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Röntgenjubiläum: Zehn Möglichkeiten, in den Körper zu schauen

Ob Röntgen, MRT, CT oder PET: Jede Untersuchungsmethode hat ihre Stärken und Schwächen. Ein Streifzug durch 125 Jahre Medizingeschichte.
Röntgenbild

Vor 125 Jahren, am 8. November 1895, entdeckte der Physiker Wilhelm Conrad Röntgen die Röntgenstrahlen. Sie boten lange Zeit die einzige Möglichkeit, einen Blick ins Körperinnere zu werfen. Früher achtete man dabei kaum auf die Dosierung, was einige der ersten Anwender der Technologie letztlich das Leben kostete.

Spätestens seit den 1970er Jahren ist klar, dass die energiereichen Strahlen die DNA schädigen und Krebs verursachen können. Seitdem hat sich die Röntgentechnik stark weiterentwickelt – und bildet bis heute eine wichtige Säule der bildgebenden Diagnostik in der Medizin. Doch wann und wie röntgt man heutzutage? Welche Alternativen gibt es? Und wo liegen die Unterschiede zwischen CT, MRT und PET? Zum 125. Röntgenjubiläum haben wir die wichtigsten Fakten zusammengetragen.

1. Wie die Strahlung aus der Röhre kommt

Die berühmte Strahlung entsteht in einer speziellen Röhre, die in einem Gehäuse aus Glas oder Metall steckt. Setzt man sie unter Hochspannung, wandern Elektronen von ihrem Minuspol, der Kathode, zum Pluspol, der Anode. Treffen sie dort auf, werden sie abgebremst und geben dabei Energie in Form kurzwelliger Strahlung ab: die von Wilhelm Conrad Röntgen entdeckten »x-rays« oder Röntgenstrahlen.

Durch eine kleine Öffnung lenken Röntgenapparate die Strahlung auf unseren Körper, dessen Gewebe sie mühelos durchdringen. Hinter dem zu durchleuchtenden Körperteil befindet sich eine Filmplatte oder – bei heutigen Geräten – ein digitaler Röntgendetektor. Je dichter ein Gewebe ist, desto schlechter kommen die Strahlen hindurch. Knochen halten sie beispielsweise ganz auf, weshalb sie auf Röntgenbildern klar hervortreten.

Röntgenstrahlen – Der gläserne Mensch |

Als sich Wilhelm Conrad Röntgen 1895 an die Untersuchung von Kathodenstrahlen machte, waren die Eigenschaften dieser Strahlen eigentlich bereits gut erforscht. Nicht gut genug, hat sich Röntgen damals gedacht. Er wurde für diese Überlegung und die daraus resultierende Entdeckung 1901 als Erster mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.

Schon beim ersten Funktionstest seiner aufgebauten Apparatur fiel ihm im abgedunkelten Raum ein Leuchten auf. Dieses ging von einem speziell beschichteten Papier, einige Meter entfernt, aus. Er versuchte seinen Aufbau erst mit schwarzer Pappe abzuschirmen, später mit Holz, konnte aber das Leuchten beim Betrieb des Kathodenstrahlexperiments nicht verhindern. Schließlich kam er auf die Idee, die Fotografie zu Hilfe zu nehmen. Schnell erkannte er, dass Knochen und Metall weniger Strahlung durchließen, Blei sie sogar ganz abschirmte. Eine der ersten Röntgenaufnahmen zeigt die Hand seiner Frau.

Gewissenhaft, wie Röntgen war, untersuchte er die »X-Strahlen« innerhalb kürzester Zeit so gründlich, dass er drei Forschungsberichte schreiben konnte. Bereits fünf Jahre später standen in vielen Kliniken Röntgengeräte, und fast zehn Jahre lang wurde nichts Neues mehr über die später nach ihm benannten Röntgenstrahlen herausgefunden.

Organe lassen die Strahlen besser durch, weshalb sie auf den Bildern der Apparate schlecht zu erkennen sind. Heute kommen Untersuchungen generell mit viel weniger Strahlung aus als früher, und man kann damit viel mehr als nur Knochenbrüche erkennen. Um verschiedene Gewebe besser voneinander unterscheiden zu können, setzt man ein Kontrastmittel ein, das die Strahlen aufhält. Es haben sich auch verschiedene Verfahren etabliert: Mittels Mammografie können Mediziner Brustkrebs schon sehr früh erkennen. Mit anderen Methoden lässt sich beispielsweise die Knochendichte messen.

2. Röntgengeräte halfen früher beim Schuhekaufen

Neben seiner medizinischen Anwendung war das Röntgen zwischen 1920 und Anfang der 1970er Jahre eine Art Freizeitspaß: Mobile Apparate, so genannte Schuh-Fluoroskope, gab es praktisch in jedem Schuhgeschäft, und sie kamen sogar auf privaten Partys zum Einsatz. Vor allem die Füße von Kleinkindern ließ man röntgen, damit man sehen konnte, ob die neuen Schuhe gut passten.

Die Geräte waren dabei meistens mit drei Okularen ausgestattet, so dass Kind, Elternteil und Verkäufer gleichzeitig hineinschauen konnten. Heute ist bekannt, dass die Strahlenbelastung durch ein solches Pedoskop etwa 20-mal so hoch war wie bei einer modernen Röntgenaufnahme. Die USA verbannten die Geräte bereits in den 1950er Jahren aus ihren Läden – kurz nachdem Studien belegt hatten, dass sie tödliche Krebserkrankungen verursachen können. Hier zu Lande erloschen die Strahler in den Schuhgeschäften erst mit der Röntgenverordnung von 1973.

3. Röntgen revolutionierte die Krebstherapie

Laut Informationen des Deutschen Krebsforschungszentrums werden mehr als die Hälfte aller Krebspatienten im Lauf ihrer Erkrankung bestrahlt. Und zwar mit hoch dosierten Röntgenstrahlen. Dabei nutzt man einen sonst unerwünschten Effekt: Die energiereiche Strahlung schädigt das Erbgut der Zellen.

Strahlentherapie gegen Krebs

Krebszellen teilen sich sehr schnell; sie sind besonders empfindlich und können entstandene Schäden schlechter reparieren. Die Folge: Sie sterben ab. Im Idealfall ist der Krebs damit besiegt. Um das umliegende gesunde Gewebe möglichst wenig zu schädigen, ermitteln die Ärzte mit Hilfe von MRT oder CT (siehe unten) die genaue Position des Tumors. Außerdem versucht man, ihn von verschiedenen Seiten, also über mehrere Bestrahlungsfelder zu erreichen. So erwischt man während der Behandlung, die in der Regel nur wenige Minuten oder gar Sekunden dauert, nicht immer dasselbe Stück Haut. Üblicherweise werden die Patienten nicht nur einmal bestrahlt, sondern fast täglich, über mehrere Wochen hinweg.

4. Computertomografie (CT) erzeugt Röntgenbilder in 3-D

Wie beim klassischen Röntgen wird der Körper auch bei der Computertomografie von ionisierender Strahlung durchleuchtet. Die Geräte bestehen im Wesentlichen aus einer ringförmig angeordneten Röntgenröhre inklusive Messeinheit, in die der Patient hineingefahren wird, und einem Computer. Während der Untersuchung rotiert die Strahlung um den Körper – meist den Kopf – und nimmt viele Bilder von verschiedenen Körperschichten auf.

Ein Algorithmus überlagert diese dann zu dreidimensionalen Aufnahmen des Körpers. Auf ihnen kann man dann zum Beispiel Tumoren besser erkennen, die auf herkömmlichen zweidimensionalen Röntgenbildern oft von anderen Strukturen überlagert sind. Zudem kann ein CT im Gegensatz zum MRT auch Gewebe, die wenig Wasser – und damit Wasserstoff – enthalten, gut darstellen, etwa Knochen. Der Patient ist dabei jedoch einer wesentlich höheren Strahlenbelastung ausgesetzt als beim normalen Röntgen.

CT-Scan

5. Positronenemissionstomografie (PET) macht aus radioaktivem Zucker Licht

Im Gegensatz zu anderen bildgebenden Verfahren macht die Positronenemissionstomografie nicht die Organe und Gewebe selbst, sondern deren Stoffwechselaktivität sichtbar. Das geht mit Hilfe von Radioaktivität: Meist wird dem Patienten mit radioaktivem Fluor markierter Traubenzucker verabreicht. Seine Körperzellen verstoffwechseln den Zucker: manche schnell, andere langsamer.

Krebszellen sind besonders hungrig: Sie fressen viel Zucker, auch den markierten. Dabei zerfällt sein radioaktives Anhängsel und setzt Energie in Form von Licht frei. Dieses trifft auf die Messeinheiten, die die Patientenliege umgegeben. Auf PET-Bildern erkennt man Tumoren und andere Gewebe mit hohem Energieumsatz – zum Beispiel das Gehirn – also als leuchtende Flecken. Weil die Patienten nur sehr kleine Mengen der radioaktiven Stoffe aufnehmen und diese rasch wieder ausscheiden, gilt die Strahlenbelastung als gering. Allerdings ist die PET recht aufwändig und teuer, weshalb sie nicht zu den Standard-Diagnosemethoden gehört.

PET-Scan des Körpers

6. Szintigrafie zeigt, ob ein Knoten heiß oder kalt ist

Wie vor dem PET nimmt ein Patient auch vor einer Szintigrafie eine radioaktiv markierte Substanz auf. Je nachdem, welcher Stoff verwendet wird, reichert sich dieser in verschiedenen Körperregionen an. Knochen brauchen für ihren Stoffwechsel Phosphate. Spritzt man einem Patienten also radioaktiv markiertes Phosphat, kann man besonders stoffwechselaktive Regionen im Skelett erkennen.

Trifft die vom Körper ausgehende Strahlung auf eine Gammakamera, erzeugt sie dort Lichtfunken, so genannte Szintillationen – daher der Name. Die Szintigrafie wird häufig angewendet, um die Aktivität der Schilddrüse zu untersuchen. Dazu injiziert der Arzt seinem Patienten radioaktiv markiertes Jod. Auf dem Szintigramm kann er erkennen, ob es sich bei einem Knoten um eine gut- oder eine bösartige Vergrößerung der Schilddrüse handelt. Denn Tumorzellen verstoffwechseln das strahlende Jod eher schlecht; man spricht von kalten Knoten.

Heiße Knoten hingegen reichern es an. Sie deuten auf eine gutartige Wucherung hin, bei der die Schilddrüse ungebremst Hormone herstellt. Weil die radioaktiv markierten Substanzen binnen weniger Stunden zerfallen, ist die Strahlenbelastung für den Patienten eher gering. Sie ist mit der einer normalen Röntgenaufnahme vergleichbar.

Szintigrafie einer Schilddrüse

7. Ma­gnet­re­so­nanz­to­mo­grafie (MRT) hämmert, strahlt aber nicht

Mit Hilfe der Kernspin- oder Magnetresonanztomografie kommt man zu Bildern aus dem Inneren des Körpers, ohne diesen mit Röntgenstrahlen oder Radioaktivität zu belasten. Der Patient wird in eine Röhre geschoben, die von Magnetspulen umgeben ist. Schaltet man diese ein oder aus, ertönt ein hämmerndes Geräusch. Wasserstoffatome – die in unserem Körper allgegenwärtig sind – richten sich wie Kompassnadeln im entstehenden Magnetfeld aus. Anschließend schickt das Gerät Radiowellen in die zu untersuchende Körperregion.

Die Folge: Die magnetisch ausgerichteten Wasserstoffatome kommen ins Wanken; sie nehmen Energie auf. Schaltet man den »Radio-Sender« ab, geben sie diese wieder ab. Wie schnell, hängt davon ab, in welcher Art von Gewebe sie sich befinden. Es entstehen Signale, die von den empfindlichen Antennen des MRT-Geräts wahrgenommen und mit Hilfe eines Computers in Querschnittsbilder übersetzt werden. In diesen Bildern kann man beispielsweise Bindegewebe gut von Fett oder Muskeln unterscheiden.

MRT eines kaputten Knies

8. Ultraschall – hallo, Echo?

Schallwellen mit einer Frequenz von mehr als 20 Kilohertz können wir nicht hören. Man bezeichnet sie als Ultraschall. Bei einer Ultraschalluntersuchung, auch Sonografie genannt, werden solche Wellen durch den Körper geschickt. Verschiedene Gewebe reagieren unterschiedlich darauf: Manche lassen sie einfach durch, andere dämpfen sie wie ein Teppich.

Besonders dicht gepackte Strukturen werfen die Schallwellen zurück und erzeugen eine Art Echo. Dieses nimmt der Schallkopf, der sie ausgesendet hat, auch wieder auf. Ein daran angeschlossener Computer rechnet den zurückgeworfenen Schall in Bildinformationen um. Knochen haben eine hohe Dichte und erscheinen auf einem Ultraschallbild hell, während blut- oder flüssigkeitsgefüllte Gefäße dunkel bleiben.

Der Arzt kann per Bildschirm Veränderungen an Organen und Geweben feststellen – oder ein Kind schon vor der Geburt untersuchen. Moderne Techniken wie 3-D- und 4-D-Ultraschall erlauben es sogar, räumliche Bilder vom Nachwuchs zu erzeugen. Allerdings kann sich der Bauch der Mutter bei diesem »Babykino« um bis zu vier Grad erwärmen.

Obwohl bislang keine konkreten Studienergebnisse zu möglichen Folgen vorliegen, will das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) solche Untersuchungen ab Januar 2021 verbieten. Das gilt aber nicht für die drei Basis-Ultraschalluntersuchungen, die im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge vorgesehen sind.

9. Endoskopie: Wenn der Arzt in die Röhre guckt

Auch mit einem Endoskop (von griechisch: én-don = innen und skopeín = beobachten) kann man in den Menschen hineinschauen. Es handelt sich dabei um einen Gummischlauch oder ein dünnes Metallrohr, das in eine künstlich geschaffene oder natürlich vorhandene Körperöffnung geschoben wird.

Mit Hilfe einer integrierten Kamera schaut sich der Arzt in der Regel das Innere von Magen oder Darm an (man spricht auch von einer Magen- oder Darmspiegelung). Er kann über das Endoskop auch Medikamente verabreichen oder Gewebeproben entnehmen. Den Brust- und Bauchraum oder Gelenke kann man ebenfalls endoskopisch untersuchen. Und ist man erst drin, kann man auch gleich operieren: Eine Spiegelung der Gelenke (Arthroskopie) ermöglicht heutzutage minimalinvasive Eingriffe – beispielsweise an Knie, Hüfte, Schulter oder Handgelenk.

10. Die Biopsie sieht, was »gut« und »böse« ist

Hat man unerklärliche Veränderungen am Körper, zum Beispiel Geschwulste, so nimmt der Arzt wahrscheinlich eine Probe davon. Das ist in der Regel keine große Sache – meist ist nicht einmal eine Narkose nötig. Sollen nur einzelne Zellen entnommen werden, reicht ein Stich mit einer hohlen Nadel. Bei Veränderungen in Brust oder Prostata »stanzt« sich der Arzt ein etwas größeres Stückchen heraus.

Besonders verdächtige Stellen schneidet er auch komplett heraus – sofern sie klein und gut zugänglich sind. Um Proben aus Magen, Darm oder Blase zu gewinnen, macht man in der Regel eine endoskopische Biopsie (siehe oben). Die entnommene Probe schickt der Arzt dann an ein Labor, wo Pathologen sie aufbereiten und unter einem Mikroskop betrachten. Häufig führen sie dazu noch molekularbiologische Tests durch. So können sie festzustellen, um welche Art von Zellen es sich handelt und ob die Veränderung gut- oder bösartig ist. In anderen Worten: ob und falls ja, um welche Art Tumor es sich handelt.

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