Von Autist zu Autist
Anders zu sein und sich überfordert zu fühlen, ist eine Erfahrung, die viele Menschen im Autismus-Spektrum nur zu gut kennen. Meistens empfinden sie ihr Anderssein als Mangel, erklärt Silke Lipinski. Sie weiß, wovon sie spricht, denn sie ist selbst Asperger-Autistin. Zugleich ist sie Wissenschaftlerin und forscht an der Humboldt-Universität zu Berlin daran, die Psychotherapie für Erwachsene mit Autismus-Spektrum-Störungen zu verbessern.
Das Ziel der Autorin: Autisten einen »Werkzeugkoffer« an die Hand zu geben, um besser mit den Herausforderungen einer an »neurologisch typische« Menschen angepasste Umwelt umzugehen. Ein großer Teil des Ratgebers widmet sich der Selbstakzeptanz. Lipinski ist wichtig, dass Autisten ihre Besonderheiten nicht nur als Störung wahrnehmen. Viele Probleme rührten von dem Versuch, sich in vorgegebene Muster zu zwängen. Daher zeigt sie Wege auf, um etwa mit Sonderinteressen oder dem Bedürfnis nach Alltagsroutinen besser umzugehen. Hierzu gehört, andere zu sensibilisieren und Schwierigkeiten offen anzusprechen (»Ich merke nicht immer, wie es jemandem gerade geht. Bitte sag mir in solchen Fällen direkt, wie dir zumute ist«). Darüber hinaus nennt sie Strategien, wie man mit der eigenen Energie haushalten, Gefühle kontrollieren und mit Stress umgehen kann. Ihr ist es wichtig, dass die Leser lernen, eigene Stärken zu erkennen. Hierbei helfen Arbeitsblätter, mit denen sich ein Stärkenprofil erstellen oder schädliche Gedanken überprüfen lassen.
In jedem Kapitel gibt es Anregungen zur Selbstreflexion und O-Töne von Betroffenen. Neben Informationen zu Diagnostik und Kernsymptomen räumt das Werk mit Mythen und Stereotypen auf, etwa dem Glauben, Autisten hätten keine Gefühle. Zudem liefert es Kontaktadressen von Selbsthilfegruppen und Vereinen und gibt Tipps für die Therapeutensuche. Es ist differenziert und vermeidet Allgemeinplätze. »Ohnehin hat jeder Mensch individuelle Bedürfnisse und es ist auch legitim, andere Bedürfnisse als die Mehrheit zu haben.« Die Botschaft lautet: Wer sich selbst gut kennt und seine Eigenheiten ernst nimmt, steigert sein Wohlbefinden und seine Lebensqualität.
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