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Medienpsychologie: Triggerwarnungen wirken nicht so, wie sie sollen

Wenn eine Geschichte Gewalt oder andere verstörende Szenen zeigt, weisen Medien manchmal vorab darauf hin. Das mag gut gemeint sein, hilft aber wenig oder macht es sogar noch schlimmer.
Jugendliche schaut gebannt auf ihr Handy
Den Blick vom Handy abzuwenden, ist für viele nicht leicht, und eine Warnung macht es ihnen nicht leichter. (Symbolbild)

Seriöse Medien vermeiden die konkrete Darstellung von Gewalt, sofern sie nicht der Information oder Aufklärung dient. Weniger zurückhaltend sind Medienschaffende allerdings im Unterhaltungsgenre, wenn es zum Beispiel um »True Crime« (wahre Verbrechen) geht. Dort sind inzwischen Hinweise verbreitet, die vor möglicherweise verstörenden Bildern oder Geschichten warnen. Das soll Menschen die Chance geben, sich emotional zu wappnen oder die Inhalte zu meiden, besonders falls diese an ein eigenes Trauma erinnern könnten. Doch eine Metaanalyse in der Fachzeitschrift »Clinical Psychological Science« kommt zu dem Schluss: Die Triggerwarnungen wirken nicht so, wie sie sollen.

Zusammen mit US-Psychologen der Harvard University sichtete Victoria Bridgland von der Flinders University in Australien die vorliegende Forschung zur Wirksamkeit von Triggerwarnungen. Die meisten der Studien erfassten emotionale Reaktionen von Versuchspersonen per Fragebogen oder durch Messung biologischer Stressmarker. Das Fazit der Gruppe: Die Warnungen schützten nicht vor negativen Gefühlen, sondern weckten im Gegenteil vorab leichte Ängste. Zwar könnten die Triggerwarnungen unter Umständen helfen, schreibt das Team um Bridgland. Aber dazu müssten sie auch Hinweise zum Umgang mit negativen Gefühlen liefern, und das sei selten der Fall.

Ebenso wenig sorgten die Warnungen für eine andere Form von Selbstschutz: die Konfrontation ganz zu vermeiden. Manche Studien fanden einen leichten Effekt in die gewünschte Richtung, etwa bei einer Warnung vor einem Video. Meist änderten die Hinweise jedoch nichts, wie Bridgland selbst zeigte: Wenn ein Bild auf Instagram unscharf gemacht und mit einer Warnung versehen wurde, wollten 80 bis 85 Prozent der Leute es trotzdem sehen. Und das galt ebenfalls für die Gruppe derer, die sich selbst als psychisch labil beschrieben hatten. In einem weiteren Experiment entschieden sich mehr als 95 Prozent der Versuchspersonen – auch unter den traumatisierten – für die Lektüre von Gewaltszenen, obwohl sie gewarnt wurden und eine gewaltfreie Passage aus demselben Buch angeboten bekamen.

Teilweise steigerte eine Warnung das Interesse sogar. »Unsere Ergebnisse legen nahe, dass sich Menschen, wenn sie die Wahl haben, eher für das Material mit Warnung entscheiden als für das ohne«, berichten Bridgland und ihr Team. Sie erklären das mit dem »Reiz der verbotenen Frucht«: Die Büchse der Pandora werde gerade darum geöffnet, weil es falsch oder gefährlich sein könnte. Denkbar sei allerdings, dass die Hinweise auf sehr schwer traumatisierte Menschen anders wirken, räumt die Forschungsgruppe ein.

Triggerwarnungen sind nicht nur deshalb umstritten, weil sie bislang selten die erhoffte Wirkung bewiesen haben. Ein Einwand lautet: Die Warnungen könnten dazu beitragen, Unangenehmes zu vermeiden und die Augen vor der Realität zu verschließen, anstatt den Umgang mit ihr zu lernen. Ein weiterer Einwand: Die Medienschaffenden könnten mit Triggerwarnungen die Verantwortung für ihre Inhalte abschieben und bräuchten sich so über deren Sinn und Wirkung weniger Gedanken zu machen – nach dem Motto: Wer weiterguckt oder weiterhört, ist selbst schuld.

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