Fortpflanzung: Ran an die Hühner
Dominierender Hahn im Korb zu sein, ist weniger leicht als gedacht: Ständig schwillt der Kamm, weil die Weibchen sich mit der Konkurrenz einlassen könnten. Wie aber ließe sich der Harem treu halten und damit der Fortbestand des eigenen Stammbaums sichern?
Erst jüngst erfuhr der größte Alptraum liierter Männer wieder wissenschaftliche Bestätigung: In festen Händen befindliche Vertreterinnen des schönen Geschlechts empfinden just in den Momenten größter spermischer Empfänglichkeit das stärkste Verlangen nach einer kleinen, aber befruchtenden Liaison mit einem kräftig-dominanten Stenz, der sich zwar ansonsten rein gar nichts um den Aufwuchs der Geschöpfe seiner Leidenschaft schert, aber von seinem selbstbewussten Auftreten her gesunde Gene verspricht. An seiner Stelle soll sich stattdessen der alltagstaugliche, sinnliche und vor allem berechenbare Softie um den Kuckucksnachwuchs kümmern: Er lässt zwar einen gewissen Sex-Appeal vermissen, garantiert aber maximale Fürsorgeverpflichtung.
Ein besonders lohneswertes Beobachtungsumfeld versprechen dabei die Haushühner (Gallus gallus domesticus), die deshalb in das Blickfeld von Verhaltensforschern um Tommaso Pizzari von der Universität Oxford rückten: Erinnert doch nicht nur das gockelhafte Gehabe der Männchen frappierend an manche Aufplusterungen menschlicher Gigolos, auch viele Weibchen der Art scheinen nichts gegen einen gelegentlichen Seitensprung zu haben, um genetisch möglichst maximal ausgestattete Küken zu erbrüten.
Doch das hat einen hohen Preis, denn diese Maßnahme erfordert dem Stall-Herren einiges an Ressourcen ab: Energie, die ihm dann womöglich in einer feindseligeren Umwelt fehlen könnte – statt das Überleben der eigenen Gene zu sichern, endete der Hahn womöglich vorzeitig in den Fängen eines Habichts. Einfacher erscheint daher, die nochmalige Verpaarung der Auserwählten mit einem Subalternen zu verhindern: Folglich werden die beglückten Damen gegenüber externen Sexualübergriffen gesichert oder gar durch aggressives Picken bestraft, wenn es dennoch zum Seitensprung kommt, wie es etwa bei Schwarzstirnwürgern (Lanius minor) nachgewiesen wurde. Dies ist natürlich ebenfalls kostspielig, also warum dann nicht endlich Arbeit und Vergnügen verbinden und die Weibchen durch wiederholte Begattungen für die lauernde Konkurrenz uninteressant machen?
Diese Kopulationstaktik, die in ihren Wiederholungen mit weniger oder gänzlich ohne Spermien auskommt, geht jedoch noch viel weiter, denn sie reduziert zudem die Aufnahmekapazität der Hennen für neue Spermien, wie die Forscher in einem weiteren Versuch entdeckten, als sie die tatsächliche Anzahl der Spermien in den gelegten Eiern zählten. Sie war bei den anfänglich nur bestiegenen Vögeln nach der einmaligen Empfängnis deutlich geringer als in den Kontrollgruppen, in denen die Tiere zuerst nur auf Sichtkontakt beschränkt waren und die ebenfalls nur einmal kopulieren durften. Allein das Besteigen reichte also schon aus, um die Promiskuität der Hennen zu verringern: Ein Hahn, der nach erfolgreichem Akt noch weitere Male Geschlechtsverkehr mit diesem Weibchen hat, erreicht also mit verringertem Sexualaufwand und ohne dass er mehr in Hoden und Spermien investieren muss, maximale Reproduktionschancen – nur das Wie ist nun noch unbekannt. Aber welche Lehre können daraus jetzt Menschenmänner ziehen? Wohl leider keine, denn gerade auch auf dem Hühnerhof dominieren jene aggressiven Gockel, die sich am stärksten aufplustern – die Suche nach erfolgreichen Abwehrmaßnahmen geht weiter.
Natürlich schätzt kein Mann, dass seine eigene genetische Linie im wahrsten Sinne den Kürzeren zieht, während die Konkurrenz geradezu verschwenderisch mit ihrem Fortpflanzungsmaterial hausieren geht. Deshalb hat die zivilisierte Menschheit – zumal ihre männliche Hälfte – diesen Vertrauensbruch durch eine Vielzahl an Gesetzen, Geboten oder Tabus zu verhindern versucht – nicht unbedingt mit vollem Erfolg. Könnte sich daher nicht vielleicht ein Blick ins Tierreich zur Ausarbeitung von Gegenstrategien rentieren, da auch dort das Treiben von Partnerinnen und vagabundierenden Liebhabern mit Argusaugen verfolgt wird?
Ein besonders lohneswertes Beobachtungsumfeld versprechen dabei die Haushühner (Gallus gallus domesticus), die deshalb in das Blickfeld von Verhaltensforschern um Tommaso Pizzari von der Universität Oxford rückten: Erinnert doch nicht nur das gockelhafte Gehabe der Männchen frappierend an manche Aufplusterungen menschlicher Gigolos, auch viele Weibchen der Art scheinen nichts gegen einen gelegentlichen Seitensprung zu haben, um genetisch möglichst maximal ausgestattete Küken zu erbrüten.
Diese Mehrfach-Empfängnis führt im Körper der Henne – wie bei vielen anderen Spezies – zu einem gnadenlosen Auslesewettbewerb der Spermien verschiedener Hähne, der auf zellulären wie molekularen Ebenen ausgefochten wird: Nur die gesündesten und schnellsten gelangen ans Ziel und damit in die Eizelle. Um ihren eigenen Samenfäden nun möglichst die Pole Position in diesem Rennen zu sichern, produzieren die potenziellen Vogelväter daher oft ein Plus an Spermien, das Konkurrenz allein durch schiere Masse behindert und somit den Erfolg des eigenen Erbguts sichert.
Doch das hat einen hohen Preis, denn diese Maßnahme erfordert dem Stall-Herren einiges an Ressourcen ab: Energie, die ihm dann womöglich in einer feindseligeren Umwelt fehlen könnte – statt das Überleben der eigenen Gene zu sichern, endete der Hahn womöglich vorzeitig in den Fängen eines Habichts. Einfacher erscheint daher, die nochmalige Verpaarung der Auserwählten mit einem Subalternen zu verhindern: Folglich werden die beglückten Damen gegenüber externen Sexualübergriffen gesichert oder gar durch aggressives Picken bestraft, wenn es dennoch zum Seitensprung kommt, wie es etwa bei Schwarzstirnwürgern (Lanius minor) nachgewiesen wurde. Dies ist natürlich ebenfalls kostspielig, also warum dann nicht endlich Arbeit und Vergnügen verbinden und die Weibchen durch wiederholte Begattungen für die lauernde Konkurrenz uninteressant machen?
Das schlossen Pizzari und seine Kollegen auch aus neueren wissenschaftlichen Beobachtungen, nach denen mehrfaches kopulierendes Besteigen irgendwie ebenso das weibliche Reproduktionsverhalten beeinflussen soll. Folglich überprüften sie diesen womöglich verhütenden Geschlechtstrieb auf ihrem Forschungshühnerhof, indem sie Hennen-Reaktionen auf vier verschiedene männliche Annäherungsweisen verglichen: Ein Huhn wurde dabei in kurzer Abfolge zweifach von zwei potenten Hähnen gedeckt – inklusive Samenerguss –, ein weiteres Tier wurde bestiegen, aber ein Keuschheitsgürtel über der Kloake verhinderte die Befruchtung, und zwei weitere Exemplare durften sowohl mit als auch ohne Verhütungsmittel die Männchen nur sehen, ohne dass es zum Austausch von Körperflüssigkeiten kam.
Anschließend verbrachten die Forscher die Hennen – alle ohne Präservativ – jeweils in ein Gehege mit einem weiteren ranggleichen Gockel und beobachteten dort Aktion und Reaktion der beiden Tiere. Und siehe da: Sowohl die tatsächlich befruchteten wie die nur bestiegenen Weibchen zeigten sich nun deutlich weniger bereit, den sexuellen Verlockungen des gefiederten Galans zu folgen – im Gegenteil wehrten sie die Annäherungsversuche eher ab. Die Vergleichsgruppen ohne Körperkontakt waren dagegen offen für das Werben der Hähne und ließen sich meist auch willig begatten – bis sie zwei Tage und vier Paarungen später ebenfalls ein Ablehnungsniveau wie ihre Kolleginnen erreichten.
Diese Kopulationstaktik, die in ihren Wiederholungen mit weniger oder gänzlich ohne Spermien auskommt, geht jedoch noch viel weiter, denn sie reduziert zudem die Aufnahmekapazität der Hennen für neue Spermien, wie die Forscher in einem weiteren Versuch entdeckten, als sie die tatsächliche Anzahl der Spermien in den gelegten Eiern zählten. Sie war bei den anfänglich nur bestiegenen Vögeln nach der einmaligen Empfängnis deutlich geringer als in den Kontrollgruppen, in denen die Tiere zuerst nur auf Sichtkontakt beschränkt waren und die ebenfalls nur einmal kopulieren durften. Allein das Besteigen reichte also schon aus, um die Promiskuität der Hennen zu verringern: Ein Hahn, der nach erfolgreichem Akt noch weitere Male Geschlechtsverkehr mit diesem Weibchen hat, erreicht also mit verringertem Sexualaufwand und ohne dass er mehr in Hoden und Spermien investieren muss, maximale Reproduktionschancen – nur das Wie ist nun noch unbekannt. Aber welche Lehre können daraus jetzt Menschenmänner ziehen? Wohl leider keine, denn gerade auch auf dem Hühnerhof dominieren jene aggressiven Gockel, die sich am stärksten aufplustern – die Suche nach erfolgreichen Abwehrmaßnahmen geht weiter.
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