Invasive Arten: Kettenreaktion
Ratten sind - neben uns Menschen - wohl die erfolgreichsten Säugetiere: Wo wir hingehen, folgen sie uns und erobern die neuen Lebensräume auf ihre Weise. Ihr Tun beschränkt sich jedoch nicht nur aufs Land, selbst Meeresökosysteme können unter ihrem Hunger leiden.
Auf Rat Island ist der Teufel los: Millionen Ratten besiedeln das kleine Eiland in der Beringstraße zwischen Alaska und Sibirien. Ursprünglich bot die schroffe Insel Millionen Seevögeln einen sicheren Brutplatz im sturmdurchtosten Nordpazifik, denn Landraubtiere lebten dort keine, und auch Menschen verirrten sich wohl nur selten dorthin, um Eier zu sammeln oder zu jagen.
Das verheerende Wirken der pelzigen Invasoren beschränkte sich jedoch nicht nur auf das Land, wie Kurle und ihre Kollegen bei einem Vergleich verschiedener Aleuten-Inseln feststellen mussten: Selbst angrenzende Meeresökosysteme können sich dem Einfluss der Ratten nicht entziehen, weil sich die verursachten Schäden durch die gesamte Nahrungskette fortsetzen. So gehört der Nachwuchs von Klippenausternfischer (Haematopus bachmani) und Beringmöwe (Larus glaucescens) zur bevorzugten Nahrung der Wanderratte (Rattus norvegicus), die auf den Aleuten vor allem eingeschleppt wurde.
Was der einen Freud, ist jedoch des Seetangs Leid: Schnecken und Co grasen vornehmlich Algen und Tang ab, sodass ihr gesteigerter Fraßdruck die Seetangfläche entlang der untersuchten Küsten nahezu halbierte. Gleichzeitig schufen sie mehr Freiräume für weitere Felsen besiedelnde Spezies wie Schwämme, Seeanemonen oder Manteltiere, die vorher vom Tang unterdrückt wurden. Aus einem ursprünglich von Pflanzen dominierten Ökosystem machten die Ratten indirekt eines, in dem wirbellose Tiere das vorherrschende Element bilden.
Doch 1780 kam es dann zum Einbruch im Paradies, als ein japanisches Schiff vor der Küste der Insel havarierte und sich die ersten der Nager an Land retteten, wo sie auf eine völlig unvorbereitete Tier- und Pflanzenwelt trafen. Was danach passierte, trägt die Züge einer ökologischen Katastrophe: "Auf einer Insel mit Ratten ist es so still, weil es dort so wenige Vögel gibt – verglichen mit der Kakophonie auf Eilanden ohne die Nager", beschreibt Carolyn Kurle von der Universität von Kalifornien in Santa Cruz die Folgen der Ratten-Fressorgie – die Invasoren hatten unter den Sturmtauchern, Alken und anderen Vögel extrem aufgeräumt. Und auch die Vegetation litt, denn sobald die Tierwelt dezimiert war, fraßen die Nager Samen, Früchte und Wurzeln. Heute ist Rat Island ziemlich kahl, dafür stolpern Besucher über Unmengen an Rattenkötteln.
Das verheerende Wirken der pelzigen Invasoren beschränkte sich jedoch nicht nur auf das Land, wie Kurle und ihre Kollegen bei einem Vergleich verschiedener Aleuten-Inseln feststellen mussten: Selbst angrenzende Meeresökosysteme können sich dem Einfluss der Ratten nicht entziehen, weil sich die verursachten Schäden durch die gesamte Nahrungskette fortsetzen. So gehört der Nachwuchs von Klippenausternfischer (Haematopus bachmani) und Beringmöwe (Larus glaucescens) zur bevorzugten Nahrung der Wanderratte (Rattus norvegicus), die auf den Aleuten vor allem eingeschleppt wurde.
Diese beiden Vogelarten suchen im Gezeitenbereich der Inseln nach Nahrung, die überwiegend aus Schnecken, Napfschnecken, kleinen Seesternen und anderen Wirbellosen besteht. Wo die Ratten herrschen, weichen die Austernfischer und Möwen: Mitarbeiter des US Fish and Wildlife Survey beobachteten diese Arten nur noch auf jeweils acht Inseln mit Ratten, aber auf über achtzig Eilanden ohne die Nager.
Vom Verschwinden der Vögel profitierte eine Reihe von wirbellosen Tieren, die ohne Jagddruck eine regelrechte Bevölkerungsexplosion erlebten, wie die Forscher ermittelten. Schnecken, Napfschnecken und Seepocken beispielsweise besiedeln Küstenfelsen auf Eilanden unter Nagerdruck und Vogel-Abwesenheit sechsmal so dicht wie auf Inseln, wo die Verhältnisse umgekehrt sind. Muscheln und Seesterne legen sogar um das Dreißigfache zu, denn im Gegensatz zu Austernfischern und Möwen verschmähen die Ratten diese Arten.
Was der einen Freud, ist jedoch des Seetangs Leid: Schnecken und Co grasen vornehmlich Algen und Tang ab, sodass ihr gesteigerter Fraßdruck die Seetangfläche entlang der untersuchten Küsten nahezu halbierte. Gleichzeitig schufen sie mehr Freiräume für weitere Felsen besiedelnde Spezies wie Schwämme, Seeanemonen oder Manteltiere, die vorher vom Tang unterdrückt wurden. Aus einem ursprünglich von Pflanzen dominierten Ökosystem machten die Ratten indirekt eines, in dem wirbellose Tiere das vorherrschende Element bilden.
Die Ratten-Hausse soll nun jedoch ein Ende finden: US-amerikanische Naturschutzbehörden bereiten gegenwärtig die Bekämpfung der Nager vor. Rat Island soll im kommenden Sommer oder Herbst mit Giftködern bestreut werden, die spezifisch die Ratten töten. In anderen Teilen der Welt hat man dies bereits erfolgreich praktiziert. Läuft alles nach Plan, beherrschen bald wieder die schrillen Schreie der Seevögel und nicht das Fiepen der Ratten die Insel.
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