Gerontologie: Affen altern anders
Im Spiegel lassen sich die Spuren des Alters wie schlaffe und faltige Haut, graue oder gar fehlende Haare schwerlich übersehen. Auf molekularem Niveau sind die Indizien des unumkehrbaren Verfalls unscheinbarer: schrumpfende Telomere oder beschädigte Mitochondrien. Nun nahmen Gerontologen unter die Lupe, was auf der Ebene von Genen im Gehirn von Mensch und Schimpanse geschieht.
Die mehr als fünf Millionen Jahre, seit sich unsere Ahnen von den Vorfahren des Schimpansen trennten, haben sie genutzt, um ein wenig Distanz zwischen sich und ihren nächsten Verwandten zu schaffen. Unser Gehirn ist heute gut dreimal so groß wie das der Affen, die Lebenserwartung fast doppelt so lang. Ob hundert oder fünfzig Jahre – in beiden Fällen dauert das Altern lange genug, dass die Zeit dabei ihre Spuren im Denkorgan hinterlassen kann.
Wie das Altern im Kopf genetisch aussieht, können Forscher erst seit einigen Jahren analysieren. DNA-Chips erlauben ihnen bei Tausenden von Genen parallel abzulesen, wie aktiv diese gerade sind. Beziehungsweise waren. Denn bei Gewebeproben aus dem Gehirn ist es ratsam, sie erst postmortal zu entnehmen.
Das taten Biologen um Hunter Fraser von der Universität von Kalifornien in Berkeley sowie Svante Päabo vom Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig dann auch bei Mensch und Schimpanse. Sie erstellten bei jeweils gesunden jungen und alten Gehirnen Genaktivitätsprofile für sieben Regionen: für Bereiche der Großhirnrinde, etwa das Broca-Sprachzentrum und den Frontallappen, sowie für das Kleinhirn.
Bei genauerem Hinsehen zeigte sich jedoch, dass von der altersbedingten Dienstumstellung im Kortex bei Mensch und Schimpanse völlig verschiedene Sets von Genen betroffen sind. Der beteiligte Forscher Joshua Plotkin wertet das als Hinweis, dass die beiden Primatenspezies ihre mentalen Resourcen als Folge einer rasch verlaufenen Evolution sehr unterschiedlich gebrauchen, und sich dann eben auch die Abnutzungserscheinungen bei anderen Genen äußern.
Dass tatsächlich Verschleißerscheinungen und nicht ein zielgerichtetes Umstellen auf ein Altersprogramm die Hauptrolle spielen, schließen die Forscher, weil es gerade die besonders stoffwechselaktiven Hirnareale im Kortex sind, welche die meisten Gene abschalten. Im Kleinhirn, wo es metabolisch etwas ruhiger zugeht, bleibt dagegen beim Altern fast alles beim Alten. Die theoretische Basis dieses Zusammenhangs ist die Freie-Radikale-Hypothese des Alterns.
Sie postuliert, dass sich durch das Wirken aggresiver Moleküle allmählich Schäden in einer Zelle ansammeln. Vor allem die Mitochondrien spucken solche Moleküle aus. Denn in den Zellkraftwerken entstehen bei der Energie liefernden Atmung äußerst reaktionsfreudige Sauerstoff-Verbindungen, unter anderem so genannte freie Radikale – Molekülbruchstücke mit ungepaarten Elektronen. Diese reagieren in der Zelle rabiat mit allem möglichen – besonders empfindlich ist die DNA.
Fraser stellt sich nun folgendes vor: In der Großhirnrinde liegen die Kontrollbereiche der aktiven Gene nackt und ungeschützt vor. Irgendwann sind sie dann von den zerstörerischen Sauerstoff-Verbindungen so demoliert – das heißt mutiert –, dass die DNA-Leseapparate sie nicht mehr richtig abgelesen können. Die Genproduktion bleibt dann aus. Zu dieser Annahme passen frühere Resultate, nach denen sich Mutationen und Mitochondrienschäden im Kortex viel schneller ansammeln als im Kleinhirn.
Vor einigen Jahren zeigten DNA-Chip-Analysen bei Mäusen übrigens ein gespiegeltes Bild: Hier war im Alter das Genprofil in der Großhirnrinde, anders als im Kleinhirn, nur wenig verändert – wahrscheinlich weil bei den Nagern auch die Stoffwechselaktivität umgekehrt verteilt ist. Fraser und seine Kollegen warnen daher davor, am Tiermodell gewonnene Diagnosen zum Altern und zu neurodegenerativen Erkrankungen einfach auf den Menschen zu übertragen. Wie die Unterschiede zum Schimpansen-Kortex zeigen, funktioniert das womöglich noch nicht mal bei unserem nächsten Verwandten.
Wie das Altern im Kopf genetisch aussieht, können Forscher erst seit einigen Jahren analysieren. DNA-Chips erlauben ihnen bei Tausenden von Genen parallel abzulesen, wie aktiv diese gerade sind. Beziehungsweise waren. Denn bei Gewebeproben aus dem Gehirn ist es ratsam, sie erst postmortal zu entnehmen.
Das taten Biologen um Hunter Fraser von der Universität von Kalifornien in Berkeley sowie Svante Päabo vom Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig dann auch bei Mensch und Schimpanse. Sie erstellten bei jeweils gesunden jungen und alten Gehirnen Genaktivitätsprofile für sieben Regionen: für Bereiche der Großhirnrinde, etwa das Broca-Sprachzentrum und den Frontallappen, sowie für das Kleinhirn.
Sowohl beim Affen als auch beim Menschen spürten die Wissenschaftler dabei in der Großhirnrinde, wo die komplexeren kognitiven Funktionen zu Hause sind, Hunderte von Genen auf, die bei jungen und alten Individuen unterschiedlich stark abgelesen wurden – die meisten davon stellten im Zuge des Alterns ihre Aktivität ein. Anders als in den Kortexarealen blieb im Kleinhirn, das der unbewussten Bewegungskontrolle dient, bei beiden Primaten überwiegend das gleiche genetische Arsenal tätig.
Bei genauerem Hinsehen zeigte sich jedoch, dass von der altersbedingten Dienstumstellung im Kortex bei Mensch und Schimpanse völlig verschiedene Sets von Genen betroffen sind. Der beteiligte Forscher Joshua Plotkin wertet das als Hinweis, dass die beiden Primatenspezies ihre mentalen Resourcen als Folge einer rasch verlaufenen Evolution sehr unterschiedlich gebrauchen, und sich dann eben auch die Abnutzungserscheinungen bei anderen Genen äußern.
Dass tatsächlich Verschleißerscheinungen und nicht ein zielgerichtetes Umstellen auf ein Altersprogramm die Hauptrolle spielen, schließen die Forscher, weil es gerade die besonders stoffwechselaktiven Hirnareale im Kortex sind, welche die meisten Gene abschalten. Im Kleinhirn, wo es metabolisch etwas ruhiger zugeht, bleibt dagegen beim Altern fast alles beim Alten. Die theoretische Basis dieses Zusammenhangs ist die Freie-Radikale-Hypothese des Alterns.
Sie postuliert, dass sich durch das Wirken aggresiver Moleküle allmählich Schäden in einer Zelle ansammeln. Vor allem die Mitochondrien spucken solche Moleküle aus. Denn in den Zellkraftwerken entstehen bei der Energie liefernden Atmung äußerst reaktionsfreudige Sauerstoff-Verbindungen, unter anderem so genannte freie Radikale – Molekülbruchstücke mit ungepaarten Elektronen. Diese reagieren in der Zelle rabiat mit allem möglichen – besonders empfindlich ist die DNA.
Fraser stellt sich nun folgendes vor: In der Großhirnrinde liegen die Kontrollbereiche der aktiven Gene nackt und ungeschützt vor. Irgendwann sind sie dann von den zerstörerischen Sauerstoff-Verbindungen so demoliert – das heißt mutiert –, dass die DNA-Leseapparate sie nicht mehr richtig abgelesen können. Die Genproduktion bleibt dann aus. Zu dieser Annahme passen frühere Resultate, nach denen sich Mutationen und Mitochondrienschäden im Kortex viel schneller ansammeln als im Kleinhirn.
Vor einigen Jahren zeigten DNA-Chip-Analysen bei Mäusen übrigens ein gespiegeltes Bild: Hier war im Alter das Genprofil in der Großhirnrinde, anders als im Kleinhirn, nur wenig verändert – wahrscheinlich weil bei den Nagern auch die Stoffwechselaktivität umgekehrt verteilt ist. Fraser und seine Kollegen warnen daher davor, am Tiermodell gewonnene Diagnosen zum Altern und zu neurodegenerativen Erkrankungen einfach auf den Menschen zu übertragen. Wie die Unterschiede zum Schimpansen-Kortex zeigen, funktioniert das womöglich noch nicht mal bei unserem nächsten Verwandten.
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