Mesoamerika: Asche aus dem Wolkenland
Sie galt im mittelalterlichen Mexiko als Privileg, das nur Fürsten und Königen vorbehalten war. Doch zwei Gräber zeigen jetzt, dass die Feuerbestattung in Mittelamerika auf eine mindestens 3000-jährige Tradition zurückblicken kann.
Als die spanischen Eroberer unter Hernán Cortés im Jahr 1519 im heutigen Mexiko wüteten und binnen zwei Jahren die Hochkultur der Azteken vernichteten, fanden sie auch in der einheimischen Bevölkerung Unterstützer, die sich ihrerseits eine Befreiung vom aztekischen Joch durch die fremden Eindringlinge erhofften. In der Tat hatten sich die Azteken im Laufe mehrerer Jahrhunderte zu den Herrschern Mittelamerikas aufgeschwungen und dabei etliche Völker unterworfen.
Eines davon war das "Volk aus dem Wolkenland", wie die aztekischen Eroberer die im 15. Jahrhundert bezwungenen Mixteken nannten. Deren Hochkultur im heutigen mexikanischen Bundesstaat Oaxaca lässt sich nach eigenen schriftlichen Quellen bis ins 7. Jahrhundert zurückverfolgen; ihre Blüte erlebte sie zu der Zeit, die in Europa als Mittelalter bekannt ist.
Hierarchien im Wolkenland
Nach und nach entstanden dann hierarchische Strukturen. Aus Priesterkasten bildeten sich Adelsgeschlechter, die gegenüber dem einfachen Volk zahlreiche Privilegien genossen und ihre Macht an ihre Nachkommen vererbten. Auch über ihren Tod hinaus beanspruchten sie eine herrschaftliche Behandlung: Wie der Codex Nuttall – eine mixtekische Bilderhandschrift, welche die amerikanische Archäologin Zelia Nutall (1857-1933) in einer Privatbibliothek aufgespürt hat – eindrücklich zeigt, genoss die High Society der Mixteken ein außergewöhnliches Privileg: Ihre Leichen wurden verbrannt.
Spektakulär ist für die Archäologen das Alter – die Gräber stammen aus dem elften vorchristlichen Jahrhundert – sowie die verkohlten Überreste der Knochen: Offensichtlich wurden die Leichen unmittelbar nach dem Tod im Grab verbrannt.
Keine Kannibalen
Duncan und seine Kollegen sind sich sicher, mit den 3000 Jahre alten Gräber den ältesten Beleg einer Feuerbestattung in Mittelamerika gefunden zu haben. Zwar kennen Archäologen verbrannte menschliche Überreste, die bis zu 6000 Jahre alt sind; dabei handelt es sich jedoch sehr wahrscheinlich um Opfer von Kannibalen. Auch die Mixteken pflegten mitunter diesen Brauch, indem sie ihre Gefangenen rösteten und anschließend verspeisten.
Die Verstorbenen sollten auch nach ihrem Tod nicht darben. Zusammen mit ihnen wurden kulinarische Kostbarkeiten verbrannt wie Fisch – im mexikanischen Hochland eine Seltenheit – und Hund. Die Schnittspuren an den sterblichen Überresten zeugen davon, dass die Vierbeiner als Delikatesse einst heiß begehrt waren.
Demnach scheint die Sitte der Feuerbestattung in Mittelamerika deutlich älter zu sein als bislang vermutet. Diese Tradition sollte erst mit den spanischen Konquistatoren verschwinden, die ihre Ansicht von christlicher Nächstenliebe mit Feuer und Schwert in der Neuen Welt verbreiteten.
Eines davon war das "Volk aus dem Wolkenland", wie die aztekischen Eroberer die im 15. Jahrhundert bezwungenen Mixteken nannten. Deren Hochkultur im heutigen mexikanischen Bundesstaat Oaxaca lässt sich nach eigenen schriftlichen Quellen bis ins 7. Jahrhundert zurückverfolgen; ihre Blüte erlebte sie zu der Zeit, die in Europa als Mittelalter bekannt ist.
Ihre Wurzeln liegen jedoch deutlich weiter zurück. 4000 Jahre alte Funde zeugen von einer Gesellschaft, in der zunächst Gleiche unter Gleichen herrschten: Alle Mitglieder einer Sippe – zumindest die männlichen – durften an religiösen Riten teilnehmen oder sie selbst ausführen.
Hierarchien im Wolkenland
Nach und nach entstanden dann hierarchische Strukturen. Aus Priesterkasten bildeten sich Adelsgeschlechter, die gegenüber dem einfachen Volk zahlreiche Privilegien genossen und ihre Macht an ihre Nachkommen vererbten. Auch über ihren Tod hinaus beanspruchten sie eine herrschaftliche Behandlung: Wie der Codex Nuttall – eine mixtekische Bilderhandschrift, welche die amerikanische Archäologin Zelia Nutall (1857-1933) in einer Privatbibliothek aufgespürt hat – eindrücklich zeigt, genoss die High Society der Mixteken ein außergewöhnliches Privileg: Ihre Leichen wurden verbrannt.
Doch diese Bestattungspraxis, die den mixtekischen Königen sowie den späteren aztekischen Herrschern vorbehalten war, könnte auf zum damaligen Zeitpunkt eine zweitausendjährige Tradition zurückblicken. Denn an der Ausgrabungsstelle Tayata in Oaxaca stießen Archäologen um William Duncan vom St. John Fisher College in Rochester auf zwei Gräber, die von einer ungewöhnlichen Bestattung zeugen.
Im ersten Grab lag das nahezu vollständige Skelett einer 18- bis 25-jährigen Frau. Ihre Bauchlage deutet nach Ansicht der Forscher auf eine hohe gesellschaftliche Stellung hin. Das zweite Grab war stark zerstört; die wenigen Knochen belegen aber, das hier eine Person zwischen 15 und 25 Jahren ihre letzte Ruhe gefunden hat. Vermutlich wurde sie in der ebenfalls einer privilegierten Schicht vorbehaltenen Hockstellung begraben.
Spektakulär ist für die Archäologen das Alter – die Gräber stammen aus dem elften vorchristlichen Jahrhundert – sowie die verkohlten Überreste der Knochen: Offensichtlich wurden die Leichen unmittelbar nach dem Tod im Grab verbrannt.
Keine Kannibalen
Duncan und seine Kollegen sind sich sicher, mit den 3000 Jahre alten Gräber den ältesten Beleg einer Feuerbestattung in Mittelamerika gefunden zu haben. Zwar kennen Archäologen verbrannte menschliche Überreste, die bis zu 6000 Jahre alt sind; dabei handelt es sich jedoch sehr wahrscheinlich um Opfer von Kannibalen. Auch die Mixteken pflegten mitunter diesen Brauch, indem sie ihre Gefangenen rösteten und anschließend verspeisten.
Die Toten von Tayata teilten vermutlich dieses unrühmliche Schicksal nicht, wie die Forscher vor allem aus den Hand- und Fußknochen schließen, die offensichtlich nicht gefesselt waren. Für die noble Herkunft der Leichen sprechen auch Funde aus einem nahe liegenden Haus: Hier waren die Archäologen auf verbrannte Tonfigürchen gestoßen.
Die Verstorbenen sollten auch nach ihrem Tod nicht darben. Zusammen mit ihnen wurden kulinarische Kostbarkeiten verbrannt wie Fisch – im mexikanischen Hochland eine Seltenheit – und Hund. Die Schnittspuren an den sterblichen Überresten zeugen davon, dass die Vierbeiner als Delikatesse einst heiß begehrt waren.
Demnach scheint die Sitte der Feuerbestattung in Mittelamerika deutlich älter zu sein als bislang vermutet. Diese Tradition sollte erst mit den spanischen Konquistatoren verschwinden, die ihre Ansicht von christlicher Nächstenliebe mit Feuer und Schwert in der Neuen Welt verbreiteten.
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