News: Kosmischer Zerrspiegel
Dunkle Materie und Dunkle Energie mögen unter Astronomen gerade hip sein - vielleicht kommt das Universum aber ohne sie aus. Dadurch würden theoretische kosmologische Modelle bedeutend vereinfacht. Und die Interpretation von Karten der Mikrowellenstrahlung als Echo des Urknalls um ein vielfaches schwieriger.
Also, da war der Urknall. Plötzlich gab es eine Menge Energie und Materie. Alles flog mit gewaltiger Geschwindigkeit auseinander, aber nicht wirklich völlig gleichmäßig. Weil es da so kleine Dichteschwankungen gab, haben sich Sterne, Galaxien und so weiter gebildet. Beim Ausbreiten kühlte sich das Universum immer mehr ab. Heute ist es so kalt, dass nur noch ein bisschen Mikrowellenstrahlung übrig ist. Die kann man messen und dann ausrechnen, wie das alles passiert war. Oder so...
In groben Zügen beschreibt diese "Dingsda"-Erklärung der Kosmogenese die Eckpfeiler des inflationären Standardmodells und deutet mit dem abschließenden "oder so" an, dass es noch einige Löcher in der Theorie gibt, die darauf warten, gestopft oder mit passenden Flicken besetzt zu werden.
Da wären zum Beispiel die Bewegungen der äußeren Sterne in den Galaxien: Sie sind zu schnell, um nicht augenblicklich ins Weltall hinausgeschleudert zu werden. Es sei denn, eine unbekannte Hand hielte sie fest auf ihren Bahnen. Heißester Kandidat dafür ist die Gravitationskraft der geheimnisvollen "Dunklen Materie". Worum es sich dabei handeln könnte, weiß jedoch kein Mensch.
Nicht viel besser sieht es mit der "Dunklen Energie" aus. Sie wird gebraucht, weil das Universum sich schneller ausdehnt, als es sollte. Allerdings wäre sie so dünn gesät, dass man um ihre quantenmechanische Stabilität bangen müsste. Und außerdem würde sie eine Theorie der Quantengravitation erfordern, nach welcher das Universum zehn oder elf Dimensionen hätte, die mit Ausnahme von Raum und Zeit allesamt zusammengeschrumpelt sind. Irgendwie keine sonderlich bequemen Aussichten.
Vielleicht geht es aber auch einfacher. "Unsere Ergebnisse könnten endgültig die Annahme untergraben, das Universum werde dominiert von einer ominösen Teilchensorte kalter und dunkler Materie sowie der noch mysteriöseren Dunklen Energie", sagt der Astrophysiker Tom Shanks von der University of Durham. Zusammen mit seinen Mitarbeitern hat Shanks Daten des Forschungssatelliten Wilkinson Microwave Anisotropy Probe (WMAP) ausgewertet, der die Verteilung von Mikrowellenhintergrundstrahlung aus dem Kosmos exakt vermisst. Die Wissenschaftler stellten fest, dass die "kühleren" Regionen mit Gegenden zusammenfallen, in denen benachbarte Galaxienhaufen liegen. Ähnliche Beobachtungen hatten bereits andere Arbeitsgruppen gemacht, doch erst diese neue Studie zeigte, wie weit der Einfluss der Galaxienhaufen reicht. In einem Radius von fast einem Grad um ihre Zentren verfälschen sie regelrecht das Muster. "Die Photonen der Mikrowellenstrahlung werden durch Elektronen in den nahe gelegenen Galaxienhaufen gestreut", erklärt Shanks. "Das verursacht entscheidende Veränderungen der Strahlung, wenn sie uns erreicht."
Den Effekt hatten die russischen Wissenschaftler Raschid Sunyaew und Yakow Zeldowitsch bereits in den frühen siebziger Jahren vorhergesagt, kurz nach Entdeckung der Mikrowellenhintergrundstrahlung. Auf ihrem Weg durch das All interagieren die Photonen mit heißen Gasen in den Galaxienhaufen, die sie durchqueren. Besonders in der Frühzeit des Universums, als es noch 10- bis 20-mal kleiner war und sich die ersten Sterne, Galaxien und Quasare gebildet hatten, könnte der Sunyaew-Zeldowitsch-Effekt das Muster der Strahlung verändert haben. "Wenn die Galaxienhaufen in mehreren Milliarden Lichtjahren Entfernung von der Erde die gleichen Auswirkungen haben," so Shanks, "dann sollten wir darüber nachdenken, ob es nötig wäre, unsere Interpretationen der Satellitenkarten vom Mikrowellenhintergrund zu ändern."
Im besten Fall würde dies bedeuten, dass die Deutung des Mikrowellenechos komplizierter würde – schlimmstenfalls wäre das Modell von der Dunklen Materie und Dunklen Energie obsolet. Für einen endgültigen Abschied von den lieb gewonnenen Geheimnissen ist es allerdings noch zu früh. Doch wer glaubte, der Kosmos hätte schon fast alle seine Rätsel preisgegeben, der wird sich wohl noch ein bisschen gedulden müssen, bis wir wissen, was wirklich hinter dem "oder so" steckt.
In groben Zügen beschreibt diese "Dingsda"-Erklärung der Kosmogenese die Eckpfeiler des inflationären Standardmodells und deutet mit dem abschließenden "oder so" an, dass es noch einige Löcher in der Theorie gibt, die darauf warten, gestopft oder mit passenden Flicken besetzt zu werden.
Da wären zum Beispiel die Bewegungen der äußeren Sterne in den Galaxien: Sie sind zu schnell, um nicht augenblicklich ins Weltall hinausgeschleudert zu werden. Es sei denn, eine unbekannte Hand hielte sie fest auf ihren Bahnen. Heißester Kandidat dafür ist die Gravitationskraft der geheimnisvollen "Dunklen Materie". Worum es sich dabei handeln könnte, weiß jedoch kein Mensch.
Nicht viel besser sieht es mit der "Dunklen Energie" aus. Sie wird gebraucht, weil das Universum sich schneller ausdehnt, als es sollte. Allerdings wäre sie so dünn gesät, dass man um ihre quantenmechanische Stabilität bangen müsste. Und außerdem würde sie eine Theorie der Quantengravitation erfordern, nach welcher das Universum zehn oder elf Dimensionen hätte, die mit Ausnahme von Raum und Zeit allesamt zusammengeschrumpelt sind. Irgendwie keine sonderlich bequemen Aussichten.
Vielleicht geht es aber auch einfacher. "Unsere Ergebnisse könnten endgültig die Annahme untergraben, das Universum werde dominiert von einer ominösen Teilchensorte kalter und dunkler Materie sowie der noch mysteriöseren Dunklen Energie", sagt der Astrophysiker Tom Shanks von der University of Durham. Zusammen mit seinen Mitarbeitern hat Shanks Daten des Forschungssatelliten Wilkinson Microwave Anisotropy Probe (WMAP) ausgewertet, der die Verteilung von Mikrowellenhintergrundstrahlung aus dem Kosmos exakt vermisst. Die Wissenschaftler stellten fest, dass die "kühleren" Regionen mit Gegenden zusammenfallen, in denen benachbarte Galaxienhaufen liegen. Ähnliche Beobachtungen hatten bereits andere Arbeitsgruppen gemacht, doch erst diese neue Studie zeigte, wie weit der Einfluss der Galaxienhaufen reicht. In einem Radius von fast einem Grad um ihre Zentren verfälschen sie regelrecht das Muster. "Die Photonen der Mikrowellenstrahlung werden durch Elektronen in den nahe gelegenen Galaxienhaufen gestreut", erklärt Shanks. "Das verursacht entscheidende Veränderungen der Strahlung, wenn sie uns erreicht."
Den Effekt hatten die russischen Wissenschaftler Raschid Sunyaew und Yakow Zeldowitsch bereits in den frühen siebziger Jahren vorhergesagt, kurz nach Entdeckung der Mikrowellenhintergrundstrahlung. Auf ihrem Weg durch das All interagieren die Photonen mit heißen Gasen in den Galaxienhaufen, die sie durchqueren. Besonders in der Frühzeit des Universums, als es noch 10- bis 20-mal kleiner war und sich die ersten Sterne, Galaxien und Quasare gebildet hatten, könnte der Sunyaew-Zeldowitsch-Effekt das Muster der Strahlung verändert haben. "Wenn die Galaxienhaufen in mehreren Milliarden Lichtjahren Entfernung von der Erde die gleichen Auswirkungen haben," so Shanks, "dann sollten wir darüber nachdenken, ob es nötig wäre, unsere Interpretationen der Satellitenkarten vom Mikrowellenhintergrund zu ändern."
Im besten Fall würde dies bedeuten, dass die Deutung des Mikrowellenechos komplizierter würde – schlimmstenfalls wäre das Modell von der Dunklen Materie und Dunklen Energie obsolet. Für einen endgültigen Abschied von den lieb gewonnenen Geheimnissen ist es allerdings noch zu früh. Doch wer glaubte, der Kosmos hätte schon fast alle seine Rätsel preisgegeben, der wird sich wohl noch ein bisschen gedulden müssen, bis wir wissen, was wirklich hinter dem "oder so" steckt.
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