Direkt zum Inhalt

Bewusstsein bei Tieren: Rouge-Test ade?

Rhesusaffen erkennen sich im Spiegel - wenn es darauf ankommt.
Rhesusaffen
Entdeckt ein zweijähriges Kind einen Farbtupfer auf der Stirn seines Spiegelbilds, wischt es ihn weg. Denn es weiß: Das Kind im Spiegel bin ich! Dieser "Rouge-Test" galt bislang als Prüfstein, ob auch Tiere die kognitive Ausrüstung zum Selbstbewusstsein haben. Bei Schimpansen, Delfinen und Elefanten ist das offenbar der Fall. Wissenschaftler der University of Wisconsin-Madison wurden jetzt Zeugen eines überraschenden Schauspiels: Selbst Rhesusaffen erkennen sich im Spiegel – obwohl sie im Rouge-Test scheitern.

Schimpanse am Wasser | Schimpansen erkennen sich selbst im Spiegel. Dieser hier spielt mit seiner Reflexion im Wasser.
Ursprünglich hatten Luis Populin und seine Kollegen mit ihren fünf Rhesusaffen (Macaca mulatta) ganz anderes im Sinn: In Vorbereitung elektrophysiologischer Studien hatten sie ihnen Messelektroden ins Gehirn implantiert. Kaum saßen die Tiere aber wieder im Käfig, begutachteten sie ihre OP-Wunde in einem Spiegel, der am Käfiggitter hing. Bisherigen Studien per Rouge-Test hatten gegen ein Ich-Bewusstsein bei Rhesusaffen gesprochen: In Spiegelbildern schienen die Tiere eher Artgenossen als sich selbst zu erkennen. Die Videoaufnahmen des Forscherteams legen nun das Gegenteil nahe.

Die Affen betrachteten im Spiegel – teils unter akrobatischen Verrenkungen – selbst Körperstellen, die sonst nicht in ihrem Blickfeld lagen. Diese Stellen berührten sie immer am eigenen Körper, nie am Spiegel. Makaken ohne Implantat ignorierten die Spiegel dagegen, und genau hier vermuten die Forscher die Ursache für das plötzliche Interesse der Tiere: Erst eine tief greifende Veränderung wie das Implantat bewegte die Affen dazu, ihr Erscheinungsbild zu prüfen. Ein Fleck auf der Stirn? Für Rhesusaffen eher uninteressant.

© Luis Populin
Rhesusaffen im Spiegel
Populin und sein Team bezweifeln, ob der Rouge-Test wirklich zur Feststellung von Selbstbewusstsein taugt. Offenbar sind es nicht zwingend kognitive Defizite, die manche Tiere an der Methode scheitern lassen. Möglicherweise spielt auch fehlende Motivation eine Rolle. (sz)

Rajala, A. Z. et al.:Rhesus Monkeys (Macaca mulatta) Do Recognize Themselves in the Mirror: Implications for the Evolution of Self-Recognition. In: Public Library of Science One 5(9), e12865, 2010.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.