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Aids: Kombi aus Gentherapie und Medikamenten könnte HIV besiegen

HIV ist schwer zu besiegen, weil auch wirksame Medikamente nie alle in Zellen versteckten Restposten der Erreger ausräumen können. Ein Doppelschlag aus Gentherapie und gemächlich in alle Ecken kriechenden Wirkstoffen gibt aber Anlass zu großen Hoffnungen.
Aidsvirus

Eine HIV-Infektion können Ärzte mit antiretroviralen Medikamenten mittlerweile ganz gut in den Griff bekommen – die Patienten müssen allerdings lebenslang teure Medikamente einnehmen, weil das unterdrückte Virus sich sonst wieder rasch vermehrt. Vielleicht bringt ihnen eine Kombination aus solchen Medikamenten und Gentherapie mit der DNA-Schere CRISPR-Cas9 in Zukunft den Durchbruch, hoffen Forscher um Howard Gendelman von der University of Nebraska: Im Fachblatt »Nature Communications« zeigen sie, wie sie mit diesem Doppelschlag HIV-infizierte Mäuse völlig von dem Virus befreien.

Bislang gelang es nur in zwei besonderen Einzelfällen, Menschen mit einer HIV-Infektion endgültig zu heilen. Dies liegt vor allem daran, dass selbst hochwirksame Medikamentencocktails, wie sie etwa bei der antiretroviralen Therapie eingesetzt werden, doch nie wirklich alle Erreger in seinen verschiedenen Rückzugsräumen im Körper zerstören können. Es bleiben daher stets Viren übrig – unter anderem auch solche, die sich in die DNA der menschlichen Zellen integriert haben und die sich nach dem Absetzen der Medikamente wieder rasch vermehren.

Mediziner hatten zuletzt aber einen Teilerfolg verzeichnet, als sie solche im Erbgut von Immunzellen versteckte Viren mit Gentherapie attackiert haben. Die von ihnen eingesetzte CRISPR-Cas9-Schere entfernte dabei gezielt 95 Prozent von in Zellen von Mäusen und Menschen schlafendem viralem Erbgut und dämmte zudem eine fortschreitende Infektion in Nagern deutlich ein. Ganz vollständig war die Bekämpfung damit aber eben nicht.

In der neuen Studie wiederholte das Team um Gendelman das Experiment im Wesentlichen, setzte zusätzlich aber antivirale Medikamente auf eine besondere Art ein. Bei der »sequential long-acting slow-effective release antiviral therapy« (LASER ART) sorgen fettlösliche Zusatzstoffe dafür, dass antiretrovirale Inhibitoren als Wirkstoffe auch die gut geschützten Rückzugsräume von HIV-Reservoirs erreichen. Dies hat sich in verschiedenen Experimenten schon bewährt: In Makrophagen und den vom Virus attackierten menschlichen Immunzellen gelangen so viel höhere Dosen wirksamer Substanzkristalle deutlich effizienter. Zur Bekämpfung aller HIV-Erreger im Körper reicht dies allerdings nicht, weil die Medikamente keine schlafenden Virussequenzen entfernt. Dafür sorgte nun die zusätzlich eingesetzte Genschere. Am Ende war immerhin ein Drittel der damit behandelten Tiere völlig frei von Viren, so die Forscher.

Die Resultate des kombinierten Ansatzes sind also viel versprechend, eine Therapie beim Menschen kann aber noch längere Zeit auf sich warten lassen. Dies liegt zum einen an den typischen Gefahren, die eine Gentherapie mit CRISPR-Cas9 beim Menschen mitbringen würde. Immer zu befürchten sind dabei, trotz aller vermeintlicher Präzision der Genwerkzeuge, so genannte Off-Target-Effekte, bei denen CRISPR-Cas9 danebenschneidet und fatale Nebenwirkungen auslösen kann. Im aktuellen Versuch haben die Forscher solche Fehlschnitte immerhin nicht finden können. Spätestens bei Versuchen im Menschen gelten auch die adenoassoziierten Viren (AAV) als problematisch, mit denen die Genscheren an ihren Einsatzort in den Zellen geschleust werden: Sie können Immunreaktionen auslösen und womöglich das Entstehen von Tumoren fördern. Die Therapie muss also noch weiter perfektioniert werden, bevor an einen Einsatz im Patienten gedacht werden kann.

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