Koevolution: Weißlinge profitierten von Anti-Schmetterlingsgiften
Die Schmetterlingsfamilie der Weißlinge (Pieridae) hat sich vor Millionen Jahren innerhalb kürzester Zeit die chemischen Abwehrmechanismen ihrer heute wichtigsten Nahrungspflanze, dem Kohl und seinen Verwandten, zu Nutze gemacht. Dies ergab eine genetische Studie des Max-Planck-Instituts für Chemische Ökologie in Jena.
Demnach bevorzugten die Raupen der frühen Weißling-Vorfahren vor mehr als 90 Millionen Jahren die Blätter von Hülsenfrüchtlern. Vor 90 bis 85 Millionen Jahren jedoch verbreiteten sich die Kreuzblütler, zu denen heute unter anderem der Kohl und der Senf gezählt werden. Die Pflanzen produzieren jedoch ein wirksames Toxin, das sie gegen Raupenfraß schützen soll. Dieser Schutz währte jedoch nur kurz, wie stammesgeschichtliche und genetische Vergleiche nun ergaben: Bereits zehn Millionen Jahre nach dem ersten Auftreten der Kreuzblütler hatten die Raupen der Weißlinge ein Enzym entwickelt, dass ihnen half, die Toxine zu verdauen.
Dank dieser Mutation entwickelten sich die Weißlinge wesentlich differenzierter als ihre nächsten Verwandten, die Gelblinge (Coliadinae), die kein entsprechendes Enzym produzieren und bei den Hülsenfrüchtlern als Nahrung blieben. Heute gibt es 830 Weißling-Arten, aber nur 220 verschiedene Coliadinae, zu denen etwa der Zitronenfalter gehört.
Ähnliche Formen der zeitnahen Koevolution von Wirt und Schädling sind im Tierreich häufig zu finden und waren auch für Schmetterlinge lange vermutet worden. Weil es aber wegen der weichen Körper der Insekten nur wenige Fossilien gibt, war es bislang nicht gelungen, die Hypothese zu bestätigen. Erst eine Zusammenführung von genetischen Daten heutiger Weißlinge mit mehreren Fossilien und eine Rekonstruktion ihrer Abstammungslinien brachte nun Gewissheit (tak).
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