Lexikon der Optik: Spiegelteleskop
Spiegelteleskop, Spiegelfernrohr, Reflektor, ein astronomisches Fernrohr, bei dem als Objektiv ein Hohlspiegel oder ein zusammengesetztes Spiegelsystem Verwendung findet. Bei den im folgenden genannten klassischen S. ist der Hauptspiegel ein Parabolspiegel. Beim S. nach Newton wird das primäre Bild, das in der Brennebene des Hauptspiegels entsteht, über einen Ablenkspiegel (oder ein Prisma) mit einem Linsenokular betrachtet (Abb. a). Bei den S. nach Gregory und nach Cassegrain wird durch einen Sekundärspiegel ein Zwischenbild erzeugt, das dann mit dem Okular betrachtet wird. Der Sekundärspiegel ist im ersten Falle ein konkaver Ellipsoidspiegel (Abb. b), der ein reelles Zwischenbild liefert, und im zweiten Falle ein konvexhyperbolischer Spiegel (Abb. c), der ein virtuelles Zwischenbild ergibt.
Der größte Vorteil der S. ist die Freiheit von chromatischer Aberration. Weiterhin ist wichtig, daß sich die S. mit weit größeren Objektivdurchmessern herstellen lassen als Linsenfernrohre. Bei Linsenfernrohren liegt die obere Grenze bei etwa 1 m, bedingt durch die elastischen Verbiegungen. Bei Spiegeln vermeidet man diese durch größere Glasdicken und durch Unterstützung auf der Rückseite.
Da bei den genannten S. auf der optischen Achse keine Restfehler wie bei Linsenfernrohren (sekundäres Spektrum, Öffnungsfehler) auftreten, kann man bei ihnen auch ein wesentlich größeres Öffnungsverhältnis wählen (etwa 1:15 bei Linsenfernrohren, 1:6 bis 1:3 bei S.).
Eine optisch einwandfreie Abbildung kann bei S. mit Parabolspiegel jedoch nur auf der optischen Achse erreicht werden. Bei größerem Bildwinkel tritt Koma auf, da beim Parabolspiegel die Sinusbedingung nicht erfüllt ist. Dieser Nachteil ist sehr störend, wenn mit S. größere Himmelsfelder photographisch aufgenommen werden sollen. Vermieden werden diese Fehler bei den aplanatischen Spiegelsystemen.
Als Spiegelwerkstoffe finden Anwendung: Glas, Pyrex und Quarzglas (letzteres nur bei kleinen Abmessungen). Als Spiegelbelag wird heute fast ausschließlich im Vakuum aufgedampftes Aluminium verwendet wegen der besseren Korrosionsfestigkeit im Vergleich mit chemisch niedergeschlagenem Silber und auch wegen des guten Reflexionsvermögens im UV.
Bei den S. der 90er Jahre kommen sowohl für die Optik als auch für die Mechanik neue Technologien zur Anwendung: Leichtbautechnik, Herstellung von extrem dünnen Spiegeln (8 m Durchmesser bei 0,15 m Dicke), aber auch von Wabenspiegeln durch Umschmelzen von Borsilikatglas bei gleichzeitiger Rotation des Schmelzofens, Einsatz von aktiven Spiegellagerungen zur Kompensation niederfrequenter Optikfehler im on-line Betrieb sowie die Konstruktion von Multi-Mirror-Teleskopen und Teleskop-Arrays (Very Large Telescope). Hinzu kommen neuartige Schutzbauten wie rotierende Gebäude und Traglufthallen.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.