteneinschlag von Chicxulub vor 66 Millionen Jahren wesentlich zu einem der größten Massensterben der Erdgeschichte beitrug. Andererseits tun sich Fachleute schwer, den ebenfalls gigantischen Manicouagan-Krater in Kanada, der wohl vor rund 212 Millionen Jahren entstand, mit einer vergleichbaren biologischen Katastrophe zu verbinden.
Der Doppeltreffer vor 35,65 Millionen Jahren wirft ähnliche Fragen auf. Die beteiligten Asteroiden hatten wohl rund drei bis fünf beziehungsweise fünf bis acht Kilometer Durchmesser. Sie schlugen den 100 Kilometer messenden Krater von Popigai in Sibirien sowie den zwischen 40 und 85 Kilometer messenden Chesapeake-Bay-Krater an der Ostküste Nordamerikas, und das in kurzem Abstand hintereinander. Um die klimatischen Folgen dieser gigantischen Treffer zu bestimmen, untersuchten Wade und Cheng die Schalen von Mikroorganismen aus Tiefseesedimenten von vor 35,85 bis 35,49 Millionen Jahren. Die Forscherinnen wählten diese Ablagerungen, weil sie deutliche Spuren der Einschläge in Form des Elements Iridium und winziger Kügelchen aus geschmolzenem Gestein enthalten.
Die Verhältnisse zwischen Atomkernen des gleichen Elements, aber unterschiedlicher Anzahl von Neutronen – den Isotopen – verändern sich in den Schalen von Meerestieren mit der Wassertemperatur. Anhand der gemessenen Isotopie von Kohlenstoff und Sauerstoff schließen die Forscherinnen, dass sich die Wassertemperaturen sowohl an der Oberfläche als auch in der Tiefe nach dem Einschlag nicht nennenswert änderten. Demnach veränderte der Doppeleinschlag zweier mehrere Kilometer großer Asteroiden vor 35,65 Millionen Jahren das Klima nur für wenige Jahre oder Jahrzehnte.
Damit widersprechen die Fachleute früheren Studien, die Indizien für Klimaveränderungen durch die Einschläge fanden. Allerdings sind diese Analysen ebenfalls widersprüchlich – manche fanden eine Abkühlung, manche eine Erwärmung. Dagegen finden Wade und Chang eine Abkühlung rund 100 000 Jahre vor den Einschlägen. Zur Erklärung ihres Resultats verweisen sie auf andere Studien, die selbst für den deutlich größeren Chicxulub-Einschlag eine staubbedingte Abkühlung zeigen, die weniger als 25 Jahre anhielt. Zusammen deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Treffer durch Meteoriten mit mehreren Kilometern Durchmesser zwar kurzfristig katastrophal sind, aber nicht zwangsläufig langfristige planetenweite Auswirkungen haben.
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