Lexikon der Neurowissenschaft: Neuropeptid Y
Neuropeptid Y [von Y = Abk. für die Aminosäure Tyrosin am Carboxyterminus], Abk. NPY, Eneuropeptide Y, ein aus 36 Aminosäuren bestehendes, Tyrosin-reiches Neuropeptid aus der Familie der pankreatischen Polypeptide (wie das pankreatische Polypeptid sowie Neuropeptid YY). Es entsteht wie diese durch proteolytischen Abbau aus der Vorläufersequenz Prä-Pro-NPY (98 Aminosäuren). Ein weiteres Peptid dieses Abbauprozesses ist das C-terminal flanking peptide (C-PON), das aus 30 Aminosäuren besteht und entsprechend mit NPY colokalisiert. NPY ist phylogenetisch alt und weist hinsichtlich seiner sequentiellen Struktur hohe Konsistenz zwischen den Arten auf. Es ist eines der am weitesten verbreiteten Neuropeptide im zentralen und peripheren Nervensystem der Säuger. Innerhalb des Zentralnervensystems finden sich hohe Konzentrationen in den Basalganglien (Caudatum, Putamen), im Neocortex (vor allem im Frontal- und Parietalcortex), in limbischen Arealen (Amygdala, Hippocampusformation) und teilweise auch in hypothalamischen Kernen (z.B. Nucleus infundibularis, Nucleus arcuatus). Wenige bzw. keine NPY-haltigen Neurone finden sich im Kleinhirn und in der Substantia nigra. Innerhalb des Cortex scheinen NPY-Neurone in allen Schichten aufzutreten; in Schicht IV ist ihr Vorkommen gering. NPY kann mit anderen Neuropeptiden (z.B. Somatostatin) und niedermolekularen Transmittern (z.B. GABA, Noradrenalin) colokalisiert auftreten. Die Wirkungen von NPY werden über mindestens 6 verschiedene Subtypen von G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (Y-Rezeptoren; Y1-Y6) vermittelt, die unterschiedliche Verteilungen im Zentralnervensystem zeigen. – NPY besitzt eine bedeutsame Rolle bei der hypothalamischen Regulation der Nahrungsaufnahme und des Körpergewichts. Es stimuliert den Appetit und verstärkt (vegetativ vermittelt) anabole metabolische Prozesse. Damit wirkt es hypothalamisch als funktionaler Antagonist anderer Hormone und Neuropeptide, wie z.B. Leptin, Insulin und Corticoliberin. Für die Vermittlung dieses Effekts scheint der Y5-Rezeptor von besonderer Bedeutung, der verstärkt im Nucleus arcuatus des Hypothalamus, aber auch in hippocampalen Regionen exprimiert wird. NPY verhindert außerdem (möglicherweise über inhibitorische Wirkungen im Hippocampus) die Ausbildung von cerebralen Krampfpotentialen (epileptische Anfälle). Weniger gut untersucht sind modulatorische Einflüsse des Peptids auf die Schmerzwahrnehmung (Schmerz), Angst und höhere kognitive Funktionen (Lernen, Gedächtnis). Sowohl über peripherphysiologische (es besitzt potente vasokonstriktorische Wirkungen) als auch zentralnervöse Mechanismen greift NPY in die Kreislaufregulation ein.
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