Lexikon der Chemie: Hämoglobine
Hämoglobine, Abk. Hb, Gruppenbezeichnung für sauerstoffübertragende und -speichernde Hämoproteine. Die H. enthalten ein Häm als prosthetische Gruppe. Am verbreitetsten ist das Häm a (Protohäm). Einige Würmer enthalten Chlorohämoglobin, dessen Häm (Chlorohäm) anstelle eines Vinylrestes einen Formylrest trägt. Das intrazelluläre H. der Gewebe und Muskeln der Wirbeltiere wird als Myoglobin bezeichnet. Bei niederen Tieren gibt es neben den H. noch weitere sauerstoffübertragende Chromoproteine wie das Hämocyanin und Hämerythrin.
Bei allen H. ist ein Häm an eine Peptidkette gebunden. Die Peptidkette des Pottwal-Myoglobins enthält 153 Aminosäuren. Die H. des Blutes der Säugetiere, Vögel, Amphibien und Knochenfische bestehen aus je 4 Hämen und Peptidketten, sind als Tetramere, die eine Quartärstruktur ausbilden (Abb.). Die Peptidketten werden mit griechischen Buchstaben (α, β, γ, δ, ε) bezeichnet. Es sind je 2 identische Peptidketten vorhanden. Das H. des erwachsenen Menschen besteht zu 97,5 % aus Hämoglobin A1 (HbA1) der Zusammensetzung α2β2 und zu 2,5 % aus Hämoglobin A2 (HbA2) der Zusammensetzung α2δ2. Die α-Ketten enthalten 141, die β-Ketten 146 Aminosäuren. Die Tertiär- und Quartärstruktur aller H. sind sehr ähnlich. Der Proteinanteil der H. kann durch Säuren relativ leicht abgespalten werden. Dabei wird das Häm gleichzeitig zum Hämin oxidiert. In den H. ist das Häm in einer durch hydrophobe Aminosäuren gebildeten Tasche gebunden. Das Fe(II)-Atom steht im Zentrum des Porphyrinringes, von dem 4 Bindungen ausgehen. Die 5. Koordinationsstelle ist bei den H. durch einen Histidinrest besetzt. An die verbleibende 6. Koordinationsstelle kann bei den H. ein Molekül O2 reversibel gebunden werden, ohne daß dabei eine Oxidation des Zentralatoms erfolgt. Das orangerote H. geht dabei in das karmesinrote Oxyhämoglobin (Abk. HbO2) über. Die Absorptionsbanden ändern sich durch die O2-Bindung (Hb: 414, 556 bis 565 nm; HbO2: 425, 539 bis 545, 576 bis 578 nm). Außer O2 kann H. auch andere Liganden binden. Von toxikologischer Bedeutung ist die Bindung von CO und NO. Die Affinität des H. der Säuger für CO ist etwa 200mal größer als die für O2, was die Giftigkeit des Stadtgases bedingt. Durch Oxidation, z. B. mit Nitriten, wird Methämoglobin gebildet, das Hämin enthält und kein O2 mehr binden kann. Methämoglobin kann wieder zu H. reduziert werden. Die H. werden im Organismus oxidativ zu offenkettigen Tetrapyrrolen, den Gallenfarbstoffen, abgebaut.
Hämoglobine. Abb.: Quartärstruktur des Hämoglobins. Schema der räumlichen Anordnung der α- und β-Ketten. Die schwarze Scheibe stellt die Hämgruppe dar.
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