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Teleskope: Vergänglicher Glanz

Tonnenschwere Spiegel fangen auf der Erde das Sternenlicht ein und fokussieren es in den großen Teleskopen. Bis aus glühender Glaskeramik einmal so ein Gigant entstanden ist, vergeht nicht selten über ein Jahr. Eine praktische Alternative bieten flüssige Spiegel - die könnten es sogar bis auf den Mond schaffen.
Ein Spiegel aus flüssigem Quecksilber
Ein stiller See wirkt wie ein – wenn auch nicht sonderlich guter – Spiegel: In umgekehrter Sicht sind auf dem ruhigen Wasser Ufer, umliegende Häuser und der Himmel zu erkennen – in der Nacht entsprechend das Firmament. Vielleicht war es so ein Anblick, der eine findige Person darauf brachte, sich einen flüssigen Teleskopspiegel auszudenken. Manche vermuten dahinter sogar den Universalgelehrten Sir Isaac Newton, der auch im Bereich Astronomie glänzte.

In den letzten Jahrzehnten griffen Wissenschaftler die Idee, von wem auch immer sie tatsächlich stammt, auf und befanden Quecksilber für dieses Vorhaben als geeignet. Das flüssige Metall wird in einen zylindrischen Behälter geschüttet und dann in Rotation versetzt. Durch Schwerkraft und Fliehkraft fließt es wie von selbst in eine Parabelform – ähnlich der Mulde, die sich in der Kaffeetasse formt, wenn man nur schnell genug rührt. Die spiegelglatte Oberfläche des giftigen Schwermetalls reflektiert nun das Licht wie ein Spiegel.

Allerdings lassen sich die flüssigen Spiegel nicht schräg stellen, da sie durch die Schwerkraft verformt und damit unbrauchbar würden. Somit kann mit ihnen nicht der gesamte Himmel beobachtet werden, sondern nur derjenige Ausschnitt, der senkrecht über dem Teleskop steht. Kosmologen macht das allerdings nichts aus – im Gegenteil: Da das Teleskop so intensiv in eine Region des Himmels starrt, gewährt es besonders tiefe Einblicke ins Universum.

Ein Mantel aus Silber

Und dabei wiegt so ein flüssiger Spiegel wesentlich weniger als seine Geschwister aus Glaskeramik, ist wesentlich einfacher herzustellen, und auch die Produktionskosten liegen bei nur einigen Prozent der eines gewöhnlichen Vertreters. Bereits vor über 15 Jahren schlugen Ermanno Borra von der Laval-Universität in Quebec und seine Kollegen vor, ein solches Teleskop auf den Mond zu schicken. Um die Realisierbarkeit zu demonstrieren, bauten sie damals einen Quecksilber-Spiegel mit einem Durchmesser von fast vier Metern.

Vom Erdtrabanten aus könnten Astronomen das All prächtig im infraroten Spektralbereich betrachten, denn im Gegensatz zur Erde filtert hier keine Atmosphäre die für uns unsichtbare Wärmestrahlung größtenteils heraus. Die Idee war gut, doch um infrarotes Licht beobachten zu können, muss es sehr kalt sein: Erst unter minus 143 Grad Celsius lässt sich die störende eigene Wärmestrahlung vermeiden. Unterhalb einer Temperatur von minus vierzig Grad Celsius würde Quecksilber allerdings schon fest werden. Das internationale Forscherteam um Borra bedampfte in ihrem Labor nun verschiedene Materialien mit Silber und testete das Resultat auf seine Mond-Tauglichkeit.

Miniaturspiegel | Ein Muster aus Zahlen und Strichen spiegelt sich in dieser Petrischale – dank der mit Silber bedampften ionischen Flüssigkeit.
Dabei stellten sich so genannte ionische Flüssigkeiten als besonders geeignet heraus. Diese Salze sind selbst bei Temperaturen von unter hundert Grad Celsius noch flüssig – Kochsalz schmilzt zum Vergleich erst bei 800 Grad Celsius. Die von den Wissenschaftlern eingesetzte Variante blieb sogar bis zu einer Temperatur von etwa minus hundert Grad Celsius liquide. Leider immer noch nicht ausreichend, um den gesamten Infrarotbereich abzudecken. Doch die Forscher sehen es optimistisch, denn schließlich gäbe es Millionen von verschiedenen Ausführungen der ionischen Flüssigkeiten – womöglich auch eine mit einer niedrigeren Schmelztemperatur.

Tiefere Einblicke

Mit zwanzig bis hundert Metern im Durchmesser würde das derart ausgestattete Mond-Teleskop bis zu tausendmal empfindlicher sein als die neue Generation von Weltraumteleskopen, wie etwa das James Webb Space Telescope, das 2011 mit einem Sechs-Meter-Spiegel in die unendlichen Weiten starten soll. Mit derart kolossalen Spiegeln könnten die Astronomen in Zeiten zurückblicken, in denen sich die ersten Galaxien oder sogar die ersten Sterne formten.

Allerdings hält der Glanz nur für einige Monate, dann wird die Verbindung instabil. Und zu alledem gesteht Borra, dass mit einem solchen Mondobservatorium zumindest nicht in naher Zukunft zu rechnen ist. Da heißt es: Abwarten und Kaffee trinken – ordentlich gerührt, versteht sich.
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