Lexikon der Neurowissenschaft: Dendriten
Dendriten [Mehrzahl, Einzahl Dendrit; von griech. dendrites = baumartig], Edendrites, aus dem Zellkörper (Perikaryon) von Nervenzellen entspringende, oft stark verzweigte cytoplasmatische Fortsätze. In den meisten Fällen dienen sie als Eingangsregion von synaptisch übertragener Information, die dann im Perikaryon aufsummiert und über das Axon an andere Nervenzellen weitergegeben wird. In diesem Sinne wird der Begriff Dendrit auch bei künstlichen neuronalen Netzen verwendet. Signale können aber auch von Dendriten auf andere Dendriten (dendro-dendritischer Kontakt), von Dendriten auf Axone (dendro-axonischer Kontakt) oder von Dendriten auf Perikaryen (dendro-somatischer Kontakt) übertragen werden ( siehe Zusatzinfo ). In der Regel sind die Dendriten kürzer als das Axon und stärker verzweigt. An ihrem Ursprung sind sie breit und verjüngen sich mit jeder Abzweigung, während Axone meist über ihre gesamte Länge den gleichen Durchmesser aufweisen. Je nach Nervenzelltyp können die Verzweigungsmuster der Fortsätze jedoch so mannigfaltig sein, daß Dendriten und Axon nur schwer voneinander zu unterscheiden sind. Lichtmikroskopisch sind im Plasma der Dendriten Neurofibrillen und (bis zur ersten Abzweigung) Nissl-Schollen zu erkennen. Elektronenmikroskopisch sind Mikrotubuli, Actinfilamente, Mitochondrien, endoplasmatisches Reticulum, Ribosomen und eventuell Golgi-Apparate erkennbar. Axone weisen dagegen kein endoplasmatisches Reticulum und keine Golgi-Apparate auf. Die Dendritogenese (das Auswachsen der Dendriten aus dem Zellkörper) erfolgt meist nach der Axogenese. Bei Wirbeltieren besitzen viele Dendriten dornartige Fortsätze (Dornen, E dendritic spines), die zumeist mit einem Köpfchen versehen sind und Postsynapsen bilden können. Viele Nervenzellen im Cortex (Pyramidenzellen, Körnerzellen, Purkinje-Zellen) zeichnen sich durch eine ausgeprägte, häufig stark verzweigte Ausbildung der apikalen Dendriten aus ( siehe Abb. ). Dendron.
Dendriten
Dendriten wurden 1865 erstmals von O. Deiters beschrieben und dabei von Axonen unterschieden. Das klassische Bild der Dendriten als einer postsynaptischen Zellstruktur mit passiven elektrischen Eigenschaften mußte im Laufe der Jahre modifiziert werden. Die Dendriten einiger Neuronentypen (z.B. die Purkinje-Zellen im Kleinhirn, einige Pyramidenzellen im Isocortex) sind in der Lage, elektrische Potentiale ähnlich wie das Axon aktiv fortzuleiten. Das die Depolarisation tragende Ion ist dabei oft nicht das Natrium (wie im Axon), sondern das Calcium, wenn es in der Dendritenmembran spannungsabhängige Kanäle gibt. In einigen Fällen sind Dendriten auch präsynaptisch und setzen Neurotransmitter frei.
Dendriten
Das dendritische Verzweigungsmuster kann ganz verschiedene Formen annehmen und erlaubt es in fast allen Regionen des Nervensystems, verschiedene Nervenzelltypen zu unterscheiden.
a primäre sensorische Nervenzelle im Spinalganglion, b Purkinje-Zelle, c Pyramidenzelle, d Sternzelle, e Amakrinzelle, f Körnerzelle
Unterbrochene Linien deuten die in Wirklichkeit wesentlich längeren Axone an.
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