Asexualität: Sex, nein danke
Wenn sich ihre Freundinnen früher über Sex unterhielten, verstand Olga nie, was daran so toll sein soll. »Bei meinem ersten Freund habe ich immer darauf geachtet, dass wir uns nicht zu zweit und möglichst draußen treffen«, sagt die 30-Jährige. Schon der Gedanke, ihn nackt zu sehen, war ihr unangenehm. Sex wollte sie gar nicht erst ausprobieren. Lange Zeit fragte sie sich, warum körperliche Intimität den meisten so leicht- und ihr so schwerfällt. Heute weiß Olga: Sie ist asexuell.
Asexualität ist eine sexuelle Identität, so wie Hetero-, Homo- oder Bisexualität. Nur fühlen sich asexuelle Menschen weder zum gleichen noch zu einem anderen Geschlecht hingezogen. Sie können mit dieser Art der Intimität nicht viel anfangen. Olga hat lange gebraucht, um sich damit zu identifizieren: »Schließlich wollte ich immer irgendwann einmal heiraten.« Doch sobald ihre Dates körperliche Nähe wollten, fühlte sich die junge Frau unwohl. Erst durch Gespräche mit Freunden stellte sie vor einem Jahr fest, dass sie zur so genannten Ace-Community gehört (»ace« steht als Abkürzung für asexuell).
Die Erkenntnis wirkte befreiend. Während sie in der Vergangenheit vor ihren Freunden Geschichten erfand, geht Olga heute selbstbewusst damit um, dass sie keinen Sex will. Allerdings, sagt sie, hätte sie gern schon früher von Asexualität erfahren – dann hätte sie sich vielleicht nicht so anders und allein gefühlt. »Um sich als asexuell zu erkennen, muss man erst einmal wissen, dass es so etwas überhaupt gibt«, erklärt Johannes Fuß vom Institut für Forensische Psychiatrie und Sexualforschung der Universität Duisburg-Essen. Viele Menschen hätten davon aber keine Ahnung und wüssten nicht, was darunter zu verstehen ist: »Das kann zu Leidensdruck führen, weil sie sich fragen, was mit ihnen nicht stimmt.«
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