Kompaktlexikon der Biologie: Streckungswachstum
Streckungswachstum, bei Pflanzen das Längenwachstum von Wurzeln und Sprossachse, das auf einer Zellstreckung (Dehnungswachstum)und nicht auf Teilungsprozessen beruht. Im Unterschied zum Spitzenwachstum ist die damit verbundene Wanddehnung über die Zelloberfläche gleichmäßig verteilt. Sowohl das Wachstum der Coleoptilen von Gräsern als auch die Sprossstreckung sind typische Phänomene des S., bei dem Spitzenwerte von bis zu 57 cm/Tag (Bambussprosse) erreicht werden können. Das S. unterscheidet sich somit vom Plasmawachstum, bei dem Strukturbestandteile der Zelle vermehrt werden; es steht in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Teilungswachstum durch Zellteilung. Es wird durch Umweltfaktoren (Licht, Wasserverfügbarkeit) und Phytohormone (Auxine, Gibberelline) gesteuert.
Durch osmotisch kontrollierte Wasseraufnahme kommt es beim S. zu einer Volumenzunahme, die zusammen mit einem „Erweichen“ der Zellwand zur Streckung der Zellen führt. Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist die Druckentspannung der Zellwand, die nach der so genannten Säurewachstumshypothese durch ein Ansäuern der Zellwand erfolgt. Die Verminderung des Wanddrucks führt zu einer Absenkung des Wasserpotenzials der Zelle, die wiederum einen Wassereinstrom zur Folge hat. Die säureinduzierte Zellwandlockerung wird durch die Wirkung von Auxin in Verbindung mit einer Gruppe von Zellwandproteinen (Expansine) kontrolliert. Experimentell lässt sich zeigen, dass Auxin einen Protonenausstrom aus dem Protoplasten in die Zellwand induziert und gleichzeitig die Aktivität von Enzymen induziert, die an der Synthese von Zellwandmaterial beiteiligt sind. Expansine katalysieren eine vom pH-Wert abhängige Dehnung der Zellwand, vermutlich, indem sie Wasserstoffbrücken zwischen den Polysacchariden der Zellwand lösen. Zellstreckungen werden auch durch Gibberelline (GA) gefördert. Bei Rosettenpflanzen führt eine GA-Gabe zu einer raschen Bildung der Infloreszenz (Schießen). Allerdings erfolgt die Wirkung dieses Hormons nach einem anderen Mechanismus als die Auxinwirkung, da GA nicht an der Kontrolle der osmotisch bedingten Wasseraufnahme beteiligt ist. Mehrere Experimente deuten darauf hin, dass das S. durch GA vor allem auf der Ebene der Zellwanddehnung erfolgt, wobei genaue Mechanismen noch untersucht werden müssen. (Wachstum)
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