Lexikon der Optik: Duplizitätstheorie des Sehens
Duplizitätstheorie des Sehens, Theorie über das Vorhandensein zweier funktionell unterschiedlicher Rezeptorenarten in der Netzhaut des menschlichen Auges. Die D. des Sehens ging urprünglich von der Annahme aus, daß die zu den beiden Rezeptortypen, den Zapfen und den Stäbchen, gehörenden neuronalen Systeme strukturell und funktionell vollständig getrennt seien (Parinaud, v. Kries). Das trifft jedoch nicht zu (Polyak, Granit). Über die Bipolaren und die Ganglienzellen kann unter Mitbeteiligung der Interneurone die Erregung von Zapfen und Stäbchen der Netzhautperipherie konvergieren und über eine gemeinsame Sehnervenfaser zum Gehirn übermittelt werden. Diese Möglichkeit spielt sicher für das Sehen im Übergangsbereich (mesoptisches oder "Zwielichtsehen"), im Bereich der Lichtintensitäten also, der von beiden Systemen gemeinsam erfaßt wird, eine wichtige Rolle. Es wird damit erreicht, daß dieser Übergang möglichst gleitend ist. Heute ist erwiesen, daß der Bereich einer gleichzeitigen, synergistischen Funktion des photopischen Sehens (Tagessehen) und des skotopischen Sehens (Dämmerungssehen) mehr als zwei Zehnerpotenzen der Lichtintensität umfaßt. In der höheren Sehbahn, jenseits des lateralen Kniehöckers, erfolgt allerdings wieder eine weitgehende Trennung der photopischen und skotopischen Teilsysteme (Hassler, Jung u. Mitarb.).
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.