Lexikon der Biologie: Schwebfliegen
Schwebfliegen, Schwirrfliegen, Scheinbienen, Saftschlürfer, Syrphidae, Familie der Fliegen mit mehr als 5000 über die ganze Erde verbreiteten Arten, in Mitteleuropa ca. 450. Die meisten der bis 20 mm großen Schwebfliegen sind lebhaft schwarz-gelb und damit bienen- oder wespenähnlich (Mimikry) gefärbt, während der Körperbau im wesentlichen dem Grundtypus der Fliegen entspricht. Der Hinterleib kann sehr verschiedenartig ausgestaltet sein. Er ist bei den verschiedenen Schwebfliegen spitz kegelförmig bis breit abgeflacht. Der größte Teil des Kopfes wird von den halbkugeligen Augen eingenommen, die bei den Männchen größer sind und am Scheitel zusammenstoßen. Die meisten Imagines nehmen mit einem in der Regel kurzen Saugrüssel Nektar von flachgründigen Blüten auf. Namengebend ist der ausdauernde, oft von blitzschnellem Ortswechsel begleitete Schwebflug der Schwebfliegen. Die Larven sind je nach Lebensweise außerordentlich vielgestaltig. Man kann Abfallfresser, Pflanzenfresser und Räuber unterscheiden. Zu den Larven, die sich von zersetzendem Material ernähren, gehört die ca. 20 mm große, gelbliche „Rattenschwanzlarve“ der ca. 13 mm großen, schwarz und gelbrot gezeichneten Schlammfliege oder Mistbiene (Eristalis tenax;vgl. Abb. ), die ihre Atemluft über ein bis 10 cm langes Atemrohr (Atemröhren) aus der Atmosphäre bezieht. Die Ernährung erfolgt durch Filtrieren von faulenden Stoffen am Grund von Jauchegruben, schlammigen Tümpeln und ähnlichem. Unter Laub und Mulm findet man die walzenförmigen Larven der Schwebfliege Temnostoma vespiforma. Sie haben nur ein kurzes Atemrohr. Terrestrisch lebende Larven dieser Gruppe haben auch die Gattungen Microdon, Chrysogaster und Chrysotoxum. Kotfresser sind die Arten der Gattung Rhingia. Durch Übergangsformen ist die Gruppe der abfallfressenden Larven mit der pflanzenfressenden verbunden. Zu den reinen Pflanzenfressern gehören die zuweilen schädliche, pelzig behaarte Große Narzissenfliege (Lampetia equestris, Imago ca. 14 mm) sowie die Kleinen Narzissenfliegen (Eumerus strigatus und Eumerus tuberculatus, Imagines ca. 7 mm). Diese Larven ernähren sich im Innern von verschiedenen Blumenzwiebeln. Im Kambium von Nadelhölzern bohren die Larven der Fichtenharzfliege (Cheilosia morio). Übergangsformen zwischen abfallfressenden Larven und Räubern bilden die in Hummel- und Wespennestern lebenden Larven der Gattung Volucella. Sie ernähren sich von Abfallstoffen, aber auch von der Brut ihres Wirts. Die Imagines der ca. 14 mm großen, pelzig behaarten Hummelschwebfliege (Volucella bombylans) treten in Farbvarianten auf, die denen ihrer Hummel-Wirte ähneln. Ebenso wirtsspezifisch in Nestern verschiedener sozialer Faltenwespen leben die anderen, weniger behaarten Arten der Gattung Volucella (Volucella pellucens, Volucella zonaria und Volucella inanis). Die bei uns häufige Volucella pellucens dringt dazu in frei hängende Wespennester ein, indem sie vermutlich ein Repellent produziert, das die Wespen davon abhält, sie anzugreifen. Die Weibchen legen innen ihre Eier ab. Die frisch geschlüpften Larven kriechen in eine Wabe und lassen sich neben der Wespenlarve sitzend mitfüttern. Sie wächst zunächst ebenso mit, kann aber in der Wabe zusammen mit der Wespenlarve nur sitzen, da sie ganz abgeplattet an den Rand gedrängt verbleibt. Im letzten Stadium frißt sie die Wespenlarve total auf und läßt sich nun allein weiter füttern. Andere Arten dieser Räubergruppe leben spezifisch von Käferlarven, wie Parasyrphus nigritarsis von den Eigelegen und den späteren Larven von Blattkäfern. Die sich räuberisch ernährenden Larven stellen mit über 100 Arten die größte der 3 Gruppen dar. Neben vielen Arten, die Larven von Schmetterlingen und Käfern aussaugen, sind die meisten räuberischen Schwebfliegen-Larven Blattlausvertilger. Ein Individuum der assel- bis pfriemförmigen, oft bunt gefärbten Larven kann pro Tag bis zu 100 Tiere anstechen und aussaugen. Damit sind sie ein wichtiger Faktor zur Dezimierung der Blattläuse. Die wichtigsten Gattungen dieser Blattlausvertilger sind Syrphus ( vgl. Abb. ) und Epistrophe. ä Bestäubung II , Fliegen I .
G.L./H.P.
Schwebfliegen
1 Schlammfliege oder Mistbiene (Eristalis tenax) und ihre Larve (Rattenschwanzlarve) mit Atemrohr; 2Syrphus spec.; 3Syrphus contuscus auf einer Blüte der Wegwarte
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