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Lexikon der Mathematik: Symmetrieprinzipien der Physik

vermeintlich auf Erfahrung basierende Grundsätze, denen Grundgleichungen der Physik genügen sollten. Beispielsweise beobachtet man an makroskopischen physikalischen Systemen unter irdischen Bedingungen, daß Vorgänge in gleicher Weise ablaufen, wenn sie zu verschiedenen Zeiten gestartet werden, das Gleiche gilt, wenn das System an einen anderen Ort verschoben oder nur räumlich gedreht wird. Man kann auch nicht zwischen Ruhe und geradlinig gleichförmiger Bewegung unterscheiden. Diese Operationen drücken eine Symmetrie aus, die den physikalischen Vorgängen zugrunde liegt. Mathematisch sind diese Operationen Transformationen, und die physikalischen Gesetze müssen sich so formulieren lassen, daß sie gegen solche Transformationen invariant sind.

Dieser Forderung genügt man, wenn man als Raum-Zeit den Minkowski-Raum, und als mathematische Objekte, die die physikalischen Größen beschreiben, Elemente aus Darstellungsräumen der Poincaré-Gruppe wählt. In diesem Fall hat man die Koordinaten der Raum-Zeit-Punkte den Symmetrieeigenschaften der Raum-Zeit angepaßt. Die Transporteigenschaften physikalischer Systeme hängen aber nicht von der Art der mathematischen Beschreibung ab. Wählt man z. B. für den Minkowski-Raum krummlinige Koordinaten, dann ist es die Existenz von 10 speziellen Killing-Vektoren im Minkowski-Raum, die die Transportierbarkeit physikalischer Systeme sichert. Mit jedem dieser Killing-Vektoren hängt ein Erhaltungssatz zusammen: Der Energie-, der Impuls-, der Drehimpuls- und der Schwerpunktssatz. Die mathematische Formulierung dieses Zusammenhangs finden seinen Ausdruck in den Noetherschen Theoremen.

Die Situation ändert sich, wenn man berücksichtigt, daß physikalische Systeme sich in äußeren Gravitationsfeldern befinden oder selbst solche Felder erzeugen können, und Gravitationsfelder nach Einsteins Vorstellungen die metrische Struktur der Raum-Zeit prägen. Sind diese Gravitationsfelder hinreichend unsymmetrisch, haben sie also weniger als 10 Killing-Vektoren, dann können die physikalischen Systeme nicht mehr in der beschriebenen Weise in der Raum-Zeit bewegt werden, ohne Veränderungen zu erleiden, und dann lassen sich auch nicht mehr die entsprechenden Erhaltungssätze formulieren. Damit wird es eine Frage der Stärke und der Symmetrie von Gravitationsfeldern, ob man an Symmetrieprinzipien festhalten kann.

Die bisher betrachteten Symmetrien werden auch als äußere bezeichnet. Im Gegensatz dazu spricht man von inneren Symmetrien, wenn die physikalischen Gesetze gegen Transformationen invariant sind, die nicht mit Operationen in der Raum-Zeit zusammenhängen, z. B. sind die Maxwellschen Gleichungen gegenüber einer einparametrigen Gruppe invariant, was zum Erhaltungssatz für die elektrische Ladung führt.

Bei der Beschreibung der fundamentalen physikalischen Wechselwirkungen hat die Forderung nach Symmetrie der physikalischen Gleichungen gegenüber bestimmten Transformationen, die von Raum-Zeit-Punkt zu Raum-Zeit-Punkt variieren, eine vertieftes Verständnis von der Natur physikalischer Wechselwirkungen gebracht.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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