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Lexikon der Ernährung: bitter

bitter, Ebitter, Geschmackseindruck, der durch Substanzen verschiedenster Art erzeugt wird (Tab.). Verantwortlich hierfür ist eine AH / B-Struktur im Molekul. Dabei sind A und B elektronegative Atome (z. B. Sauerstoff, Stickstoff oder Chlor) und H ist ein Wasserstoffatom. Der Bitterrezeptor auf der Zunge hat eine komplementäre Anordnung, so dass sich zwischen den AH / B-Strukturen von b. schmeckendem Molekül und Rezeptor Wasserstoffbrückenbindungen bilden können (Abb.). Damit eine Substanz b. schmeckt, muss der Abstand zwischen A und B 1,0 bis 1,5 Angström betragen (ein größerer Abstand bewirkt, dass die Verbindung süß schmeckt). Der untere Teil der Abb. zeigt die AH / B Struktur von Isodonal, einem bitter schmeckenden Diterpen. Die Wahrnehmungsschwelle für bitteren Geschmack liegt beim Menschen sehr niedrig. Das bittere Alkaloid Chinin kann z. B. schon ab einer Konzentration von 25 µmol / l wahrgenommen werden, während die Wahrnehmungsschwelle für Saccharose bei 10.000 µmol / l liegt. Der bittere Geschmack wird auch über eine längere Zeit wahrgenommen als der süße, salzige oder saure. Einige adstringierend wirkende Verbindungen sind gleichzeitig b., aber nur ganz wenige b. schmeckende Substanzen sind auch adstringierend.
Der menschliche Säugling hat eine besondere Vorliebe für süß (Süßpräferenz), während b. und sauer üblicherweise abgelehnt werden. Die Tatsache, dass gewisse hochtoxische Substanzen (z. B. ranzige Fette, Produkte mikrobieller Fermentation) und giftige Beeren (mit Alkaloiden oder anderen pflanzliche Toxinen) intensiv b. schmecken, mag in diesem Zusammenhang bedeutsam sein. Im Verlaufe seiner Entwicklung ändern sich solche instinktiven Verhaltensweisen beim Menschen durch Erfahrung. Zum Beispiel führt wiederholter Verzehr b. schmeckender Lebensmittel zu einer veränderten Einstellung zu dem Geschmackseindruck b., wenn der Verzehr keine Beschwerden mit sich bringt. So wird moderater Bittergeschmack bei Kaffee, Bitterschokolade, Bitter Lemon, Bier und anderen Lebensmitteln schließlich nicht nur toleriert, sondern er ist sogar erwünscht und für das Produkt typisch. Dazu kommt noch, dass eine Reihe b. schmeckender Lebensmittel starke Stimulanzien (z. B. Coffein, Ethanol) enthalten. Der Wunsch, diese Stimulanzien erneut zu sich zu nehmen, kann die anfängliche Ablehnung des Bittergeschmacks überwiegen. Schließlich können auch Initiationsriten eine Rolle spielen. Ein gutes Beispiel hierfür ist Bier. Jugendliche nehmen einen Schluck aus dem Glas ihres Vaters und finden den Geschmack wundervoll, hauptsächlich um sich selbst zu überzeugen, dass sie damit in die Welt der Erwachsenen aufgenommen sind.

bitter: Tab. Beispiele bitter schmeckender Substanzen.

Chemische KlasseBitter schmeckende Verbindungen
AlkaloideCoffein, Theobromin, Theophyllin, Chinin
FlavanonglycosideNaringin, Neohesperidin
TerpeneIsodonal, Humulone, Lupulone
IsothiocyanatglycosideSinigrin
PhenolglycosideConiferin
AminosäurenL-Phenylalanin*
VerschiedeneAmygdalin, Peptide, oxidierte Fettsäuren, Maillard-Produkte

* D-Phenylalanin schmeckt süß!


bitter: Oben: Schematische Darstellung der AH / B / X-Struktur süßer und bitterer Verbindungen und der Geschmacksrezeptoren. Die Striche symbolisieren Wasserstoffbrückenbindungen. Erläuterungen im Text. Unten: Struktur von Isodonal, einem bitter schmeckenden Diterpen. bitter
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