Ganz sicher!
Welches ist der sicherste Monat, das heißt, der Monat, in dem weltweit die wenigsten Menschen sterben?
Sind die beiden Halbsätze wirklich Formulierungen der gleichen Frage?
Natürlich nicht. Heinrich Hemme, Autor von mehreren (sonst) ganz ausgezeichneten Rätselbüchern ("Der Wettlauf mit der Schildkröte"), meint "ja" und gibt als Lösung den Februar an – wegen seiner Kürze. Nach dieser (meines Erachtens ziemlich falschen) Logik wäre eine unbewohnte Insel auch der sicherste Ort der Erde, denn dort sterben besonders wenige Menschen, nämlich gar keine.
Graf Bobby geht lieber bei Rot über eine Kreuzung, als sich ins Bett zu legen, denn es sterben viel mehr Menschen im Bett als auf Kreuzungen.
Was sagen uns allgemein die Statistiken darüber, wie wir uns verhalten sollen? Nicht bei Rot über die Kreuzung gehen? Gute Idee. Sich nicht ins Bett legen? Schon schwieriger, vor allem wenn der Tod naht. Nicht in einem langen Monat leben? Hm.
In einem exotischen Land – angeblich in China – müssen die Ärzte für jeden verstorbenen Patienten eine Laterne vor ihren Eingang hängen. Ein Tourist weiß das und muss zum Arzt. Nach längerem Suchen findet er einen mit nur zehn Laternen. Nach der Behandlung sagt er zufrieden: "Ich bin sehr froh, Sie gefunden zu haben mit so wenig Laternen. Wie lange praktizieren Sie denn schon?" Die Antwort ist wenig erbaulich: "Seit vorgestern."
Mit anderen Worten: Ein niedriges Risiko kann man nicht durch niedrige absolute Zahlen kennzeichnen, sondern sinnvollerweise nur in Relation zu Zeitspannen, Einwohnerzahlen und so weiter. Nachrichten vermitteln da oft sehr verzerrte Bilder. So scheinen Verkehrsmittel besonders sicher zu sein, bei denen immer nur wenige Leute gleichzeitig sterben. Solche Ereignisse werden allenfalls im Lokalteil Ihrer Heimatzeitung erwähnt, während Eisenbahnzüge, Schiffe oder Flugzeuge im Falle eines schweren Unglücks viele Todesopfer zugleich und dann ein bundesweites monate- und jahrelanges Presseecho haben (zumindest wenn sie im Inland geschehen oder Touristen aus dem Inland betreffen). Wenn die Informationen aber dem Publikum einen Anhaltspunkt für Schutzvorkehrungen geben sollen, müsste viel ausführlicher über die vermeidbaren Ursachen von Straßenunfällen berichtet werden, zum Beispiel über die Verniedlichung der Promille-"Sünden". Merkwürdigerweise wird dieser an sich schwer wiegende theologische Begriff "Sünde" in der Umgangssprache eher mit Parken im Parkverbot als mit fahrlässiger Tötung in Verbindung gebracht, außer wenn diese verharmlost werden soll.
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