Fluidphysik: Klebriger Zungenschlag
Die Zungenfertigkeit jagender Chamäleons ist legendär. Ihre Zunge schnellt mit hoher Geschwindigkeit aus dem bewegungslos verharrenden Tier und kann das Zweifache der Körperlänge an Distanz zur Beute überbrücken. Allein, es fehlt bislang an einer experimentell belegten Erklärung, wie es den Reptilien gelingt, Beutetiere wie Heuschrecken mit ihrer fleischigen Harpune derart sicher zu fixieren, dass sie sie schnell zum Maul befördern können. Forscher um Pascal Damman von der Université de Mons in Belgien haben sich nun den Schleim auf der Zungenspitze der Tiere genauer angesehen und die Jagdtechnik der schleudernden Zunge mit verschiedenen Methoden untersucht. Sie fanden dabei heraus, dass der Chamäleonzungenschleim etwa 400-mal viskoser, also zähflüssiger ist als menschliche Spucke. Der Begriff Adhäsion bezeichnet allgemein die Wechselwirkung zwischen kondensierten, also festen oder ausreichend stabilen flüssigen Oberflächen. Starke Adhäsionskräfte erzeugen eine stabile Verbindung zwischen Zungenschleim und Beutetier.
Um die Adhäsion zwischen dem Schleim der Chamäleonzungenspitze und dem Beutetier zu messen, verwendeten die Forscher kleine Kügelchen aus Stahl mit einem Durchmesser von knapp vier Millimetern und einer Masse von fast 0,2 Gramm. Diese Kügelchen ließen die Forscher eine schiefe Ebene, auf der sich Chamäleonschleim befand, hinunterrollen und maßen deren Geschwindigkeit. Den Schleim gewannen sie, indem sie einen gläsernen Objektträger vor einem Beutetier platzierten. So verleiteten die Wissenschaftler die Chamäleons, ihre Zunge auf den Objekträger zu schießen. Anschließend benutzen sie diese Glasplättchen auf einem Gestell mit einem bestimmten Winkel direkt als schiefe Ebene für die Rollversuche. Nach einer Phase der Beschleunigung stellte sich dabei eine feste Geschwindigkeit der Kügelchen ein. Aus dem Geschwindigkeitsprofil konnten die Forscher die Viskosität des Schleims bestimmen. Neben der Viskosität spielen bei der Fangmethode des Chamäleons aber auch die Größe der Kontaktoberfläche und die Beschleunigung beim "Rückzug" der Zunge zum Maul eine Rolle. Die Forscher schlagen vor, ihr Modell weiter mit Daten von Salamandern und Fröschen auszuwerten, die ebenfalls mit der Zungenharpunenmethode jagen, aber andere Zungenspitzen und anderen Schleim besitzen. So könnte man bessere Erkenntnisse erhalten, welche Faktoren diese Fangtechnik wie stark beeinflussen.
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