Lexikon der Biologie: Mitose
Mitosew [von griech. mitoein = Fäden spannen], indirekte Kernteilung, reguläre Form der Kernteilung (Karyokinese) eukaryotischer Zellen (Eucyte) vor einer Zellteilung (Cytokinese). Die Mitose ist generell eine Äquationsteilung, führt also zur Bildung zweier erbgleicher Tochterkerne. Jeder Mitose geht zwangsläufig eine identische Verdopplung (Replikation) der Kern-DNA (Desoxyribonucleinsäuren), des Trägers aller Erbinformation, voraus, und zwar in der S-Phase (Synthese-Phase) des Zellzyklus. Bei Eintritt in die Mitose besitzt eine normalerweise diploide Zelle (2×1n; Diploidie) für eine kurze Übergangsfrist also 4 Exemplare eines jeden Chromosoms (2×2n), je 1 Exemplar mütterlicher und väterlicher Herkunft – und diese bereits repliziert als 2 eng umeinandergewundene Geschwisterchromosomen (Chromatiden). Je nach Zelltyp und physiologischen Bedingungen dauert eine Mitose 1–2, zuweilen auch mehrere Stunden. Sie verläuft in 4 deutlich abgrenzbaren Phasen sehr unterschiedlicher Länge ( vgl. Abb. 1 ): Während der einleitenden Prophase werden die noch weitgehend entfalteten und einstweilen lichtmikroskopisch noch nicht darstellbaren DNA-Doppelstränge (Doppelstrang) mit Hilfe einer Anzahl chromosomenbegleitender Hilfsproteine, vornehmlich der Histone, in einander mehrfach überlagernden Schraubenwindungen eng aufgewendelt und so auf etwa 1/100 ihrer ursprünglichen Länge kondensiert ( vgl. Abb. 2 ); als faden- (Name Mitose!) oder stäbchenförmige Gebilde werden sie lichtmikroskopisch darstellbar (Chromosomen). Die aus der Replikation hervorgegangenen Geschwisterchromosomen (Chromatiden) verharren noch in enger Umwindung und sind noch nicht als Chromatidenpaare erkennnbar. Jedes Chromatidenpaar zeigt an individualspezifischer Stelle eine Einschnürung, das Centromer (Kinetochor), an dem später der zelluläre Verteilungsapparat angreift. In der Metaphase wird in der Zelle ein mechanischer Chromosomenverteilungsapparat, der Spindelapparat, ausgebildet. Bündel von Mikrotubuli (Motorproteine, Tubulin) polymerisieren von entgegengesetzten Zellpolen her. Während die Kernhülle sich in Membranvesikel auflöst, greifen sie beidseits an den Centromeren der Chromatidenpaare an. Diese ordnen sich unter dem beiderseitigen Zug der Spindelfasern kurzzeitig in der Medianebene der Zelle (Metaphasen- oder Äquatorialplatte) an, entwinden und trennen sich und werden in der kurzen Anaphase zu entgegengesetzten Zellpolen gezogen. In der Telophase bildet sich jederseits um die Chromosomenhaufen nun wieder je 1 diploider Chromosomensatz (2n), eine neue Kernhülle. Die einzelnen Chromosomen gehen wieder in die entspiralisierte, transkriptionsaktive (Transkription) Phase über. Die ersten Beobachtungen von Zellteilungen gelangen 1875 E.A. Strasburger und O. Bütschli. Die färberische Darstellung und genaue Beschreibung der Mitosevorgänge lieferte 1882 W. Flemming, der auch den Begriff Mitose prägte, die genetischen Vorgänge der Mitose (Genetik) freilich noch nicht zu erkennen vermochte. Die vegetative Vermehrung aller eukaryotischen Organismen (Eukaryoten), die Entwicklung mehrzelliger Organismen aus einer Zygote und ebenso das Regenerations-Wachstum (Regeneration) pflanzlicher und tierischer Gewebe beruht generell auf mitotischen Teilungen, während es bei Prokaryoten keine mitotische Teilung gibt, sondern andere Mechanismen zur Verteilung replizierten Erbguts auf Tochterzellen genutzt werden. Vor allem bei sekretorisch aktiven Pflanzenzellen kommt es zu Mitosen, die nicht von einer Zellteilung begleitet werden. Dadurch entstehen dann große Zellkerne, die polyploid (Polyploidie) sind. Mitosen lassen sich durch verschiedene Tubulin-Polymerisationshemmer, so das Colchicin, ein Alkaloid der Herbstzeitlosen, spezifisch und reversibel blockieren (Keimgifte, Mitosegifte) – eine wichtige Methode zur Chromosomendarstellung. Actomyosin, Amitose, anaphase-promoting complex, Arbeitskern, asymmetrische Teilung, Chromatin, Chromosomenbänderungstechnik, Chromosomendiminution, Chromosomenfärbung, Chromosomenformwechsel, Chromosomenfusion, Chromosomenkontraktion, Chromosomenmosaike, C-Mitose, Cycline, Cytologie, formative Teilung, freie Kernteilung, Interphase, Kongression, Meiose, Mitogene, Mitoseindex, Mitosekern, MPF, sliding-filament-Mechanismus, Zelle, Zellkern; Mitose .
P.E.
Lit.: Murray, A., Hunt, T.: The cell cycle. New York 1993. Pagano, M. (ed.): Cell cycle control. Berlin – Heidelberg 1998. Rieder, C.L. (ed.): Mitosis and meiosis. San Diego – London 1999. Zimmerman, A.M. (ed.): Mitosis. New York 1981.
Mitose
Abb. 1: Lichtmikroskopische Aufnahmen (Vergrößerung ca. 750fach) der Mitose-Stadien einer Pflanzenzelle. aProphase: Chromosomen werden sichtbar; bMetaphase: Spindelfasern (S) greifen an den Chromosomen an; cAnaphase: Polwanderung der Chromosomen; dTelophase: Rekonstitution der Kerne und Bildung der neuen Zellwand (Z)
Mitose
Abb. 2: Wandel der Chromosomenform im Zellzyklus.
Interphase:1G1-Phase; weitgehend entspiralisierte transkriptionsaktive Chromosomen im Interphasekern; an mehreren Stellen Auftrennung des DNA-Doppelstrangs und Transkription. 2 Abschluß der S-Phase; statt zuvor eines DNA-Doppelstrangs nun 2 identische DNA-Tochterstränge (Geschwisterchromosomen = Chromatiden), die mitsamt ihrer Begleitproteine einander eng umwinden (G2-Phase).
Mitose:3Prophase; fortschreitende Aufschraubung und Auffaltung der Geschwisterchromosomenpaare zur kondensierten, lichtmikroskopisch darstellbaren Transportform, den bereits lichtmikroskopisch erkennbaren Chromatiden. 4 Mitte der Prophase; zwischen den stark kondensierten Geschwisterchromosomen (Chromatiden) wird ein Trennspalt mikroskopisch sichtbar. 5 Ende der Prophase; die Chromatiden weichen auseinander und sind nur noch im Centromer verbunden. 6Metaphase; extrem verkürzte Chromatidenpaare in der Metaphasenplatte. 7Anaphase; unter dem Zug der Spindelfasern werden die Chromatidenpaare getrennt. 8Telophase; die getrennten Tochterchromosomen (Einzelchromatiden) werden entspiralisiert und gehen wieder in die transkriptionsaktive Form über.
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