Was genau den Besitzer der Taverne veranlasste, so überstürzt das Feld zu räumen, dass seine Regale noch mit Geschirr befüllt stehen blieben, ist offen – ebenso wie die Frage, warum niemand die herrenlosen Gegenstände an sich nahm. Das Ergebnis dieses Umstands ist jedoch, dass ein österreichisches Archäologenteam nun eine bemerkenswert gut erhaltene Gastwirtschaft freilegen konnte.

Der Fund gelang den Forschern um Sabine Ladstätter vom Österreichischen Archäologischen Institut in der antiken Stadt Ephesos in der heutigen Türkei. Ursprünglich wollten sie nur Sicherungsarbeiten an vom Verfall bedrohten Gebäuden vornehmen. Per Zufall entdeckten sie dabei die Schänke, die im 7. Jahrhundert n. Chr. zerstört und dann aufgegeben wurde.

Erhalten sind noch marmorne Tische und Bänke, an denen die Kneipengänger von einst Platz nehmen konnten. Im Schutt lagen außerdem über 100 Gefäße, darunter Trinkbecher, Schalen und Teller; in einem Regal stand noch immer Geschirr. An die Wände angelehnt fanden sich Amphoren unter anderem aus Gaza und Kilikien in der Südosttürkei. Laut Ladstätter wurden in den Tavernen kleine Speisen verkauft und Wein unterschiedlicher Herkunftsregionen ausgeschenkt.

Die Schänke lag an der so genannten Kuretenstraße in Ephesos. Diese Hauptverkehrsader war von zahlreichen Ladengeschäften gesäumt und vermutlich einst ein Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens in der Stadt. "Die Entdeckung präzisiert unsere Vorstellungen von der Straße als Lebensader und als Kommunikationszentrum der Stadt in der Spätantike", sagt Ladstätter. Innerstädtische Boulevards hätten damals die großen Plätze und Foren im Zentrum in ihrer Bedeutung abgelöst.

Münzfunde aus der Stadt und der Taverne belegen, dass der Geldumlauf um die Jahre 615/616 dramatisch absank. Die Wissenschaftler vermuten, Ephesos habe damals unter den Folgen eines Kriegs mit dem Sasanidenreich im heutigen Iran schwer zu leiden gehabt. Womöglich wurde die Stadt sogar erobert. Im Zuge dieser Auseinandersetzung könnte dann auch die Taverne zerstört und, wie ihre Nachbargebäude entlang der Kuretenstraße, endgültig aufgegeben worden sein.

Die Straße selbst wurde laut den Archäologen allerdings über die kommenden Jahrhunderte von Schutt frei gehalten, um einen Verbindungsweg zwischen Hafen und christlichen Pilgerstätten zu haben. Ephesos spielte im frühen Christentum eine wichtige Rolle, so hielt sich hier beispielsweise der Apostel Paulus auf.