Artenvielfalt: Navigationssystem für Artenschützer
Die einen kämpfen auf verlorenem Posten, denn sie sind die Letzten ihrer Art. Andere sind die Vorhut, sie erobern ständig neues Terrain für ihre wachsende Sippschaft. All das lässt sich aus Verbreitungskarten von Arten herauslesen: Ein Ansatz, den Naturschützer nun häufiger in Betracht ziehen sollten.

© Robert Thompson (Ausschnitt)

© Alan Barnes (Ausschnitt)
Dunkler Dickkopffalter | Der Dunkle Dickkopffalter (Erynnis tages) ist in Großbritannien zunehmend gefährdet, sein Verbreitungsgebiet schrumpft. Mittlerweile laufen Schutzmaßnahmen unter anderem von der britischen Butterfly Conservation für ihn und andere gefährdete Schmetterlinge auf der Insel an.

© Robert J. Wilson (Ausschnitt)
Verbreitung des Dunklen Dickkopffalters | Rückgang der Verbreitung des Dunklen Dickkopffalters (Erynnis tages) in Großbritannien im Vergleich von 1970 und 1999. Anhand der Veränderungen auf Arealkarten können Naturschützer jetzt Rückschlüsse auf Bestandstrends und Gefährdungsgrad einer Spezies ziehen. Fragmentierte Verbreitungen deuten auf abnehmende Populationen und erhöhtes Risiko hin, kompakte Areale mit einzelnen Außenposten auf Expansion der Art.
Unwahrscheinlich? Alles schon einmal vorgekommen: "Tibbles", die Katze eines Leuchtturmwärters auf Stephens Island, Neuseeland, jagte den Stephens-Island-Schlüpfer (Xenicus lyalli) bis zur Ausrottung, die letzten Schwarzfuss-Iltisse (Mustela nigripes) wären fast durch die Staupe umgekommen. Erst menschliche Intervention rettete den Iltis vor dem Aussterben.

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Schachbrettfalter | Im Gegensatz zum Dickkopffalter befindet sich der Schachbrettfalter (Melanargia galathea) im Aufwind. Er weitet sein Verbreitungsgebiet stetig aus.

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Verbreitungskarte des Schachbrettfalters | Verbreitungskarte des Schachbrettfalters (Melanargia galathea). Er hat ein sehr dichtes Verbreitungsareal und breitet sich von dort langsam aus. Dabei gründen abwandernde Schmetterlinge neue Populationen, die als Brückenköpfe vor dem Kerngebiet der Verbreitung liegen.
Dieses Schema übertrugen die Wissenschaftler auf belgische Schmetterlinge und britische Pflanzen, wo es jeweils bestätigt wurde. Allerdings gilt es dabei, den Maßstab der Untersuchungen zu beachten, denn gerade bei wenig mobilen Taxa muss genauer hingesehen werden, ob sich ihr Status verändert. Bei ortsfesten Pflanzen etwa spielen sich Aussterbe- oder Expansionsprozesse auf kürzeren Distanzen ab als bei Vögeln, so Wilson und seine Kollegen. Anhand der beobachteten Muster lassen sich zukünftige Veränderungen erkennen und gefährdete Arten eher herausfiltern.
In diesem Sinne geht es dem Dunklen Dickkopffalter wie dem Menschen mit einem löchrigen Hemd: Erst ist es nur eine kleine Schwachstelle, dann werden die Lücken immer größer und schließlich fällt das ganze System auseinander. Für den Schmetterling gibt es allerdings keinen Ersatz mehr.
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