SLS und Starship: Mit Superraketen auf zu neuen Welten
Es war ein Nervenkitzel, bis das James Webb Space Telescope (JWST) an Weihnachten 2021 tatsächlich ins All flog. Schließlich war es eine diffizile Angelegenheit: Das Teleskop passte in keine moderne Rakete, ohne zusammengefaltet zu werden. Und seine Funktionsfähigkeit beruht auf hunderten beweglichen Teilen, dank derer es sich im Weltraum zu voller Größe entfalten kann. Alle Beteiligten atmeten auf, als die Manöver gelangen und das Teleskop seine ersten Kalibrierungsbilder schickte. Nach dem Kraftakt, das JWST in den Weltraum zu schicken, fragen sich viele Astronominnen und Astronomen, ob es nicht einen einfacheren Weg geben könnte, Teleskope dieser Größe zu bauen und zu starten. Die Entfaltung sei eine Herausforderung gewesen, sagt John Blevins vom Marshall Space Flight Center der amerikanischen Weltraumbehörde NASA. »Hätte man eine größere Rakete, ließe es sich am Boden entfalten.«
Wie es der Zufall will, befinden sich derzeit zwei Riesenraketen auf Startrampen: das Space Launch System (SLS) der NASA sowie SpaceX' Starship. Beide sollen letztlich die Leistung der mächtigen Saturn V übertreffen, welche die Apollo-Astronauten erstmals im Jahr 1969 zum Mond brachte.
Das SLS steht im Kennedy Space Center in Florida bereit und wartet auf seine erste unbemannte Mondumrundung im Sommer 2022. Artemis-I heißt die Mission und sie ist ein Teil des Plans der NASA, in den 2020er Jahren wieder Menschen auf die Mondoberfläche zu bringen. Das SLS soll so zuverlässig wie möglich sein und basiert daher zu einem großen Teil auf der alten Hardware des US-amerikanischen Spaceshuttle-Programms. Doch die Abhängigkeit von bewährter Technologie könnte sich als Schwäche erweisen: Einige Fachleute schätzen, die Kosten für das SLS liegen bei 4,1 Milliarden Dollar pro Start. Vorausgesetzt dass das Projekt nicht noch vom US-Kongress gestoppt wird, könnte seine enorme Größe letztendlich ein Segen für Wissenschaftler sein, die größere Raumfahrzeuge und Teleskope in das gesamte Sonnensystem – und sogar darüber hinaus – schicken wollen.
Starship heißt das zweite Modell, entwickelt von Elon Musks Team der privaten Raumfahrtfirma SpaceX. Es soll frühestens im Mai 2022 zu seinem ersten Testflug in die Erdumlaufbahn abheben – vorbehaltlich der behördlichen Genehmigung durch die Federal Aviation Administration. Die Rakete ist zwar ähnlich leistungsfähig, unterscheidet sich aber ansonsten stark von der NASA-Variante.
In SLS und Starship passt je ein ganzes James-Webb-Teleskop
Das Starship und seine gigantische Super-Heavy-Trägerrakete sind auf Langlebigkeit ausgelegt und sollen nach ihren Flügen wieder auf dem Boden landen. Sie werden in Teilen wiederverwendet, ähnlich der Falcon-Raketenflotte von SpaceX. Jede SLS-Rakete hingegen soll nach einmaligem Gebrauch entsorgt werden und ihre Komponenten als Schrott auf dem Meeresboden oder im Weltraum treiben.
»Starship verspricht, das Sonnensystem in einer Weise zu verändern, die wir noch gar nicht richtig einschätzen können. Das verändert alles«
Alan Stern, Leiter der New-Horizons-Mission
So groß und kühn das SLS auch sein mag – laut Experten wird es angesichts dessen, was SpaceX mit dem Starship erreichen könnte, verblassen. »Starship verspricht, das Sonnensystem in einer Weise zu verändern, die wir noch gar nicht richtig einschätzen können«, sagt Alan Stern vom Southwest Research Institute in Texas, der die New-Horizons-Mission der NASA leitet, die 2015 am Zwergplaneten Pluto vorbeiflog. »Das verändert das Spiel komplett.«
Beide Raketen bieten viel Stauraum. Sie sollen Fracht von der Größe des JWST oder sogar noch größeren Bauten transportieren können – ohne dass die Komponenten zum teuersten Origami der Welt gefaltet werden müssen. Außerdem haben beide Trägerraketen eine dermaßen enorme Schubkraft, dass sie mit größeren Raumfahrzeugen in kürzerer Zeit entlegene Winkel des Sonnensystems erreichen können als kleinere Raketen. Das Starship lässt sich sogar im Weltraum auftanken und könnte demnach Nutzlasten zu schwer zugänglichen Orten wie Jupiter und Saturn oder andere Ziele im Sonnensystem transportieren.
Auch Artemis braucht das Starship
Die neue Ära der Superraketen begeistert Astronomen. »Diese Raketen können ganz neue Klassen von Missionen ermöglichen – zu allen Riesenplaneten und den Objekten im Kuipergürtel und zu den Zwergplaneten des Sonnensystems«, sagt Stern. Derzeit konzentrieren sich viele auf das SLS, weil es ausgereifter ist, doch das Starship und seine potenziell revolutionären Fähigkeiten sind nicht zu unterschätzen.
Nach dem ersten Mondflug soll das SLS laut der NASA erst nur Orion-Kapseln, dann Orion-Raumkapseln samt Raumfahrenden ins All bringen. Eine erste Artemis-Besatzung will man im Jahr 2025 zum Mond schaffen. »Wir gehen davon aus, dass über einen Zeitraum von zirka zehn Jahren etwa eine Landung mit Menschen pro Jahr stattfinden wird«, sagte NASA-Administrator Bill Nelson auf einer Pressekonferenz am 23. März 2022.
Daher wird wahrscheinlich bis in die 2030er Jahre keine SLS-Rakete zur Verfügung stehen, um ein Teleskop oder eine wissenschaftliche Sonde in das Sonnensystem zu transportieren. Außerdem hat die NASA den für 2024 geplanten Start ihres Jupiter-Flaggschiffs Europa Clipper vom SLS auf eine Falcon Heavy von SpaceX verlegt. »Angesichts des Artemis-Programms zwischen jetzt und den späten 2020er Jahren wird es sehr schwierig sein, eine wissenschaftliche Mission in diesen Zeitrahmen zu quetschen«, sagte Robert Stough, Payload Usage Manager von SLS am Marshall Space Flight Center der NASA, in einem Briefing 2021.
Gleichzeitig geben sich Mitarbeitende der Behörde zuversichtlich, die exorbitanten Kosten und Zahl der SLS-Starts verbessern zu können. In seinem Briefing schätzte Stough, dass 800 Millionen Dollar oder weniger ein erreichbares Ziel für die 2030er Jahre sind.
Mit Upgrade zur Meganutzlast
Die endgültige, leistungsstärkste geplante SLS-Konfiguration könnte sich mit Hilfe einer neuen »Kick-Stufe« aufstocken lassen, die zusätzlich einen Antrieb an der Spitze der Rakete hätte. Das geht aus einem Papier hervor, das auf einer Tagung des American Institute of Aeronautics and Astronautics (AIAA) im November 2020 vorgestellt wurde. Ein solches Upgrade würde es der SLS ermöglichen, rund 16 Tonnen zum Jupiter, etwa 6 Tonnen zum Neptun und eine Tonne in den interstellaren Raum zu befördern. Die New-Horizons-Mission zum Pluto hatte im Vergleich dazu eine Masse von einer halben Tonne. »Es gibt derzeit keine Rakete, die auch nur annähernd diese Nutzlast transportieren kann«, sagt Blevins, der bei Marshall Chefingenieur der SLS ist.
Am 19. April 2022 hat die National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine ihre Empfehlungen für die wissenschaftlichen Prioritäten der NASA bis weit in die 2030er Jahre hinein veröffentlicht. Sie sind Teil einer umfassenderen Umfrage, für die die NASA Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Studien zu Missionskonzepten gebeten hat, die sich für Ziele im äußeren Sonnensystem eignen könnten. Eine Auswahl: das SLS für einen Pluto-Orbiter, einen Orbiter und Lander zum Saturnmond Enceladus sowie einen Orbiter und eine Atmosphärensonde zum Neptun nutzen. »Wir wollten mit bereits oder bald bestehende Technologien arbeiten«, sagt Kirby Runyon vom Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory (JHUAPL), der an der geplanten Neptun-Mission beteiligt ist. »Das SLS ist in seiner Entwicklung und Reife am weitesten fortgeschritten von allen sehr großen Fahrzeugen.«
Geht es nach Runyons Gruppe, würde die Neptune Odyssey bereits im Jahr 2031 mit einer SLS-Rakete starten und in den 2040er Jahren in eine Umlaufbahn um den Neptun eintreten. Die Mission würde einen noch nie da gewesenen Einblick in die Welt eines Planeten gewähren, der bisher nur ein einziges Mal besucht wurde – nämlich bei einem flüchtigen Vorbeiflug der Raumsonde Voyager 2 im Jahr 1989 auf ihrer Reise außerhalb des Sonnensystems. Odyssey soll Neptun und seinen größten Mond Triton vier Jahre lang untersuchen und dabei eine Sonde in die stürmische Atmosphäre des Planeten schicken. Etwas kleinere Raketen wie die Falcon Heavy könnten Odyssey ebenfalls zum Neptun bringen, allerdings nur über verschiedene Zusatzmodule, die die Kosten und die Komplexität der Mission erhöhen und die Fehlertoleranz verringern würden. Dieser Ansatz sei definitiv riskanter, sagt Runyon.
»Starship ist nicht nur eine schrittweise Veränderung: Es ist ein Paradigmenwechsel«
Jennifer Heldmann, Ames Research Center
Mit dem Enceladus Orbilander wiederum möchte man nach Anzeichen von Leben im Ozean des Saturnmondes suchen, der durch Risse in seiner Eiskruste Wasserdampf und organische Moleküle ausstößt. Die Raumsonde könnte durch die Abgase fliegen und Proben entnehmen, bevor sie auf der Mondoberfläche landet, um dort Untersuchungen durchzuführen. Die SLS erleichtert eine solche Mission im Vergleich zu einer kleineren Rakete, die Schwerkraftimpulse von Vorbeiflügen an Planeten im inneren Sonnensystem benötigen würde. »Wir müssten das Raumfahrzeug nicht so konstruieren, dass es sowohl die warmen Bedingungen im inneren Sonnensystem als auch die kalten Bedingungen auf dem Saturn übersteht«, sagt Shannon MacKenzie, Leiterin des Konzepts am JHUAPL.
Aber auch das SLS hat Grenzen. Geht man von einem Start im Jahr 2031 aus, würde die gigantische Rakete immer noch fast drei Jahrzehnte brauchen, um einen geplanten Orbiter namens Persephone zum Pluto zu bringen. Und trotz ihrer immensen Größe ist das System eingeschränkt, weil es im Weltraum nicht aufgetankt werden kann. In den kühnen Träumen von Weltraumforschenden gibt es nur eine Rakete: das Starship. »Starship ist nicht nur eine schrittweise Veränderung«, sagt Jennifer Heldmann vom Ames Research Center der NASA. »Es ist ein bedeutender Paradigmenwechsel.«
Auf ins Unbekannte
Das Starship soll sich von anderen Starship-Fahrzeugen in der Erdumlaufbahn auftanken lassen. Hypothetisch gesehen könnte sich damit also eine riesige Menge an Masse durch das Sonnensystem transportieren lassen. »Man könnte ein 100-Tonnen-Objekt auf die Oberfläche von Europa bringen«, sagte SpaceX-CEO Elon Musk in einer öffentlichen Sitzung der National Academies im November 2021. Das ist eine fünfmal höhere Leistung, als das SLS bieten kann, selbst in seiner endgültigen Konfiguration mit einer Kick-Stufe. Das Starship wird zudem voraussichtlich deutlich billiger sein, ob es allerdings Musks optimistische Prognose von weniger als zehn Millionen Dollar pro Start erreichen kann, bleibt abzuwarten. »Wenn sie diese Kosten nur annähernd erreichen, ist es sowas wie eine 747 und ein Schiffscontainer in einem«, sagt Robin Hague, ehemaliger Leiter der Startabteilung des britischen Startunternehmens Skyrora. »Das wird im gesamten Sonnensystem eingesetzt werden.«
»Starship ist weder für den Mond noch für den Mars bestimmt«
Margarita Marinova, ehemalige leitende Mars-Entwicklungsingenieurin bei SpaceX
Mit 1000 Kubikmetern Nutzvolumen wäre Starship groß genug, um den gesamten zerlegten Eiffelturm zu fassen – allerdings nicht stark genug, um ihn in die Umlaufbahn zu heben. Die gigantische Kapazität veranlasste Heldmann und ihre Kollegen zu einer Studie, welche Art von Ausrüstung Starship auf die Mond- oder Marsoberfläche transportieren könnte. »Wenn das Starship in der Umlaufbahn nachgetankt wird, wird die Gleichung für Raketen auf den Kopf gestellt, so dass große Nutzlasten zum Mond und zum Mars transportiert werden können«, schreiben sie. Es braucht nämlich umso mehr Schubkraft, je mehr Masse man in die Umlaufbahn bringen will. Das Starship ist jedoch nicht allein auf diese Ziele beschränkt. »Es ist weder für den Mond noch für den Mars bestimmt«, sagt Margarita Marinova, eine ehemalige leitende Mars-Entwicklungsingenieurin bei SpaceX. Mit dem Starship wolle man weit mehr entdecken.
Tausende supermassereiche Schwarze Löcher finden
Forschende träumen zum Beispiel davon, endlich Bohrer in voller Größe an Stelle von Kleinstversionen mitzunehmen. »Man könnte einen 30-Meter-Bohrer transportieren und ihn dann einfach einsetzen«, sagt Heldmann. »Das ist interessant, weil man auf dem Mars ins Eis bohren kann, was sehr wichtig ist, um den Planeten zu erforschen und nach Leben zu suchen.« Das Starship könnte zudem einen Lieferdienst in beide Richtungen anbieten und große Mengen an Material von diesen und anderen Welten zur Erde zu bringen. »Wir waren immer sehr zurückhaltend damit, Proben mitzuschicken, weil wir wegen der Masse begrenzt waren«, sagt Heldmann. »Das Starship ließe sich mit Gestein und Eis und allem anderen beladen, was man findet.«
Martin Elvis vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics und seine Kollegen haben ein White Paper darüber verfasst, wie die einzigartigen Fähigkeiten von Starship genutzt werden könnten, um eine Vielzahl von Weltraumteleskopen der nächsten Generation zu starten und die Astrophysik zu revolutionieren. Eine Idee ist die Erweiterung des Event Horizon Telescope, eines »virtuellen« Observatoriums auf der Erde. Mit einem einzigen Start könnte das Starship viele Sechs-Meter-Teleskope ins All schicken, so ein viel größeres virtuelles Teleskop schaffen und Bilder von »Tausenden von supermassereichen Schwarzen Löchern« liefern, die in den Zentren von Galaxien wie unserer eigenen zu finden sind, sagt Elvis.
An Bord des Starship – oder SLS – könnte außerdem ein großes Teleskop starten, das speziell für die Beobachtung erdähnlicher Exoplaneten um andere Sterne gebaut wird, wie es der NASA im November 2021 von der Nationalen Akademien für Astronomie und Astrophysik empfohlen wurde. »Der vorgeschlagene Durchmesser des Spiegels betrug sechs Meter, was ungefähr dem Durchmesser des JWST entspricht«, sagt Elvis. Aber mit der großen Nutzlastverkleidung einer Superrakete könnte ein solcher Spiegel monolithisch sein, ohne dass er im Weltraum aufgeklappt und entfaltet werden muss, was wahrscheinlich zu erheblichen Kosteneinsparungen und einem früheren Start führt. »Das würde das Design drastisch vereinfachen«, sagt Elvis.
New Glenn und New Armstrong machen dem Starship Konkurrenz
Derweil sind das SLS und Starship nicht die einzigen Optionen, um das Sonnensystem künftig zu erkunden. Das im US-Bundesstaat Washington ansässige und von Jeff Bezos gegründete Unternehmen Blue Origin arbeitet an einer wiederverwendbaren Rakete namens New Glenn, die nach eigenen Angaben 45 Tonnen in die Erdumlaufbahn befördern könnte. Der Nachfolger von New Glenn, New Armstrong, soll sogar noch leistungsfähiger sein. Was die Gerätschaften tatsächlich vollbringen können, ist bisher allerdings unbekannt.
China arbeitet unterdessen an einer eigenen superschweren Rakete namens Langer Marsch 9, die bereits in den 2030er Jahren Menschen und Maschinen zum Mond und Mars transportieren könnte. Sie soll bis zu 140 Tonnen in die Erdumlaufbahn befördern können, sagt Andrew Jones, ein Raumfahrtjournalist, der das chinesische Raumfahrtprogramm genau verfolgt. »China interessiert sich immer mehr für die Erforschung des Planeten und blickt sogar über die Grenzen des Sonnensystems hinaus«, sagt Jones.
Ein Plan, der den USA nicht fremd ist, wie die Mission »Interstellar Probe« zeigt. Für sie wäre man auf die SLS oder eine ähnlich große Rakete angewiesen, um das volle wissenschaftliche Potenzial auszuschöpfen.
Hat die NASA alternative Ideen unterdrückt?
Manche fragen sich allerdings, ob die neue Generation superschwerer Trägerraketen wirklich nötig ist oder ob nicht mehrere kleinere Trägerraketen Komponenten von Raumfahrzeugen in die Umlaufbahn bringen könnten, die dann von Astronauten oder Robotern zusammengebaut werden. Derselbe modulare Ansatz könnte für Raketentreibstoff verwendet werden, um Orbitaldepots aufzufüllen. Gerüchten zufolge wurde diese Idee der Treibstoffdepots in den frühen Tagen der SLS-Entwicklung von der NASA stark kritisiert, weil sie den Grundgedanken des Programms von vornherein untergrub.
George Sowers, ehemaliger leitender Wissenschaftler bei der United Launch Alliance (ULA) und mittlerweile an der Colorado School of Mines, sagt, er habe vor zehn Jahren bei ULA an solchen Ideen gearbeitet, sei aber aufgefordert worden, damit aufzuhören. »Es wurde sehr politisch«, sagt er. »Uns wurde im Grunde gesagt, wir sollten uns hinsetzen und den Mund halten.« Später änderte die NASA ihre Meinung, und die Behörde hat seitdem ULA und andere Unternehmen ausgewählt, um die Weltraumbetankung und Depottechnologie zu demonstrieren.
Daniel Dumbacher, heute geschäftsführender Direktor der AIAA und früher Teil der NASA-Führung, die sich 2010 für die Entwicklung des SLS entschied, betont, dass durchaus andere Optionen in Betracht gezogen wurden. Die Behörde prüfte eine SLS-Variante, die mit Kerosin betrieben wurde, statt mit flüssigem Wasserstoff und Sauerstoff, für die man sich schließlich entschied. Bei diesem System würden auch kleinere Raketen wie die Atlas V von ULA oder die Falcon Heavy von SpaceX im Tandem gestartet. Letztendlich sei eine solche Option jedoch als zu komplex und teuer erachtet worden. »Wir haben uns angeschaut, was es bedeuten würde, wenn wir Fahrzeuge der Atlas-V- und Falcon-Heavy-Klasse einsetzen würden«, sagt Dumbacher. »Das wurde verworfen, weil es sich negativ auf die Zuverlässigkeit der Mission auswirken würde und wegen der Anzahl der für die Durchführung der Mission erforderlichen Starts teurer war.«
Das SLS ist hochpreisig, das steht außer Frage. Doch wenn die Kosten gesenkt werden können, bleibt das System angesichts seiner technologischen Reife eine viel versprechende Option für künftige wissenschaftliche Missionen. Das Starship hingegen steht für etwas völlig Neues in der Weltraumforschung. Vieles gilt es noch zu erproben, unter anderem der Start und die Landung der riesigen Rakete und ihre Fähigkeit, im Weltraum aufzutanken. Gelingt es, wird die künftige Erforschung des Sonnensystems und des Kosmos vielleicht nicht mehr hauptsächlich von Raketen, sondern durch die menschliche Vorstellungskraft begrenzt. »Wir sind sehr gespannt darauf, was wirklich leistungsstarke Raketen ermöglichen werden«, sagt Runyon.
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