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»Licht«: Das Licht der Wissenschaft

Welche Gefahren drohen der Wissenschaft? Der Physik-Nobelpreisträger Serge Haroche möchte Leserinnen und Leser mit seiner Geschichte über die Erforschung des Lichts für Wissenschaft begeistern.
Licht in verschiedenen Farben

Was Serge Haroche seinen Leser näherbringen möchte, ist keineswegs einfach: Katzen-Zustände, Wigner-Funktionen, Fresnel-Vektoren, Rydberg-Atome, Ramsey-Interferometer und Rabi-Oszillationen. Er erklärt, wie man Lichtquanten zählen kann, ohne sie zu sehen, und wie man mit ihnen Pingpong spielt. Wer das alles gelesen hat, ohne dass ihm der Kopf schwirrt, hat ein beachtliches Konzentrationsvermögen. Haroche weiß sehr genau, wovon er spricht, denn der französische Physiker bekam 2012 den Nobelpreis für seine außerordentlichen Leistungen bei der experimentellen Untersuchung individueller Quantensysteme. Damit wurde gewürdigt, dass er fundamentale Quantenphänomene im Labor umsetzen konnte, die jahrzehntelang nur als theoretische Gedankenexperimente in Lehrbüchern standen.

Wissenschaft ist universell

Man sollte zuallererst das kurze Nachwort lesen, um Haroches eigentliche Motivation für das Werk zu verstehen. Neben der interessanten Darstellung seiner eigenen Leistung möchte der Forscher Gefahren begegnen, welche die Wissenschaft insgesamt bedrohen, nämlich »postfaktisches Denken«, »alternative Fakten« und »Kulturrelativismus«. So sollen die Leserinnen und Leser erkennen, dass – entgegen der Thesen des Kulturrelativismus – Wissenschaft universell ist und somit keine Grenzen besitzt. Die Erforschung des Lichts ist ein großartiges Beispiel, um das Licht der Wissenschaft zu feiern.

Physikalisch interessierte Leser und Leserinnen kennen sicherlich den ungeklärten Gesundheitszustand von Schrödingers Katze. Das nach dem österreichischen Physiker Erwin Schrödinger benannte Tier befindet sich gemeinsam mit einem radioaktiven Stoff in einem Behälter. Wenn ein Messgerät einen radioaktiven Zerfall registriert, wird ein tödlicher Mechanismus ausgelöst und die Katze stirbt. Da quantenmechanische Objekte wie ein Atomkern mehrere Zustände zugleich annehmen können (zerfallen und nicht zerfallen), wäre demnach auch die Katze sowohl tot als auch lebendig. Eine Lösung des Rätsels liefert die so genannte Dekohärenz, wonach die Kopplung des Gesundheitszustands der Katze mit dem Zustand des Atomkerns durch Wechselwirkungen mit der Umgebung schnell zerstört wird. Haroche lieferte nun nicht weniger als den experimentellen Nachweis der Dekohärenz. Es gelang ihm, das zeitliche Abklingen der Verschränkung – einer quantenmechanischen Kopplung – von Lichtteilchen zu messen.

Um bis zu diesem bedeutenden Ergebnis im Buch vorzudringen, braucht es Geduld. Denn der Autor reiht sich und seine Leistungen in einen übergreifenden wissenschaftshistorischen Zusammenhang ein. Die Hälfte des mehr als 450 Seiten starken Werks erzählt die Geschichte der Erforschung des Lichts, angefangen mit Galileo Galilei über James Clerk Maxwell bis zu Albert Einstein und Erwin Schrödinger einschließlich seiner berühmten Katze. Man liest von spannenden Forschungsexpeditionen im 18. Jahrhunderts nach Lappland und Peru, um die für Navigation wichtige Frage nach der genauen Gestalt der Erde zu beantworten. Aber auch die schöne Anekdote von dem scherzhaften Modell einer Photonenwaage taucht auf, die George Gamow 1930 seinen Kollegen Einstein und Niels Bohr als Symbol für ihren geistigen Kampf um die quantenmechanische Unbestimmtheit geschenkt hat. Haroche erhebt keinen Anspruch auf wissenschaftshistorische Genauigkeit. Im Gegenteil, er betont, dass er seine persönliche Sichtweise wiedergibt. So kann man darüber hinwegsehen, dass hier eine für didaktische Zwecke vereinfachte Wissenschaftsgeschichte präsentiert wird.

Haroche bedient sich einer klaren und nicht uneleganten Sprache. Doch vor allem im hinteren Teil verdichten sich die Details, so dass es schwerfällt, den roten Faden nicht zu verlieren. Die Bebilderung ist zurückhaltend, aber aussagekräftig. Ein Stichwortverzeichnis wäre hilfreich gewesen, und ein Glossar hätte der Verständlichkeit sicherlich auch gutgetan.

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