Meeresforschung: Wege durch die Speisekammer
Wie findet man in einem riesigen Raum etwas zu essen? Wer keinerlei Hinweise hat, wo sich die Leckereien verstecken, kann nur wahllos umherirren. Oder mit ein wenig Mathematik dem Glück auf die Sprünge helfen.
Was haben ein Hai, eine Schildkröte und ein Pinguin gemeinsam? Klar, den Lebensraum – und mit ihm ein im wahrsten Sinne des Wortes Riesenproblem: seine schier unendliche Größe. Die Weltmeere nehmen ein Volumen von über eine Milliarde Kubikkilometer ein. Wer hier etwas zu futtern sucht, muss viel Geduld und Ausdauer mitbringen.
Und so unternehmen räuberisch lebende Arten ausgedehnte Wanderungen in unterschiedlichen Meerestiefen, um auf Beute zu stoßen. Erfolgen diese Raubzüge vollkommen wahllos oder steckt irgendein System dahinter?
Nur – halten sich die Tiere an die statistische Theorie? David Sims von der Meeresbiologischen Vereinigung Großbritanniens in Plymouth und seine Kollegen gingen in medias res – tatkräftig unterstützt von sechs Riesenhaien (Cetorhinus maximus), drei Kleingefleckten Katzenhaien (Scyliorhinus canicula), drei Großaugen-Tunfischen (Thunnus obesus), fünf Kabeljau (Gadus morhua), vier Lederschildkröten (Dermochelys coriacea), sieben Magellanpinguinen (Spheniscus magellanicus) und drei Südlichen See-Elefanten (Mirounga leonina). Diese kunterbunte Mischung von 31 Individuen – jeweils ausgestattet mit Datenloggern, die den aktuellen Wasserdruck und damit die Wassertiefe registrierten – lieferte den Forschern ein Gesamtpaket von 1 209 088 Tauchprofilen zur Auswertung.
Demnach scheint sich hier ein allgemein gültiger Mechanismus zu verbergen, der für alle räuberisch lebenden Meerestiere gelten könnte. Bewährt sich die mathematische Beschreibung über den Lévy-Prozess, stände den Meeresforschern ein Werkzeug zur Verfügung, um vorherzusagen, wie sich Meeresbewohner an veränderte Umweltbedingungen anpassen können. Und an diesen Veränderungen mangelt es nicht – sei es durch Überfischung, sei es durch den Klimawandel.
Natürlich verfügen die Räuber der Ozeane – zu denen eben auch Haie, Schildkröten und Pinguine zählen – schon über eine gewisse Ahnung, wo sich ihre Beute bevorzugt aufhält. Doch letztlich bleibt für kleine Fische in den Weiten des Meeres viel Platz, um sich vor allzu gefräßigen Zeitgenossen zu verstecken.
Und so unternehmen räuberisch lebende Arten ausgedehnte Wanderungen in unterschiedlichen Meerestiefen, um auf Beute zu stoßen. Erfolgen diese Raubzüge vollkommen wahllos oder steckt irgendein System dahinter?
Statistiker hatten hier für Ökologen schon länger einen Lösungsvorschlag parat: Denn statt ziellos umherzuirren, wäre eine Strategie vorzuziehen, bei der eine bestimmte Tiefenposition durch ständiges Hin-und-her-Schwimmen abgegrast wird, um dann zur nächsten Tauchposition weiterzuziehen. Dieser zufällig verteilte Wechsel zwischen kürzeren Suchwegen und längeren Wanderungen – statistisch beschrieben von dem französischen Mathematiker Paul Lévy (1886-1971) – ermöglicht eine optimale Ausnutzung des Raums.
Nur – halten sich die Tiere an die statistische Theorie? David Sims von der Meeresbiologischen Vereinigung Großbritanniens in Plymouth und seine Kollegen gingen in medias res – tatkräftig unterstützt von sechs Riesenhaien (Cetorhinus maximus), drei Kleingefleckten Katzenhaien (Scyliorhinus canicula), drei Großaugen-Tunfischen (Thunnus obesus), fünf Kabeljau (Gadus morhua), vier Lederschildkröten (Dermochelys coriacea), sieben Magellanpinguinen (Spheniscus magellanicus) und drei Südlichen See-Elefanten (Mirounga leonina). Diese kunterbunte Mischung von 31 Individuen – jeweils ausgestattet mit Datenloggern, die den aktuellen Wasserdruck und damit die Wassertiefe registrierten – lieferte den Forschern ein Gesamtpaket von 1 209 088 Tauchprofilen zur Auswertung.
Ergebnis: Die Tiere halten's mit der Mathematik. Trotz ihrer sehr unterschiedlichen Lebensweisen entsprechen die vertikalen Suchbewegungen von See-Elefant, Kabeljau und Co dem theoretisch vorhergesagten Lévy-Prozess. Nur ein zweieinhalb Meter langer junger Riesenhai, den die Forscher sieben Monate lang beobachtet hatten, weigerte sich standhaft – im Gegensatz zu ausgewachsenen Artgenossen passte sein Suchverhalten nicht ins Schema. Die Meeresbiologen vermuten, dass das Jungtier die optimale Strategie schlicht noch nicht gelernt hat.
Demnach scheint sich hier ein allgemein gültiger Mechanismus zu verbergen, der für alle räuberisch lebenden Meerestiere gelten könnte. Bewährt sich die mathematische Beschreibung über den Lévy-Prozess, stände den Meeresforschern ein Werkzeug zur Verfügung, um vorherzusagen, wie sich Meeresbewohner an veränderte Umweltbedingungen anpassen können. Und an diesen Veränderungen mangelt es nicht – sei es durch Überfischung, sei es durch den Klimawandel.
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