Lexikon der Chemie: Rutheniumverbindungen
Rutheniumverbindungen, Die wichtigste binäre Rutheniumverbindung ist Ruthenium(VIII)-oxid, Rutheniumtetroxid, RuO4, goldgelbe, rhombische Nadeln; D. 3,29 g cm-3, F. 25,5 °C, Kp. 108 °C (Z.). In Wasser wenig, in Kohlenstofftetrachlorid leicht löslich, bildet RuO4 tetraedrische, kovalente Moleküle, ist es bereits bei Raumtemperatur relativ leicht flüchtig und sehr giftig, riecht nach Ozon und greift die Schleimhäute an. Mit Alkalilaugen reagiert RuO4 unter O2-Entwicklung zu dunkelgrünen Perruthenaten, M[RuO4], die unter weiterer O2-Entwicklung in Ruthenate(VI) M2[RuO4] übergehen. Man erhält RuO4 als Sublimat durch Einleiten eines Chlorstroms in eine konz. Kaliumruthenatlösung oder durch Erhitzen von Ruthenium im Sauerstoffstrom auf 800 °C. Ruthenium(IV)-oxid, Rutheniumdioxid, RuO4, indigoblaue, metallglänzende, säurebeständige, im Rutilgitter kristallisierende Verbindung, D. 6,97 g cm-3, die man durch Erhitzen von Ruthenium oder RuCl3 mit Sauerstoff auf 1000 °C erhält. RuO2 wird bei der Herstellung von Schaltkreisen verwendet, RuO2-beschichtete Titanelektroden werden heute im großen Umfang bei der technischen Chloralkalielektrolyse genutzt. Alkaliruthenate(VI), M2[RuO4], werden durch direkte Oxidation von Ruthenium mit oxidierenden Alkalischmelzen (MOH/MNO3) erhalten, z. B. Kalium-ruthenat(VI), K2[RuO4]·H2O, eine grüne Verbindung. In Wasser mit orangeroter Farbe löslich, erleiden Ruthenate(VI) beim Ansäuern Disproportionierung zu niederem Oxid und dunkelgrün gelösten Perruthenaten, z. B. Kalium-perruthenat, Kalium-ruthenat(VII), K[RuO4], schwarze, metallglänzende Oktaeder. Ruthenium(IV)-sulfid, Rutheniumdisulfid, RuS2, grauschwarze, kubisch kristallisierende Verbindung, D. 6,96 g cm-3, F. 1000 °C (Z.), die beim Einleiten von Schwefelwasserstoff in heiße Rutheniumsalzlösungen entsteht. RuS2 kommt in der Natur als Laurit vor. Ruthenium(III)-chlorid, Rutheniumtrichlorid, RuCl3, in zwei Modifikationen auftretende Verbindung; D. 3,11 g cm-3. Schwarzes α-RuCl3 in Wasser und Alkohol unlöslich, bildet ein mit Chrom(III)-chlorid CrCl3 isomorphes Schichtengitter; braunes, alkohollösliches β-RuCl3 weist eine polymer-oktaedrische Struktur auf. β-RuCl3 wird bei Einwirkung von Chlor auf Rutheniumschwamm bei 330 °C erhalten und geht durch Erhitzen im Chlorstrom bei etwa 700 °C in die β-Form über. Von den bekannten Rutheniumfluoriden RuFn (n = 2 ... 6) seien genannt: Ruthenium(VI)-fluorid, Rutheniumhexafluorid, RuF6, dunkelbraun, F. 54 °C; Ruthenium(V)-fluorid, Rutheniumpentafluorid, (RuF5)4, dunkelgrüne, tetramere Moleküle bildende Verbindung, F0 86,5 °C, Kp. 227 °C; Ruthenium(IV)-fluorid, Rutheniumtetrafluorid, RuF4, ockergelb. Mit Alkalifluoriden bilden Rutheniumfluoride oktaedrische Fluorokomplexe Mn[RuF6] (n = 1 ... 4); Ruthenium(IV)-chlorid ist nur in Form der Hexachlorokomplexe M2[RuCl6] stabil. Unter den weiteren Rutheniumkomplexen haben oktaedrische Verbindungen wie [Ru(NH3)6]2+, [Ru(NH3)5H2O]2+, [Ru(H2O)6]2+, [RuCl6-n(NH3)n]n-3 und [RuCl6-n(H2O)n]n-3 besondere Bedeutung. Dabei sind Ruthenium(II)-Komplexe kräftigere Reduktionsmittel als homologe Eisen(II)-Verbindungen. Der Aquokomplex [RuCl3(H2O)3] dient als Ausgangsmaterial für die meisten anderen R.
Die engen Beziehungen der Komplexchemie des Ru zu der des Eisens und Osmiums bei Einsatz von π-Akzeptor- bzw. π-Liganden äußern sich in Bildung und Eigenschaften der folgenden R.: Rutheniumcarbonyle: Ru(CO)5, farblose Flüssigkeit, F. -22 °C, Ru3(CO)12, orangerote Nadeln, F. 154 °C (Z.), Ru6(CO)18, rote Kristalle, F. 235 °C (Z.), (Metallcarbonyle); Rutheniumcarbonylwasserstoff, H2Ru(CO)4, farblose Flüssigkeit; Ruthenocen, Ru(C5H5)2. Unter den Ruthenium(II)-Komplexen verdient der Distickstoffkomplex [Ru(NH3)5N2]X2 besondere Beachtung, durch dessen Entdeckung (Allen, 1965) der Zugang zur Koordinationschemie des molekularen Stickstoffs erschlossen wurde.
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