Umwelt: Die Methan-Jäger
Wir überfliegen in einem zweisitzigen Flugzeug eine Gegend rund 50 Kilometer nördlich der Stadt Odessa im US-Bundesstaat Texas. Bis zum Horizont erstreckt sich unter uns ein schachbrettartiges Muster aus schnurgeraden unbefestigten Straßen, dazwischen liegen Quadrate flachen, kahlen Bodens. Wir befinden uns über dem so genannten »Permian Basin«, einem der größten Öl- und Gasfelder der Welt. Auf einer Fläche von rund 400 mal 480 Kilometern reihen sich hier Bohrlöcher und Fördertürme aneinander, ein Großteil von ihnen im westlichen Texas, ein kleinerer Teil im südöstlichen Zipfel von New Mexico, das hier in den größeren Bundesstaat hineinragt. Vor Hunderten von Millionen Jahren war die Region von einem weiten, flachen Meer bedeckt, in dem winzige Organismen riesige Riffe gebildet haben. Nach ihrem Tod zersetzten sich deren Überreste, sammelten sich und verwandelten sich im Lauf der Jahrtausende zu ölhaltigen Ablagerungen, die heute 3000 Meter oder tiefer unter der Erdoberfläche schlummern. Derzeit ist das Gebiet das größte und am schnellsten wachsende Ölfördergebiet in den USA – von hier stammen rund 38 Prozent des Erdöls und 17 Prozent des Erdgases des Landes. Seit das US-Exportverbot für Erdöl Ende 2015 aufgehoben wurde, ist die Förderung dieser Energierohstoffe rasant gewachsen: Aus mittlerweile 150 000 aktiven Bohrlöchern pumpen Unternehmen heute insgesamt viermal so viel Öl ans Tageslicht wie noch vor zehn Jahren.
Etwa 60 Meter unter uns sehe ich ein helles, orangefarbenes Leuchten: die »Fackel« einer Ölquelle. Aus einem hohen, senkrechten Rohr schlagen Flammen in die unruhige Nachmittagsluft. Hier verbrennen Gase, hauptsächlich Methan, die zusammen mit dem Rohöl aus dem Untergrund aufsteigen. Paolo Wilczak, der 23-jährige Pilot, arbeitet als Forscher beim US-amerikanischen Unternehmen Scientific Aviation, das für Kunden wie die Vereinten Nationen, Regierungsbehörden, Umweltschutzgruppen oder Privatunternehmen die Luftqualität überwacht. Er will wissen, ob die Fackel ordnungsgemäß funktioniert – also ob alles Methan wie gewünscht zu Kohlenstoffdioxid und Wasserdampf verbrennt.
Seit 2019 nehmen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Methanausdünstungen in der Region genau in den Blick. Denn das ertragreiche Gebiet stößt zugleich mehr Methan aus als jede andere Region in den USA. Das Gas entweicht aus Erdöltanks, Verarbeitungsanlagen und anderen Teilen der Infrastruktur ins Freie …
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben