Top-Innovationen 2020: Endlich klimafreundlich fliegen
Im Jahr 2019 gingen 2,5 Prozent der weltweiten Kohlendioxidemissionen auf das Konto des Flugverkehrs. Bis 2050 könnte sich der Betrag noch verdreifachen. Und obwohl einige Fluggesellschaften begonnen haben, ihre Emissionen zu kompensieren, sind weitere erhebliche Einschnitte nötig. Erreicht werden soll das mit Elektroflugzeugen – und tatsächlich ist bereits ein Wettstreit unter Firmen entbrannt, sie zu entwickeln. Denn elektrische Antriebsmotoren würden nicht nur direkte Kohlendioxidemissionen eliminieren, sie könnten auch die Treibstoffkosten um bis zu 90 Prozent senken, die Wartungskosten um bis zu 50 Prozent und den Lärm um beinahe 70 Prozent.
Zu den Unternehmen, die an den Elektrofliegern arbeiten, gehören Airbus, Ampaire, MagniX und Eviation. Sie alle haben bereits Testflugzeuge gebaut, die für Privat-, Firmen- oder Pendlerflüge bestimmt sind. Ziel ist eine Zulassung durch die U.S. Federal Aviation Administration.
Die spannendsten Technikinnovationen des Jahres 2020
Welche technischen Fortschritte haben das Potenzial, das Gesundheitswesen, ganze Industriezweige oder gar Gesellschaften in drei bis fünf Jahren zu revolutionieren? Die zehn besten aus 75 nominierten »Innovationen des Jahres 2020« hat ein Team aus Fachleuten gewählt, einberufen vom Weltwirtschaftsforum sowie vom US-Wissenschaftsmagazin »Scientific American«.
Wir stellen die Top-10 in den letzten zwei Wochen des Jahres vor:
- Medizin: Der schmerzfreie Piks
- Chemie: Sonne macht Kohlendioxid zum Rohstoff
- Klinische Forschung: Virtuelle Patienten sollen die Medizin revolutionieren
- Spatial Computing: Digitale und analoge Welt verschmelzen
- Digitale Medizin: Mit Apps Krankheiten erkennen und behandeln
- Elektrische Luftfahrt: Endlich klimafreundlich fliegen
- Quantensensoren: Die Welt mit höchster Präzision vermessen
- Klimasünder Zement: Der Baustoff lässt sich klimafreundlich produzieren
- Grüner Brennstoff: Wasserstoff-Energie ohne Treibhausgase
- Synthetische Biologie: Nächste Schritte beim Nachbau des Lebens
Cape Air, eine der größten regionalen Fluggesellschaften, rechnet damit, zu den ersten Kunden zu gehören. Dort plant man, das für neun Passagiere gedachte Elektroflugzeug Alice von Eviation zu kaufen. Dabei sei man nicht nur am Schutz der Umwelt interessiert, erklärt Dan Wolf, der CEO von Cape Air, sondern auch an möglichen Einsparungen bei den Betriebskosten. Immerhin hätten Elektromotoren in der Regel eine längere Lebensdauer als die mit fossiler Energie angetriebenen in den derzeitigen Flugzeugen. Und: Elektromotoren benötigten eine Wartung erst nach rund 20 000 Stunden im Einsatz, die Verbrenner schon nach 2000 Stunden.
Flugzeuge mit neuer Gestalt
Neben dem Elektroantrieb nach dem Jetmuster entstehen auch neue Flugzeugtypen. Etwa solche mit Ionenantrieb oder der Elektroflugzeug-Prototyp X-57 Maxwell von der NASA, bei dem man konventionelle Flügel durch kürzere ersetzt hat, die mit einer Reihe elektrisch angetriebener Propeller ausgestattet sind. Sie lösen ein Problem: Bei herkömmlichen Jets müssen die Tragflächen groß genug sein, um auch genügend Auftrieb zu erzeugen, wenn das Flugzeug mit niedriger Geschwindigkeit fliegt. Allerdings erhöht die große Oberfläche den Luftwiderstand bei höheren Geschwindigkeiten. Im neuen Prototyp verbessern die elektrischen Propeller den Auftrieb; und weil der Prototyp mit kleineren Flügeln auskommt, erreicht er insgesamt eine höhere Leistung.
Was der klimafreundlichen Luftfahrt noch im Weg steht
Auf absehbare Zeit werden elektrische Flugzeuge dennoch in ihrer Reichweite begrenzt sein. Allerdings legen etwa die Hälfte aller Flüge weltweit weniger als 800 Kilometer zurück – eine Strecke, die bis 2025 innerhalb der Reichweite von batteriebetriebenen Elektroflugzeugen liegen dürfte. Dennoch ist Leistung pro Gewicht ein Problem: Die besten modernen Batterien haben eine Energiedichte von 250 Wattstunden pro Kilogramm Transportgewicht gegenüber 12 000 Wattstunden pro Kilogramm bei Flugzeugtreibstoff. Die für den Flug erforderlichen Batterien sind daher weitaus schwerer als herkömmlicher Treibstoff und nehmen mehr Platz in Anspruch.
Darüber hinaus muss die elektrische Luftfahrt noch weitere Hürden überwinden – vor allem, was die Kosten angeht und Regulierungen, die auf mit Brennstoff angetriebene Flugzeuge zugeschnitten sind. Investoren, Gönner, interessierte Unternehmen und Regierungen, die von der Technologie überzeugt sind, planen daher erhebliche Entwicklungskosten ein: Schon zwischen 2017 und 2019 flossen rund 250 Millionen Dollar an Start-ups aus der elektrischen Luftfahrt. Gegenwärtig sind etwa 170 Projekte für Elektroflugzeuge im Gang. Die meisten Elektroflugzeuge sind dabei übrigens für Privat-, Geschäfts- und Nahverkehrsflüge konzipiert. Immerhin plant Airbus nach eigenen Angaben, bis 2030 Modelle flugbereit zu haben, die schon 100 Passagiere durch die Luft transportieren können – ohne den Ausstoß von Kohlendioxid.
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