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Artenvielfalt: 10 faszinierende Lebewesen aus dem Regenwald

Regenwald am Amazonas

Der tropische Regenwald ist das artenreichste Ökosystem der Erde. Kein Wunder, dass er einige der erstaunlichsten Lebewesen des Planeten hervorgebracht hat. Wir stellen Ihnen 10 davon vor.

10. Das Raupenküken |

Im tropischen Regenwald herrscht extremes Fressen oder Gefressenwerden, da unzählige Arten und Individuen um die knapp bemessenen Rohstoffe konkurrieren. Um ihr Überleben zu sichern, greifen viele Tiere und Pflanzen daher in die Trickkiste der Evolution – wie zum Beispiel der Graue Tropfenflügeltyrann (Laniocera hypopyrra): Die Küken des erwachsen eher unscheinbaren Singvogels imitieren eine giftige und ungenießbare Raupe, die Fressfeinde lieber verschmähen. Um die Verkleidung noch zu perfektionieren, bewegen sich die Jungtiere sogar wie Raupen kriechend fort, wie Gustavo Londoño von der University of California im Urwald Amazoniens beobachtet hat.

9. Die Klo-Kannenpflanze |

Tropenböden sind oft sehr arm, weshalb sich manche Pflanzen alternative Nährstoffquellen erschlossen haben: Die Kannenpflanzen der Gattung Nepenthes aus Borneo etwa produzieren süße Säfte, um damit Insekten in ihre Fallen zu locken und in Verdauungssäften aufzulösen. Der besonders großen Art Nepenthes rajah genügt diese kleine Kost hingegen nicht, weshalb sie auf Säugetiere als Nahrungslieferanten setzt. Allerdings verspeist sie diese nicht, sondern dient sich Spitzhörnchen oder Stachelratten als eine Art Toilette an, wie Ulrike Bauer von der University of Cambridge herausfand: Während die Tiere den Nektar schlecken, entleeren sie sich in die Kanne – und liefern der Pflanze damit den notwendigen Stickstoff.

8. Der Pilz, der zum Zombie macht |

Ameisen gelten als die wahren Herrscher des Regenwalds: Sie können ganze Bäume entlauben wie die Blattschneiderameisen oder ziehen millionenfach über den Waldboden wie die Treiberameisenheere, die alles fressen, was ihre Bahn kreuzt. Doch auch sie unterliegen Parasiten wie Ophiocordyceps, einem Pilz, der lebende Insekten befällt, sie schließlich fremdbestimmt und aus dem Nest drängt. Am Ende sterben die Tiere, und der Eindringling treibt seinen Fruchtkörper aus dem Kopf der Ameisen, um seine Sporen zu verbreiten. Doch auch das ist nicht immer von Erfolg gekrönt, so David P. Hughes und Kollegen von der Penn State University in Pennsylvania: Ein weiterer Parasit befällt den Parasiten – und ernährt sich von dessen Gewebe, so dass er kaum mehr fruchtbare Sporen bilden kann. Der Regenwald produziert eben immer neue Nischen und damit Arten.

7. Der niesende Affe |

Mey Nwoah – so heißt dieser Stumpfnasenaffe aus dem Norden Myanmars in der Sprache der lokalen Bevölkerung. Er wurde erst Anfang 2010 vom Biologen Thomas Geissmann von der Universität Zürich und seinen Kollegen in einer abgelegenen Region entdeckt und wissenschaftlich beschrieben. Die Jäger vor Ort kannten die Art dagegen schon länger und machten Jagd auf sie – was durch eine anatomische Besonderheit erleichtert wird: Bei Regen läuft leicht Wasser in die nach oben geöffneten Nasen, weshalb die Affen laut und heftig niesen müssen. Mey Nwoah bedeutet im örtlichen Dialekt daher auch so viel wie "Affe mit einem nach oben gewandten Gesicht". Leider gilt daher Rhinopithecus strykeri, so der wissenschaftliche Name, als stark bedroht.

6. Die fliegende Schlange |

Nicht immer ist der Weg von Krone zu Krone für baumlebende Tiere leicht, weshalb in südostasiatischen Regenwäldern sogar Tiere das Fliegen erlernt haben, von denen man es nicht erwarten würde – etwa Frösche und Schlangen. Die Schmuckbaumnattern der Gattung Chrysopelea beispielsweise gleiten bei Bedarf von Ast zu Ast. Wie sie das machen, hat John Socha von der Virgina Tech in Blacksburg mit seinem Team untersucht: Beim Absprung aus der Baumkrone spreizt das Reptil seine Rippen, und sein Profil ändert sich von einem Kreis zu einem nach oben gewölbten Halbmond. Dadurch gleicht der gesamte Körper einer Tragfläche, so dass die Schlange Auftrieb erfährt. Das hält sie eine gewisse Zeit im Gleitflug in der Luft und ermöglicht ihr so, größere Distanzen zu überbrücken.

5. Die Katze, die sich zum Affen macht |

Der Margay (Leopardus wiedii), eine südamerikanische Kleinkatzenart, ist so attraktiv wie trickreich. Denn das mit dem Ozelot verwandte Raubtier setzt auf einen perfiden Trick, um potenzielle Beute zu erhaschen: Es macht sich zum Affen, um mit den klagenden Lauten von Krallenaffenbabys deren Eltern in seine Nähe zu locken.

4. Der Schreckliche Pfeilgiftfrosch |

Wer im Regenwald mit besonders grellen Farben aufwartet, deutet oft an: "Friss mich nicht, ich bin tödlich giftig!" Das gilt beispielsweise für den Schrecklichen Pfeilgiftfrosch (Phyllobates terribilis), der zu den giftigsten Tieren der Welt zählt. Die indigene Bevölkerung des Choco-Regenwalds in Kolumbien nutzte sein Hautsekret daher lange für Jagd mit Pfeil und Bogen, weil davon getroffene Affen oder Nagetiere rasch verenden. Ihr Gift beziehen die Lurche aus ihrer eigenen Nahrung, toxischen Käfern und Milben, die sie gefahrlos verspeisen können. Fehlt dieses Futter wie in der Terrarienhaltung, verlieren die Frösche bald ihre Gefährlichkeit.

2. Die Riesenblüte mit dem üblen Duft |

Zu den größten, schönsten und bizarrsten Blüten der südostasiatischen Regenwälder zählen die Rafflesien (Rafflesia). Ein Wohlgeruch entströmt ihnen allerdings nicht. Schon aus 100 Meter Entfernung kann man die ein Meter im Durchmesser großen und sieben Kilogramm schweren Blüten wahrnehmen, so intensiv müffeln sie nach verwesendem Fleisch. Das soll Bestäuber am lichtarmen Waldboden anziehen, wo Farben eine geringere Rolle als im Kronendach spielen. Ihren Energiebedarf decken sie auch nicht mit Hilfe eigener Fotosynthese: Sie leben als Schmarotzer an den Wurzeln von Lianen und haben deshalb ihre eigenen Blätter und Stängel völlig reduziert. Unklar ist noch ihre stammesgeschichtliche Zuordnung: Sind sie eine eigene Pflanzenfamilie oder gehören sie zu den Wolfsmilchgewächsen?

1. Der Goliath unter den Spinnen |

Für Arachnophobiker dürfte Theraphosa blondi zu den größten Albträumen zählen: Mit einer Fußspannweite von fast 30 Zentimetern und einem Gewicht von mindestens 170 Gramm erreichen ausgewachsene Exemplare der Goliathvogelspinne fast schon Dimensionen wie ein Hundewelpe. Ihr Name führt allerdings in die Irre, denn Vögel erbeuten die achtbeinigen Giganten eher selten: Sie bewohnen den Waldboden und jagen dort vor allem nach Insekten – und Regenwürmern. Verglichen mit anderen Vogelspinnen haben sie zudem einen langsameren Stoffwechsel, was ihnen ein stärkeres Größenwachstum erlaubt. Eine spannende Begegnung mit einem dieser Riesen beschreibt auf seinem Blog der Biologe und Fotograf Piotr Naskrecki, der eines Nachts im Wald ihre klackernden Krallen auf dem Untergrund hörte, bevor er sie sah …

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