Lexikon der Chemie: Glasübergangstemperatur
Glasübergangstemperatur, Glastemperatur, Einfriertemperatur Tg, die Temperatur, bei der hochpolymere amorphe Werkstoffe aus dem elastisch-plastischen in den glasartigen Zustand übergehen und umgekehrt. Während kristalline Stoffe einen genau erfaßbaren Schmelzpunkt aufweisen, wandeln sich amorphe Stoffe bei Wärmezufuhr von einem harten, glasartigen in einen weichen, plastischen Zustand um. In diesem Umwandlungsintervall (Transformationsintervall) ändern sich viele physikalische Eigenschaften der Stoffe, z. B. das spezifische Volumen (Abb. a). Einen starken Einfluß auf die G. hat die Anzahl der Nebenvalenzbindungen, z. B. Wasserstoffbrücken, was daran zu erkennen ist, daß viele Hochpolymere mit polaren oder polarisierbaren Gruppen, z. B. Polyacrylnitril, Polyvinylalkohol und Polyacrylate, hohe G. haben. Durch Weichmacher wird die G. erniedrigt, durch Zusatz vernetzend wirkender Stoffe erhöht, z. B. bei Vulkanisation des Naturkautschuks mit Schwefel (Abb. b ).
Glasübergangstemperatur. Abb.: (a) Änderung des spezifischen Volumens von amorphen Polymeren mit der Temperatur. Tg Glasübergangstemperatur, Ts Schmelztemperatur, (b) Abhängigkeit der Glasübergangstemperatur vom Schwefelgehalt.
Das Temperaturverhalten von Polymeren läßt sich durch die molekulare Beweglichkeit beschreiben. So ist unterhalb der G. die Molekülbeweglichkeit eingeschränkt. Durch Wärmezufuhr beginnen sich im Bereich der G. die Kettensegmente zu bewegen (Mikro-Brownsche-Bewegung), wobei die Makromoleküle als Ganzes an einzelnen Haftpunkten noch miteinander verbunden sind. Durch weiteres Erwärmen eines Polymeren oberhalb seiner G. werden die Haftstellen zwischen den Kettensegmenten immer geringer, bis sie völlig aufgehoben und die Makromoleküle frei beweglich (Makro-Brownsche-Bewegung) sind. Bei amorphen Polymeren bezeichnet man die Temperatur, bei der diese Bewegung eintritt, als Fließtemperatur und bei kristallinen Polymeren als Schmelztemperatur. G. und Schmelztemperatur stehen in einem bestimmten Verhältnis zueinander. Bei symmetrisch gebauten Polymeren beträgt es etwa 0,5. Die innere Beweglichkeit einer Polymerkette kann durch den Einbau von Heteroatomen erhöht werden. Umgekehrt wird die Beweglichkeit der Ketten durch sperrige Gruppen und durch cyclische Struktureinheiten stark eingeschränkt. So haben Polymethacrylate eine höhere G. als die Polyacrylate und Polyimide eine höhere als die Polyamide.
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