News: Munter angstfrei
Aber die natürliche Reaktion auf reale Gefahren und potenzielle Drohungen kann sich auch gegen den Menschen selbst richten und ihm dann mehr schaden als nützen. So plagen sich viele Menschen mit unerklärlichen Angstattacken, die ihnen das Leben sehr erschweren. Wer sich beim Anblick einer Spinne laut schreiend in der hintersten Zimmerecke wiederfindet, gehört zwar auch in die große Gruppe der unter Phobien Leidenden, muss aber sicherlich nur selten auf so starke Beruhigungsmittel wie Valium zurückgreifen.
Wessen Leben aber durch die Ängste so stark eingeschränkt ist, dass er sich etwa nicht mehr aus dem Haus traut, greift auf Anraten des Arztes oft auf die beruhigenden Kapseln zurück – allerdings mit einer unangenehmen Begleiterscheinung: eine bleierne Müdigkeit, die einen normalen Tagesablauf in weite Ferne schiebt, von der möglichen Abhängigkeit ganz zu schweigen. Doch aus dem Dilemma scheint es einen Ausweg zu geben, den Clyde Hodge und seine Kollegen von der University of California in San Francisco entdeckt haben.
Sie machten ein Enzym aus, das in die Entstehung von Angstgefühlen regulierend eingreifen kann, und zwar genau dort, wo die Angst entsteht: im Gehirn. Normalerweise hat der gesunde Körper sein eigenes System, um die Angst in Schacht zu halten. Der im Gehirn aktive Botenstoff GABA (gamma-Aminobuttersäure) bindet hierzu an ein spezielles Oberflächenprotein auf der Nervenzelle und hemmt so deren Aktivität. Die Reaktion auf das vermindert aktive Neuron ist ein ebenfalls vermindertes Angstgefühl.
Funktioniert das körpereigene Kontrollsytem nur unzureichend, kann Valium helfen, denn es greift genau in diesen Zyklus ein und steigert die Bindung zwischen Botenstoff und Bindungspartner: Die Angst nimmt ab. Doch Hodge entdeckte mit der so genannten Proteinkinase C (PKC-e) ein Enzym, das ebenfalls in den Zyklus eingreift. Seine Anwesenheit reduziert die Empfindlichkeit des Bindungsproteins und steigert so die Angst wieder.
Die ganze Tragweite des Enzyms zeigte sich den Forschern in Tiermodellen, als sie eine Maus ohne Proteinkinase schufen. Die Tiere hatten im Vergleich zu ihren unveränderten Artgenossen viel weniger Angst, etwa vor großen Höhen, und waren trotz allem munter und agil. Nichts ließ darauf schließen, dass sie sediert in der Ecke saßen.
Doch so einfach, wie es anhand der Mausversuche erscheinen mag, wird die Beseitigung von Angstgefühlen wohl doch nicht sein. Denn beim Menschen wird man das Gen für die Proteinkinase nicht einfach ausschalten können. Die Folge wäre – zumindest bei den weiblichen Betroffenen – eine verminderte Fruchtbarkeit als Reaktion auf ein geschwächtes Immunsystem. Nun wollen die Forscher in Anlehnung an die Proteinkinase an einem Medikament arbeiten, das die Angstzustände behandelt, ohne die kognitiven Leistungen zu beeinträchtigen.
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