News: Alter Verwandter
Das Bild der Kreidezeit wird beherrscht von Dinosauriern. Nur wenige verschwenden Gedanken an die kleinen pelzigen Zeitgenossen, die Vorfahren von Hund, Katze, Maus und Känguru. Ein Fossilfund in China rückt deren Geschichte nun wieder einmal in den Blick.
Die heutige Lebewelt ist nichts anderes als eine Sammlung von Zweigspitzen, deren Äste und Stamm in den Erd- und Gesteinsschichten der Vergangenheit verborgen ruhen. Das Abbild des ganzen Baumes stützt sich letztendlich auf die statistisch wahrscheinlichsten Zusammenhänge, die sich anhand von ausgegrabenen Einzelstücken ergeben, obwohl diese teilweise nur aus einem Zahn, einem Knöchelchen oder anderen winzigen Hinterlassenschaften bestehen. Wie wackelig das Konstrukt ist, zeigt sich immer dann, wenn ein einzelner Fund so manchen Hauptast des Stammbaums radikal zurechtstutzen kann und an anderer Stelle neue Triebe sprossen lässt – wahrlich kein Einzelfall in der Paläontologie.
Sinodelphys szalayi wird sich dagegen wohl weniger als Baumchirurg betätigen. Nichtsdestotrotz darf sich das 125 Millionen Jahre alte Fossil aus der Yixian-Formation in Ost-China in eine Reihe ähnlich spektakulärer Funde aus dieser für ihre Reichhaltigkeit berühmten Lagerstätte einordnen: Schließlich ist es der älteste und noch dazu bestens erhaltene Verwandte der heutigen Beuteltiere wie Kanguru, Koala und Opossum samt ihrer ausgestorbenen Sippschaft.
Gerade einmal 15 Zentimeter lang – und davon knapp die Hälfte Schwanz – und 25 bis 30 Gramm schwer war der kleine pelzige Säugerurahn, der zu Dinosaurierzeiten offenbar Bäume und Sträucher erklimmen und auch auf dünnen Ästen entlang spazieren konnte. Ob seine Vorderfüße deshalb größer waren als die hinteren Gliedmaßen? Seine Zähne jedenfalls weisen ihn als Insektenfresser aus, durchaus gängig für die Verwandtschaftsgruppe seinerzeit. Die gut biegsamen und geschickten Finger dürften ihm bei der Jagd nach Käfern, Würmern und anderem Kleingetier gute Dienste geleistet haben, berichten die Wissenschaftler um Zhe-Xi Luo vom Carnegie Museum of Natural History in Pittsburgh, der Nanjing University und der Chinese Academy of Sciences in Peking.
Die Kletterfähigkeiten teilt der kleine Beuteltierverwandte nur mit seinem Zeit- und Ortsgenossen Eomaia, seinerseits ein Urahn der Plazentatiere wie Mensch und Maus mit ihren ausgestorbenen Verwandten. Offenbar, so urteilt John Wible vom Grabungsteam, hat diese Eroberung eines neuen Lebensraumes in der Höhe eine entscheidende Rolle in der Evolution der Säugetiergruppen geführt: Die ursprünglicheren Verwandten jener Zeit und jener Gegend zogen eindeutig noch festen Boden unter ihren Füßen vor.
Für die Frage der Evolution liefert Sinodelphys szalayi eher die Bestätigung bisheriger Theorien. Denenzufolge entstanden die beiden Säugergruppen offenbar auf den Nordkontinenten, damals noch als Laurasia vereint, und zwar – dem neuen Fund zufolge – womöglich in Asien: Denn Dinodelphys zeigt, dass die Aufspaltung damals schon erfolgt sein musste. Die davor ältesten Nachweise eines Beuteltiers, ein paar immerhin 110 Millionen Jahre alte einzelne Zähne, stammten aus Nordamerika, die ältesten Kieferreste kamen in Usbekistan aus 90 Millionen Jahren alten Ablagerungen ans Tageslicht. Das bis dato älteste Fossilskelett eines Beuteltierverwandten wurde in der Mongolei ausgegraben, doch wirkt es mit seinen 75 Millionen Jahren neben Sinodelphis geradezu jugendlich.
Der Ursprung auf den Nordkontinenten allerdings scheint auf den ersten Blick verblüffend, betrachtet man die heutige Verbreitung der Beuteltiere: Australien, Neuseeland, Neuguinea und Südamerika. Offenbar eroberten die Ahnen von Wombat und Co von Eurasien und Nordamerika aus Südamerika – damals Teil des Großkontinents Gondwana –, entwickelten dort eine reichhaltige Fauna und schafften auch noch irgendwie den Sprung in Richtung Australien, obwohl auch die Südkontinente inzwischen eigene Wege einschlugen. Danach jedoch verschwanden die Säuger unerklärlicherweise von den Nordkontinenten – die Opossums Nordamerikas wanderten erst zu einem späteren Zeitpunkt aus dem Süden wieder ein – oder wurden womöglich von den "moderneren" Placentalia erfolgreich verdrängt.
Ein Vergleich der Artenzahlen könnte dahingehend interpretiert werden, dass das Konzept "Plazentatier" gegenüber "Beuteltier" die Nase vorn hat, stehen hierbei doch über 4300 Spezies gerade einmal etwa 270 Arten gegenüber, die sich noch dazu teilweise auf Gebiete beschränken, die von den nahen Verwandten erst viel später und nicht immer auf natürlichem Wege erobert wurden. Warum aber die Evolution der beiden Gruppen so unterschiedlich verlief, bleibt vorerst weiter ein Rätsel, das durch Sinodelphys nur noch undurchsichtiger wird – zeigt es doch, dass die Startbedingungen ähnlich waren: kleine Insektenfresser, die Bäume und Sträucher erklettern konnten. Vielleicht bringt der nächste Fund die Lösung oder zumindest ein paar stabilere Zweige zutage.
Sinodelphys szalayi wird sich dagegen wohl weniger als Baumchirurg betätigen. Nichtsdestotrotz darf sich das 125 Millionen Jahre alte Fossil aus der Yixian-Formation in Ost-China in eine Reihe ähnlich spektakulärer Funde aus dieser für ihre Reichhaltigkeit berühmten Lagerstätte einordnen: Schließlich ist es der älteste und noch dazu bestens erhaltene Verwandte der heutigen Beuteltiere wie Kanguru, Koala und Opossum samt ihrer ausgestorbenen Sippschaft.
Gerade einmal 15 Zentimeter lang – und davon knapp die Hälfte Schwanz – und 25 bis 30 Gramm schwer war der kleine pelzige Säugerurahn, der zu Dinosaurierzeiten offenbar Bäume und Sträucher erklimmen und auch auf dünnen Ästen entlang spazieren konnte. Ob seine Vorderfüße deshalb größer waren als die hinteren Gliedmaßen? Seine Zähne jedenfalls weisen ihn als Insektenfresser aus, durchaus gängig für die Verwandtschaftsgruppe seinerzeit. Die gut biegsamen und geschickten Finger dürften ihm bei der Jagd nach Käfern, Würmern und anderem Kleingetier gute Dienste geleistet haben, berichten die Wissenschaftler um Zhe-Xi Luo vom Carnegie Museum of Natural History in Pittsburgh, der Nanjing University und der Chinese Academy of Sciences in Peking.
Die Kletterfähigkeiten teilt der kleine Beuteltierverwandte nur mit seinem Zeit- und Ortsgenossen Eomaia, seinerseits ein Urahn der Plazentatiere wie Mensch und Maus mit ihren ausgestorbenen Verwandten. Offenbar, so urteilt John Wible vom Grabungsteam, hat diese Eroberung eines neuen Lebensraumes in der Höhe eine entscheidende Rolle in der Evolution der Säugetiergruppen geführt: Die ursprünglicheren Verwandten jener Zeit und jener Gegend zogen eindeutig noch festen Boden unter ihren Füßen vor.
Für die Frage der Evolution liefert Sinodelphys szalayi eher die Bestätigung bisheriger Theorien. Denenzufolge entstanden die beiden Säugergruppen offenbar auf den Nordkontinenten, damals noch als Laurasia vereint, und zwar – dem neuen Fund zufolge – womöglich in Asien: Denn Dinodelphys zeigt, dass die Aufspaltung damals schon erfolgt sein musste. Die davor ältesten Nachweise eines Beuteltiers, ein paar immerhin 110 Millionen Jahre alte einzelne Zähne, stammten aus Nordamerika, die ältesten Kieferreste kamen in Usbekistan aus 90 Millionen Jahren alten Ablagerungen ans Tageslicht. Das bis dato älteste Fossilskelett eines Beuteltierverwandten wurde in der Mongolei ausgegraben, doch wirkt es mit seinen 75 Millionen Jahren neben Sinodelphis geradezu jugendlich.
Der Ursprung auf den Nordkontinenten allerdings scheint auf den ersten Blick verblüffend, betrachtet man die heutige Verbreitung der Beuteltiere: Australien, Neuseeland, Neuguinea und Südamerika. Offenbar eroberten die Ahnen von Wombat und Co von Eurasien und Nordamerika aus Südamerika – damals Teil des Großkontinents Gondwana –, entwickelten dort eine reichhaltige Fauna und schafften auch noch irgendwie den Sprung in Richtung Australien, obwohl auch die Südkontinente inzwischen eigene Wege einschlugen. Danach jedoch verschwanden die Säuger unerklärlicherweise von den Nordkontinenten – die Opossums Nordamerikas wanderten erst zu einem späteren Zeitpunkt aus dem Süden wieder ein – oder wurden womöglich von den "moderneren" Placentalia erfolgreich verdrängt.
Ein Vergleich der Artenzahlen könnte dahingehend interpretiert werden, dass das Konzept "Plazentatier" gegenüber "Beuteltier" die Nase vorn hat, stehen hierbei doch über 4300 Spezies gerade einmal etwa 270 Arten gegenüber, die sich noch dazu teilweise auf Gebiete beschränken, die von den nahen Verwandten erst viel später und nicht immer auf natürlichem Wege erobert wurden. Warum aber die Evolution der beiden Gruppen so unterschiedlich verlief, bleibt vorerst weiter ein Rätsel, das durch Sinodelphys nur noch undurchsichtiger wird – zeigt es doch, dass die Startbedingungen ähnlich waren: kleine Insektenfresser, die Bäume und Sträucher erklettern konnten. Vielleicht bringt der nächste Fund die Lösung oder zumindest ein paar stabilere Zweige zutage.
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