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Botanik: Zweigstelle für Bestäuber

Ob Honigbiene, Kolibri oder Flughund - eine Vielfalt von Tieren tritt als Pollenbote in den Dienst von Pflanzen. Um den Körperkontakt des Blütengastes mit dem gelben Puder zu fördern, bietet ein Schwertliliengewächs sogar raffinierte Anhaltspunkte an.
Nektarvogel an Pflanze
Angelockt von verführerischen Rot- oder Rosatönen, für die das Vogelauge besonders empfindlich ist, versenkt der Zimtkolibri seinen langen, schmalen Schnabel samt Zunge in die röhrenförmige Blüte, wo tief im Inneren der Nektar lagert. Während der Besucher an der begehrten Flüssigkeit schleckt, pudern die Antheren seinen Schnabel und sein Kopfgefieder unbemerkt mit Pollen ein. Hat er schließlich genug genascht, bricht er zur nächsten Blüte auf und streift dort einen Teil der Staubfracht ab: Die Fremdbestäubung ist geglückt.

Babiana ringens | Das südafrikanische Schwertliliengewächs Babiana ringens bildet eine merkwürdige sterile Blütenstands-Achse aus (Pfeil), welche die angelockten Nektarvögel in die optimale Position für den Pollenkontakt bringt.
Beim Nektartrinken schweben einige Vögel in der Luft, andere hocken sich hingegen auf die Blüten. Oder sie nehmen möglicherweise auf exklusiv angefertigten Sitzstangen der Pflanzen Platz, spekulierte schon früh der Naturforscher Rudolf Marloth. Er grübelte, welche Bedeutung der sonderbaren sterilen Blütenstands-Achse des in Südafrika heimischen Schwertliliengewächses Babiana ringens innewohnt. Um diese Vermutung zu überprüfen, nahmen Bruce Anderson von der Universität von KwaZulu-Natal und seine Kollegen jeweils von August bis Oktober 2003 und 2004 zwei Populationen der Pflanze ins Visier.

Wie ihre Beobachtungen ergaben, kristallisierte sich nur ein einziger Bestäuber heraus: der Malachit-Nektarvogel (Nectarinia famosa) – der größte Vertreter der Nektarvögel, die Schwertliliengewächse am Kap besuchen. Stets ließen sich die Individuen auf der sterilen Achse der Pflanze nieder und drehten sich kopfüber, bevor sie nach Nektar bohrten. Da sich die in Bodennähe angeordneten Röhrenblüten aufwärts krümmen – im Gegensatz zu den nach unten orientierten Blüten der meisten vogelbestäubten Gewächse – gelangt der Vogel nur an die Nahrung, indem er seinen gebogenen Schnabel von oben einfädelt. In dieser Position bestreichen die sexuellen Organe der Pflanze seine Brust mit Pollen und stellen so den Transport des gelben Staubs zu anderen Exemplaren sicher.

Nektarvogel auf Sitzstange | Gewöhnlich klammert sich ein männlicher Malachit-Nektarvogel (Nectarinia famosa) an einem speziellen "Ast" des südafrikanischen Schwertliliengewächses Babiana ringens fest, während er seinen Schnabel von oben in die rörhrenförmige Blüte tunkt.
Um die Funktion des Vogelastes zu testen, schnitten die Forscher bei etwa der Hälfte der Pflanzen unmittelbar vor dem Blühen die unfruchtbare Achse ab. Der Vergleich der so behandelten mit unmanipulierten Individuen zeigte: Das Entfernen der "Sitzstange" wirkte sich weder auf die Blütenentfaltung aus noch auf die Fähigkeit der Pflanzen, Samen anzusetzen. Bei der Achse handelt es sich demnach nicht um eine bedeutende Quelle von fotosynthetischem Kohlenstoff für die Samenentwicklung, folgern die Wissenschaftler.

Doch der fehlende Ast schien die gewöhnlichen Gäste fernzuhalten: Obwohl der operative Eingriff die Stippvisite von Nektarvögeln keineswegs ausschloss, bevorzugten die Tiere intakte Pflanzen. Von den insgesamt 93 registrierten Besuchen entfielen 59 auf Gewächse mit Sitzgelegenheit und nur 34 auf solche ohne. Und die Vorliebe für eine "Haltestelle" hing vom Geschlecht des Vogels ab, denn nur die Männchen legten auf deren Existenz gesteigerten Wert.

Nektarvogel auf der Erde | Fehlte dem Schwertliliengewächs Babiana ringens der spezielle Ast, so waren die Vogelbesucher gezwungen, sich zum Nektartrinken neben die Blüten auf den Boden zu hocken.
Der besondere Geschmack der Vogelherren ist womöglich auf ihre wesentlich länger ausgeprägten Schwanzfedern zurückzuführen, spekulieren die Forscher. Denn diese sind vielleicht bei Landungen auf der Erde störend und tragen Schaden davon. Zudem könnten die Männchen zurückhaltender sein, den Boden anzusteuern, da sie mit ihren leuchtenden Gefiederfarben wahrscheinlicher Räubern zum Opfer fallen. Denkbar ist auch, dass das Hocken auf auffälligen Plätzen mit der Territorialität zusammenhängt.

Eindrucksvoll zeigte das Experiment jedoch: War die sterile Achse gekappt, reduzierte sich der Fortpflanzungserfolg. Pflanzen ohne Vogelast bildeten im Mittel 47 Prozent weniger Samen aus als ihre unbehandelten Artgenossen. Durch die Manipulation stieg aber die Selbstbestäubung um durchschnittlich 35 Prozent, ergaben genauere Analysen. Das südafrikanische Schwertliliengewächs hat demnach eine neue Strategie entwickelt, um seine Chancen auf eine Fremdbestäubung durch Vögel zu erhöhen, betonen die Wissenschaftler um Anderson. Denn mit dem spezialisierten Ast bietet die Pflanze ihren Besuchern eine Halterung an, an denen sie sich beim Nektartrinken aus den ungewöhnlichen Blüten festklammern können – und die sie gleichzeitig eine ideale Position für den Pollenkontakt einnehmen lässt.

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