Stammzellskandal: "Laborforensik" verrät, was schieflief
Zwei aktuelle Veröffentlichungen in "Nature" arbeiten noch einmal den Stammzellskandal aus dem Jahr 2014 [1, 2] auf. Damals hatte ein Forscherteam unter Führung des japanischen RIKEN-Forschungszentrums behauptet, durch einfache Reize eine normale Körperzelle in eine so genannte STAP-Stammzelle umwandeln zu können. Die Sensation verpuffte allerdings schnell wieder, nachdem andere Forscher daran gescheitert waren, die Versuche zu reproduzieren, und weitere Ungereimtheiten aufgetaucht waren.
Sieben Teams in vier Ländern haben nun in minutiöser Detailarbeit die Experimente der ursprünglichen Forschergruppe nachgestellt, um jeden weiteren Zweifel auszuschließen. Sie bestätigen, dass die entscheidenden Messergebnisse auf Verunreinigungen mit embryonalen Stammzellen zurückgingen.
Das belegen sie unter anderem mit Hilfe von Gentests: RIKEN-Wissenschaftler haben eingelagerte Proben aus den ursprünglichen STAP-Experimenten genetisch untersucht und entdeckt, dass die darin enthaltenen embryonalen Stammzellen aus Zelllinien stammten, die am Forschungsinstitut schon länger verwendet wurden. Damit dürfte die These von der Kontamination nun endgültig belegt sein. Eine Vermischung mit vorhandenen embryonalen Stammzellen erkläre auch die Ergebnisse von Mausexperimenten, über die in der Ursprungsstudie berichtet wurde.
Nur schwer durch Schlampigkeit zu erklären
Zu größerem Rätselraten hatte bei alldem jedoch die Frage geführt, warum sich die mutmaßlichen STAP-Zellen zu Plazentazellen ausdifferenzieren ließen – dazu dürften selbst die eingedrungenen embryonalen Stammzellen nicht in der Lage gewesen sein. Die Untersuchungen zeigten nun, dass bei den Plazentaexperimenten zusätzlich so genannte Trophoblasten im Spiel waren, die im heranwachsenden Embryo für die Plazentabildung verantwortlich sind.
Dem Magazin "Nature News" sagte der Stammzellforscher George Daley von der Harvard Medical School, es sei sehr schwer, die nun aufgedeckten Fehler in der STAP-Studie "durch simple Verunreinigung oder schlampige Falschetikettierung" zu erklären.
Auch bei den aktuellen Nachuntersuchungen bemerkten Forscher zunächst einen viel versprechenden Hinweis darauf, dass sich die Versuchszellen in Stammzellen umgewandelt hatten. Das schwache Leuchten im Mikroskop ging jedoch nicht auf den Fluoreszenzfarbstoff zurück, der eine solche Umwandlung hätte anzeigen sollen, sondern auf Autofluoreszenz, wie genauere Tests dann offenbarten. Die Zellen senden dabei auf Grund natürlicher Prozesse Licht aus und gaukeln dem Beobachter mitunter ein falsches Ergebnis vor.
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