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Hirschhausens Hirnschmalz: Mehr Fledermaus-Videos!

Der Wildtierhandel gefährdet nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch uns: Fledermäuse, Ratten und Schuppentiere sind Wirte tausender Viren, die von Tier zu Mensch übertragbar sind.
Dr. Eckart von Hirschhausen

Katzen gehen immer. Und kleine Kinder. Die Erfahrungen aus der TV-Branche erhärten sich online als Klickzahlen. Wir haben wohl nicht nur auf den Geschmacksknospen eine Vorliebe für Süßes, sondern auch auf der Netzhaut. Zum Image der verspielten Streuner passt bloß nicht so richtig, dass Hauskatzen jedes Jahr geschätzte 200 Millionen Vögel wildern. Windräder bringen es gerade mal auf ein Promille davon. Aber wer gilt als Vogelkiller? Klar: Wie sehr uns Tiere anrühren, hat wenig mit der Ökobilanz zu tun. Das bestätigt eine neue Studie über das Charisma eingeschleppter Spezies.

Als Drogenbaron Pablo Escobar starb, hinterließ er unter anderem vier Flusspferde, die er zum Privatvergnügen mitten in Kolumbien angesiedelt hatte. Sie vermehrten sich in der ökologischen Diaspora prächtig. Alle Versuche, sie an der weiteren Reproduktion zu hindern, scheiterten daran, dass sie zu einer touristischen Attraktion geworden waren. Auch wenn Flusspferde jetzt nicht gerade für den Streichelzoo taugen.

Apropos Reproduktionszahl – schwupps sind wir bei Corona. Unter Fachleuten war es schon lange keine Frage mehr, ob, sondern nur, wann nach Ebola, Sars, Mers und HIV ein neues Virus vom Tier auf den Menschen überspringt. Wie der Chef des Berliner Naturkundemuseums, Johannes Vogel, sagt: »Erreger überwinden Artgrenzen, wenn wir natürliche Ressourcen respektlos ausbeuten. Machen wir so weiter, scheitern wir.«

Auf einer Tagung von Virologen und Artenschützern, Human- und Tiermedizinern, Kommunikations- und Klimaforschern erlebte ich noch vor Corona, wie sich globale Gesundheitsgefahren nicht an die Zuständigkeit einzelner Länder, Ressorts oder Disziplinen halten. Aus heutiger Sicht fast zum Schmunzeln: Christian Drosten konnte dort praktisch unerkannt reden. Ich lernte Kim Grützmacher kennen, Program Manager für globale Gesundheitsthemen bei der Wildlife Conservation Society. Sie erklärte mir, wie wir Menschen diesen Planeten plattmachen. »Stell dir vor, wir würden alle Wirbeltiere auf der Erde auf eine Waage stellen. Was glaubst du, wie viel Anteil hätten Wildtiere und Nutztiere im Verhältnis zu uns?« Ich staunte nicht schlecht: Vor 10 000 Jahren hatte die Menschheit einen Gewichtsanteil von etwa einem Prozent. Dank Ackerbau, Viehzucht und »Bauer sucht Frau« stellen wir das Verhältnis auf den Kopf. Inzwischen haben Wildtiere gerade noch ein Prozent für sich. Nutztiere aber 67 Prozent, Menschen 32! Rinder, Schweine und Hühner trampeln, koten und flatulieren alles aus dem Gleichgewicht. Nützlich?!

Die Wildtiere stehen buchstäblich mit dem Rücken zur Wand und »rächen« sich, indem sie uns auf ihren letzten Metern noch ein paar Viren dalassen. Unter endthetrade.com kann man etwas gegen den weltweiten Wildtierhandel tun, egal ob die Tiere hässlich oder süß sind. Auch Fledermäuse, Ratten und Schuppentiere haben Charisma und spielen ihre Rolle im Spiel des Lebens. Und sie sind Wirte tausender Viren, die von Tier zu Mensch übertragbar sind. Lassen wir sie in Ruhe, lassen sie uns auch in Ruhe. Und wenn wir nicht wegen neuer Viren früher ins Gras beißen wollen, sollten wir statt Tieren öfter Salat essen. Und was ist mit den Katzen? Ich glaube, die betrachten uns eh als ihre Nutztiere.

A) Elefant, wegen »Dumbo« und der großen Ohren

B) Delfin, wegen »Flipper« und der Intelligenz

C) Katze, wegen »Aristocats« und des Selbstbewusstseins

D) Fruchtfliege – die akzeptiert mich, wie ich bin

  • Quellen

Jaric, I. et al.: The role of species charisma in biological invasions. Frontiers in Ecology and the Environment 10.1002/fee.2195, 2020

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