Hurrikan Hilary: Wirbelsturm bringt Kalifornien Regenmassen nach Rekordhitze
Der jüngste Wirbelsturm der pazifischen Hurrikansaison 2023 hat es in sich: Südwestlich der mexikanischen Halbinsel Niederkalifornien gewinnt der auf den Namen Hilary getaufte Wirbelsturm rapide an Kraft und bewegt sich auf die Pazifikküste Mexikos und der USA zu. Am 18. August stufte ihn die US-Wetterbehörde National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) auf die zweithöchste Kategorie 4 hoch. Laut Modellen könnte Hilary sogar Stufe 5 erreichen, bevor sich der Sturm auf dem Weg Richtung Küste in den kühleren nördlichen Gewässern wieder abschwächt.
Dieser Wirbelsturm ist außergewöhnlich, weil zwei unglückliche Umstände zusammenkommen: Atmosphärische Strömungen rund um eine Hitzeglocke über dem Festland leiten ihn nach Norden. Seine potenziell zerstörerische Energie erhält er indes von veränderten Meeresströmungen.
Anders als im Nordatlantik, wo Hurrikane im warmen Golf von Mexiko regelmäßig für Verwüstungen sorgen, sind Wirbelstürme in der Region normalerweise gemäßigter. Das Wasser, das die Energie zur Entstehung von Wirbelstürmen liefert, ist im Ostpazifik eigentlich vergleichsweise kühl. Das Wetterphänomen El Niño allerdings transportiert enorme Energiemengen in diese Region und hat gerade erst begonnen. Das Ereignis verleiht den Hurrikanen im Nordostpazifik an zusätzlicher Kraft.
Hinzu kommt ein außerordentlich stabiles Hochdruckgebiet über dem Süden der USA. Es zieht nun den Sturm Hilary nordwärts. Der beispiellos ausgeprägte »Heat Dome« hat dem Südwesten bereits im Juli Rekordtemperaturen gebracht. Untersuchungen zufolge haben solche Hitzewellen zugenommen, beginnen früher im Jahr und werden in Zukunft häufiger vorkommen. Der Juli 2023 war weltweit der wärmste seit Aufzeichnungsbeginn.
Dieser Rekord ist allerdings noch nicht auf El Niño zurückzuführen. Laut Gavin Schmidt, dem Leiter des Goddard Institute for Space Studies der NASA, das die Dynamik der Erde erforscht, wirkt sich El Niño auf die globalen Temperaturen nur verzögert aus: »Wir erwarten die größten Einflüsse des beginnenden El Niño erst in den Monaten Februar, März und April 2024.« Vielmehr wären die Hitzerekorde im Juli 2023 in den USA und Mexiko laut Erkenntnissen aus der Attributionsforschung aus dem Team um Friederike Otto vom Imperial College London ohne den Klimawandel »faktisch unmöglich« gewesen.
Nach der Trockenheit beschert Hilary nun dem mexikanischen Niederkalifornien und dem Süden des US-Bundesstaats Kalifornien Wind und Wasser, allerdings voraussichtlich in Mengen, die ebenfalls rekordträchtig sein werden. Laut Klimawissenschaftler und Extremwetterexperte Daniel Swain von der University of California in Los Angeles könnte mit Hilary zum ersten Mal seit 1939 ein so heftiger Tropensturm das kalifornische Festland erreichen und enorme Regenmassen bringen: Innerhalb weniger Tage dürfte so viel Niederschlag fallen wie sonst in mehr als einem Jahr.
Wohl am Sonntag, dem 20. August 2023, wird Hilary auf die Küste treffen und bis Montag oder Dienstag über weite Landstriche durch Kalifornien ziehen und sich dabei allmählich weiter abschwächen. Je nach dem genauen Weg von Hilary könnten dann Wüstenregionen wie das Death Valley, das als heißeste und trockenste Region der Erde gilt, kurzzeitig einem See gleichen. Jedenfalls werden die Wassermassen die ausgetrockneten Böden rasch übersättigen. Überschwemmungen nach einem Wechselspiel der Extreme bei Dürre und Niederschlag, wie nun durch Hitzeglocke und Hilary, treffen Kalifornien immer wieder und werden mit fortschreitendem Klimawandel häufiger.
Ob solche Überschwemmungen zur Katastrophe werden oder lang ersehntes Wasser in trockene Regionen bringen, ist auch eine Frage des Hochwassermanagements. So liegt im landwirtschaftlich intensiv genutzten kalifornischen San Joaquin Valley der Tulare Lake. Er war nach dem Michigansee der zweitgrößte Süßwassersee der USA, trocknete zum Ende des 19. Jahrhunderts durch Wasserentnahme aus, ist inzwischen aber wieder an vielen Stellen gefüllt. Renaturierungen solcher Feuchtgebiete könnten helfen, Hochwasser aufzunehmen, und als Speicher für Trockenperioden dienen. An entsprechenden Projekten arbeiten Initiativen wie das 1997 gegründete Southern California Wetlands Recovery Project, bei dem staatliche und lokale Organisationen zusammenwirken. Die Wiederherstellung zerstörter Ökosysteme kann nicht nur lokal die Folgen von Extremwetter abmildern, sondern ist auch global eine dringend nötige Maßnahme gegen dessen Ursache, den Klimawandel.
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