»Zwischen Dürre und Flut«: Große Schlucker: Coca-Cola, Tesla und Red Bull
Der Streit um das Grundwasser in den Gemeinden Volvic und Vittel sorgte vor ein paar Jahren in Frankreich für Aufruhr. Das Wasser in den Regionen wurde knapp, dennoch wollten Nestlé und Danone mehr für ihre Mineralwasserprodukte entnehmen. In seinem Buch zitiert Uwe Ritzer die Pariser Rechtsprofessorin Aurore Chaigneau, die in diesem Konflikt mit dem Bild der Mineralwasserkonzerne aufräumt, sie würden im Sinne der Allgemeinheit handeln: »Nestlé Waters stellen sich als Hüter der Ressource Wasser dar. Doch aus rechtlicher Sicht sind sie bloß Nutzer. Halten wir fest, dass sie nur da sind, um abgefülltes Wasser zu verkaufen. Dieses Unternehmen hat nur einen Zweck, nämlich aus der Ausbeutung von Wasser Profit zu schlagen.«
Die großen Schlucker: Aldi und Co.
Aber nicht nur in Frankreich, auch in Deutschland muss der Grundsatz, »dass die öffentliche Trinkwasserversorgung immer Priorität hat vor wirtschaftlichen Interessen eines Privatunternehmens«, erstritten werden, wie Ritzer schreibt. Ritzer ist Wirtschaftskorrespondent und hat bislang über »krumme Geschäfte in der Energiewirtschaft« geschrieben, den ADAC-Manipulationsskandal aufgedeckt und war Mitautor von Büchern über die »Affäre Mollath« und über Markus Söder. Jetzt hat er sich an das Thema Wasser gewagt. Denn auch in Deutschland ist die wertvolle Ressource inzwischen gefährdet. Wie der Kampf zwischen privaten und industriellen Verbrauchern hier geführt wird, schildert Uwe Ritzer an Beispielen. Er rollt die Skandale und Geschehen rund um Coca-Cola in Lüneburg, Aldi Nord im Altmühltal und Tesla in Grünheide auf oder kritisiert das Geschäftsmodell von Viva con Agua, einer entwicklungspolitischen Non-Profit-Organisation.
Im ersten Teil gibt der Autor eine Übersicht über die Wassersituation in Deutschland, um dann exemplarisch vorzustellen, wie die Industrie versucht, ihre Entnahmen zu steigern. Und wie sich die Bevölkerung gegen Geheimniskrämerei, Tricks sowie falsche und veraltete Wasserdaten wehrt oder auch mal rückwärts laufende Wasseruhren in der Landwirtschaft anprangert. Denn es sind nicht nur die in den Medien präsenten Betriebe, die Konflikte verursachen. Auch die Landwirtschaft und die Energieversorger brauchen viel Wasser für Bewässerung und Kühlung und auf Grund des Klimawandels bald noch deutlich mehr.
Neben den Skandalen führt Ritzer viele Zahlen an. So werden 38 Prozent der Grundwasserleiter »durch landwirtschaftliche Einträge verschmutzt«. Und die Herstellung einer Tasse Kaffee verbraucht 132 Liter, das ist fast so viel Wasser, wie eine Person an einem ganzen Tag verbraucht.
Fette Gewinne?
Die Wasserskandale werden zwar gut lesbar geschildert, bieten aber keine neuen Informationen, und häufig bleiben die Formulierungen im Allgemeinen. Vielleicht liegt es daran, dass der Autor oft journalistische Medien als Quellen nutzt. Und leider werden Experten meist nicht vom Autor interviewt, sondern mit ihren Kernaussagen aus der Presse zitiert. So bleibt auch die Darstellung der Wassersituation in Grünheide mit der Nutzung durch Tesla oberflächlich, wenn sie auf die reinen Mengenangaben reduziert wird. Zitierte Sätze aus Dokumenten von Behörden, ein eigenes Unterkapitel über die Definitionen von Heil-, Tafel-, Soda- oder Mineralwasser und Bio-Wasser oder ab wann die Bezeichnung »medium« gilt, machen das Buch lang. Oder belanglose Sätze wie: »Das wird nicht einfach« oder »Die große Herausforderung wird es sein, Angebot und Nachfrage in ein verträgliches, nachhaltiges (…) Gleichgewicht zu bringen«. Auch Aussagen, dass die Unternehmen einen »fetten Reibach« oder nebenbei »fette Immobiliengeschäfte« machen, erscheinen zwar logisch, werden aber kaum mit Zahlen belegt.
Dennoch, das Buch ist lesenswert, und wer einen groben Überblick über die Konflikte zur Wassernutzung in Deutschland sucht, findet ein unterhaltsam geschriebenes Buch.
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