Dermatologie: Angenagte Ohren
So mysteriös wie ihr schubhaftes Auftreten ist die ganze Krankheit: Psoriasis, soviel steht immerhin fest, ist nicht ansteckend und hat eine erbliche Ursache. Diese rückt mit einem Gen, welches das Leiden bei Mäusen auslöst, in den Blickpunkt der Forscher.
Viel Forschung bedeutet leider nicht zwangsläufig viel Klarheit. So verweist die medizinische Literaturdatenbank Pubmed auf mehr als 20 000 Arbeiten zum Thema Psoriasis. Bei der auch Schuppenflechte genannten Krankheit scheint jedoch das Bild mit jeder Publikation eher noch rätselhafter zu werden.
Immer wieder formulieren Wissenschaftler neue Hypothesen für mögliche Ursachen der Krankheit. Liegen diese wirklich in der Haut oder handelt es sich vielleicht eher um eine Erkrankung des Abwehrsystems, die sich lediglich auf die Haut auswirkt, wenn in deren oberen Schichten Immunzellen einwandern? Sind am Ende gar Prionen oder das Nervensystem beteiligt?
Experten schätzen, dass in Deutschland rund zwei Millionen Menschen von der Krankheit betroffen sind. Allerdings in sehr unterschiedlichem Maße – bei den einen tritt Schuppenflechte nur selten, in Form kleiner punktförmiger Flecken auf, bei anderen dagegen sind chronisch gut handtellergroße Areale befallen, oft begleitet von Juckreiz. Bei fünf bis zehn Prozent der Erkrankten greift Psoriasis sogar auf Finger- und Zehengelenke über und verursacht dort schmerzhafte, arthritische Entzündungen.
So divers wie der Grad der Ausprägung ist auch das den Patienten angebotene Behandlungsspektrum. Mal sind es Medikamente und Nahrungsergänzungsstoffe, dann Teerzubereitungen sowie Fett und Feuchtigkeit spendende Salben, noch ein andermal Lichtbestrahlung, Psychotherapie oder Behandlung mit elektrischem Strom: vieles soll helfen, die Symptome zu mildern oder den nächsten Schub hinauszuzögern. Der Erfolg hängt immer stark vom Lebenswandel, dem allgemeinen Gesundheitszustand und dem psychischen Befinden der Betroffenen ab. Insgesamt müssen die Ärzte leider eingestehen, dass die Hautkrankheit derzeit nicht heilbar ist.
Einig sind sich die forschenden Mediziner auch darin, dass die Neigung, an Psoriasis zu erkranken, erblich ist. Deshalb durchsuchten sie das Erbgut von stark betroffenen Familien auf mögliche Defekte und spürten nach und nach sechs besonders häufig mutierte Orte im Genom auf. An einer dieser Stellen ist ein Gen zu Hause, mit dem sich die Arbeitsgruppe des Wiener Molekularpathologen Erwin Wagner beschäftigt.
Dieses Gen trägt die Baueinleitung für JunB, ein Protein, das Wagner auf Grund seiner Rolle bei Entwicklungsvorgängen und dem Schutz der Zelle vor krebsartigen Veränderungen untersucht. Die Verbindung zu Psoriasis tauchte ganz plötzlich auf, als er das dem Gen für JunB entsprechende Gen – sowie das fast identische c-Jun – bei seinen Labormäusen ausschaltete.
Aber was machen JunB und c-Jun? Normalerweise verquicken sie sich jeweils mit dem ganz ähnlichen Eiweißen AP1 zu einem so genannten Transkriptionsfaktor. Dieser steuert wiederum das Ablesen einer ganzen Reihe anderer Gene, die der Zelle letztlich befehlen, sich nur langsam zu teilen. Bleibt – bei ausgeschaltetem JunB – das Kommando aus, vermehren sich die Zellen umso rascher.
Genau das passiert auch in der menschlichen Oberhaut bei Psoriasis-Schüben. Dort wachsen und sterben die Keratinozyten – die verhornten Zellen der äußeren Hautschicht – in viel höherem Tempo als normal. Und zwar so schnell, dass sich an den Stellen mit Schuppenflechte die Haut nicht binnen Wochen, sondern innerhalb von einigen Tagen erneuert. Daher die vielen abgestorbenen Hautschuppen.
Und die Entzündungen und die Rolle des Immunsystems? Wagner führt sie auf so genannte Zytokine zurück. Diese kleinen, von Zellen ausgeschütteten Eiweiße animieren auch Nachbarzellen zur Zellteilung. Wie Wagner zeigen konnte, nehmen diese Moleküle überhand, wenn JunB nicht mehr auf der Wachstumsbremse steht. Auch Immunzellen und wachsende Blutgefäße lassen sich von den Signalverbindungen in die Oberhaut locken, wo sie eigentlich nichts zu suchen haben.
Alles klar wird mit der Entdeckung der prominenten Rolle von JunB in der Haut sicher nicht. Auch eine neue Therapie kommt noch nicht in Sicht. Aber die Tatsache, dass Mediziner durch Ausschalten von bloß zwei Genen beim Tier ein der Psoriasis sehr ähnliches Syndrom auslösen können, lässt hoffen, dass sich das Rätsel um die Krankheit mit den nächsten paar Tausend Forschungsarbeiten doch noch lichtet.
Immer wieder formulieren Wissenschaftler neue Hypothesen für mögliche Ursachen der Krankheit. Liegen diese wirklich in der Haut oder handelt es sich vielleicht eher um eine Erkrankung des Abwehrsystems, die sich lediglich auf die Haut auswirkt, wenn in deren oberen Schichten Immunzellen einwandern? Sind am Ende gar Prionen oder das Nervensystem beteiligt?
Nur zu bekannt sind Betroffenen und Dermatologen dagegen die Symptome. Psoriasis äußert sich durch entzündlich gerötete, meist mit silbrig glänzenden Schuppen bedeckte Hautveränderungen auf Knien, Ellbogen, Rücken und unter der Kopfbehaarung. Dabei wechseln von Beschwerden freie Zeiten mit akuten Schüben ab.
Experten schätzen, dass in Deutschland rund zwei Millionen Menschen von der Krankheit betroffen sind. Allerdings in sehr unterschiedlichem Maße – bei den einen tritt Schuppenflechte nur selten, in Form kleiner punktförmiger Flecken auf, bei anderen dagegen sind chronisch gut handtellergroße Areale befallen, oft begleitet von Juckreiz. Bei fünf bis zehn Prozent der Erkrankten greift Psoriasis sogar auf Finger- und Zehengelenke über und verursacht dort schmerzhafte, arthritische Entzündungen.
So divers wie der Grad der Ausprägung ist auch das den Patienten angebotene Behandlungsspektrum. Mal sind es Medikamente und Nahrungsergänzungsstoffe, dann Teerzubereitungen sowie Fett und Feuchtigkeit spendende Salben, noch ein andermal Lichtbestrahlung, Psychotherapie oder Behandlung mit elektrischem Strom: vieles soll helfen, die Symptome zu mildern oder den nächsten Schub hinauszuzögern. Der Erfolg hängt immer stark vom Lebenswandel, dem allgemeinen Gesundheitszustand und dem psychischen Befinden der Betroffenen ab. Insgesamt müssen die Ärzte leider eingestehen, dass die Hautkrankheit derzeit nicht heilbar ist.
Einig sind sich die forschenden Mediziner auch darin, dass die Neigung, an Psoriasis zu erkranken, erblich ist. Deshalb durchsuchten sie das Erbgut von stark betroffenen Familien auf mögliche Defekte und spürten nach und nach sechs besonders häufig mutierte Orte im Genom auf. An einer dieser Stellen ist ein Gen zu Hause, mit dem sich die Arbeitsgruppe des Wiener Molekularpathologen Erwin Wagner beschäftigt.
Dieses Gen trägt die Baueinleitung für JunB, ein Protein, das Wagner auf Grund seiner Rolle bei Entwicklungsvorgängen und dem Schutz der Zelle vor krebsartigen Veränderungen untersucht. Die Verbindung zu Psoriasis tauchte ganz plötzlich auf, als er das dem Gen für JunB entsprechende Gen – sowie das fast identische c-Jun – bei seinen Labormäusen ausschaltete.
Nach einer guten Woche begann sich bei den Mäusen die nackte Haut an Ohren, Schwanz und Pfoten schuppenartig zu verändern. Immer mehr glichen Hautpartien dem Erscheinungsbild der menschlichen Psoriasis. Doch damit nicht genug. Bei fast allen Tieren kamen dann auch noch Entzündungen der Gelenke hinzu. Wagner schließt aus den Beobachtungen, dass mit den JunB-defekten Mäusen zum ersten Mal ein Tiermodell für Psoriasis vorliegt.
Aber was machen JunB und c-Jun? Normalerweise verquicken sie sich jeweils mit dem ganz ähnlichen Eiweißen AP1 zu einem so genannten Transkriptionsfaktor. Dieser steuert wiederum das Ablesen einer ganzen Reihe anderer Gene, die der Zelle letztlich befehlen, sich nur langsam zu teilen. Bleibt – bei ausgeschaltetem JunB – das Kommando aus, vermehren sich die Zellen umso rascher.
Genau das passiert auch in der menschlichen Oberhaut bei Psoriasis-Schüben. Dort wachsen und sterben die Keratinozyten – die verhornten Zellen der äußeren Hautschicht – in viel höherem Tempo als normal. Und zwar so schnell, dass sich an den Stellen mit Schuppenflechte die Haut nicht binnen Wochen, sondern innerhalb von einigen Tagen erneuert. Daher die vielen abgestorbenen Hautschuppen.
Und die Entzündungen und die Rolle des Immunsystems? Wagner führt sie auf so genannte Zytokine zurück. Diese kleinen, von Zellen ausgeschütteten Eiweiße animieren auch Nachbarzellen zur Zellteilung. Wie Wagner zeigen konnte, nehmen diese Moleküle überhand, wenn JunB nicht mehr auf der Wachstumsbremse steht. Auch Immunzellen und wachsende Blutgefäße lassen sich von den Signalverbindungen in die Oberhaut locken, wo sie eigentlich nichts zu suchen haben.
Alles klar wird mit der Entdeckung der prominenten Rolle von JunB in der Haut sicher nicht. Auch eine neue Therapie kommt noch nicht in Sicht. Aber die Tatsache, dass Mediziner durch Ausschalten von bloß zwei Genen beim Tier ein der Psoriasis sehr ähnliches Syndrom auslösen können, lässt hoffen, dass sich das Rätsel um die Krankheit mit den nächsten paar Tausend Forschungsarbeiten doch noch lichtet.
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