Geruchsgedächtnis: Die Macht der Düfte
Ein Biss in eine Madeleine und ein Schluck Tee genügten, um Marcel Proust (1871–1922) in die Erinnerungen an seine Kindheit zurückzuversetzen: an Besuche bei seiner Tante auf dem Land und das Gebäck, welches sie ihm sonntagsmorgens reichte. »In dem Moment, als dieser mit Kuchenkrümeln gemischte Schluck Tee meinen Gaumen berührte, zuckte ich zusammen und war wie gebannt durch etwas Ungewöhnliches, das in mir vorging«, schrieb der französische Schriftsteller 1913 in seinem Werk »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit«
Lebhafte Erinnerungen, geweckt durch einen Duft – das ist wohl den meisten Menschen vertraut. Doch wie genau schaffen es die flüchtigen Aromen, uns auf eine Zeitreise zu schicken und starke Emotionen in uns zu wecken? Das ist nicht nur von literarischem Interesse, sondern fasziniert auch Wissenschaftler. »Der Geruchssinn ist tief in unserem emotionalen Gedächtnis verwurzelt«, sagt Eric Vermetten, klinischer Psychiater und Traumaforscher am Leiden University Medical Center in den Niederlanden. Für ihn und viele andere Fachleute ist die Bauweise unseres Gehirns der Grund dafür, warum Gerüche und Erinnerungen so eng miteinander verknüpft sind.
Hören wir beispielsweise einen Ton, gelangt das akustische Signal von den Ohren zum Hirnstamm und dann zum Thalamus, bevor es schließlich die Hörrinde erreicht. Gerüche aber haben einen unmittelbaren Draht in die Zentrale: Die olfaktorischen Rezeptorneurone (Riechzellen) in der Nasenhöhle reichen direkt zum Riechkolben des Gehirns, von wo aus die Informationen an andere Hirnregionen weitergeleitet werden – einschließlich jener Bereiche, die am Gedächtnis beteiligt sind.
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