Riesengalaxien: Neue Schwarze Löcher mit Rekordmassen
Jede Galaxie enthält in ihrem Zentrum ein Schwarzes Loch, doch die bisher bekannten Exemplare ließen eine auffällige Lücke: Selbst die massereichsten unter ihnen konnten bisher nicht die hellsten bekannten Quasare erklären, die Astronomen im frühen Universum fanden – ihre starke Strahlungsenergie müssen sie aus Schwarzen Löchern von mehr als zehn Milliarden Sonnenmassen beziehen. Auch im jüngeren Teil des Universums sollte es solche extrem massereichen Schwarzen Löcher geben. Jetzt stießen Nicholas McConnell von der University of California in Berkeley und seine Kollegen tatsächlich auf zwei Schwarze Löcher dieser Größenordnung.
In der Mitte von fernen Galaxienhaufen befinden sich häufig gigantische elliptische Galaxien mit einem Vielfachen der Masse unseres Milchstraßensystems und mehr als einer Billion Sterne. Sucht man nach extrem massereichen Schwarzen Löchern, so sind diese elliptischen Galaxien ideale Kandidaten. Allerdings sind sie schwer zu beobachten, denn selbst der uns nächste große Galaxienhaufen ist mehrere Millionen Lichtjahre weit entfernt. Mit erdgebundenen Teleskopen sowie dem Weltraumteleskop Hubble haben McConnell und seine Koautoren nun das Zentrum zweier Galaxienhaufen untersucht, die rund 300 Millionen Lichtjahre von uns entfernt sind.
Bei Schwarzen Löcher mit normaler Masse gibt es einen empirischen Zusammenhang zwischen ihrer Masse, den Geschwindigkeiten der Sterne in der umgebenden Galaxie und der Helligkeit des kugelförmigen Galaxienzentrums. In neu entdeckten Galaxien können Forscher daher aus Sterngeschwindigkeit und Leuchtkraft die Masse des zentralen Schwarzen Lochs berechnen. Allerdings lässt sich die bekannte Gleichung nicht auf extrem massereiche Schwarze Löcher anwenden, wie McConnell und seine Koautoren herausfanden. Um hier die Masse zu bestimmen, mussten die Wissenschaftler die Geschwindigkeit der Sterne in der direkten Umgebung des Schwarzen Lochs vermessen – einem Ort, an dem nur wenige Sterne zu finden sind. Dennoch hatten McConnell und Koautoren Erfolg und bestimmten deren Geschwindigkeiten über die Dopplerverschiebung bekannter Spektrallinien.
Auf diese Art untersuchten die Forscher die Zentralgalaxie NGC 3842 im Galaxienhaufen Abell 1367, Sternbild Löwe, sowie NCG 4889 in Abell 1656, Sternbild Haar der Berenike (Coma Berenices). Beide Zentralgalaxien gehören zum Coma-Superhaufen. Für das Schwarze Loch der ersten Galaxie ermittelten sie 9,7 Milliarden Sonnenmassen. Im zweiten Fall kamen die Wissenschaftler auf 21 Milliarden Sonnenmassen, jedoch könne sich der Wert zwischen 9,8 und 27 Milliarden Sonnenmassen bewegen, schreiben die Forscher. Die so bestimmten Massen sind deutlich größer als diejenigen, die eine Berechnung über die Gleichung für kleinere Schwarze Löcher ergeben hätte.
Dieses Ergebnis und die gefundene Abweichung von der bisher geltenden Massengleichung lässt Astronomen die Theorien zum Galaxienwachstum überdenken. Einem Modell zufolge wachsen eine Galaxie und ihr Schwarzes Loch immer synchron: In Zeiten, in denen viel Gas eingefangen wird, profitieren beide. Eine andere Vorstellung geht davon aus, dass sich im Fall der zentralen Riesengalaxien zwei kleinere Galaxien mit vergleichsweise wenig Gas zu einer großen verbinden. Ihre Schwarzen Löcher würden dabei verschmelzen, so dass die Gesamtmasse der Sterne und diejenige des entstehenden extrem massereichen Schwarzen Lochs jeweils die Summen der entsprechenden Massen in den vorherigen Einzelgalaxien wären. Die neue Studie von McConnell und Koautoren scheint nun diese zweite Hypothese zu stützen.
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