News: Begabte Schwaben
Immer neue Funde belegen, zu welch hohen künstlerischen Leistungen bereits die Menschen aus der Altsteinzeit in der Lage waren. Auch die kürzlich auf der Schwäbischen Alb entdeckten Elfenbeinskulpturen gehören zu den ältesten Kunstwerken der Menschheit.
Die Entdeckung kam zur Unzeit. Am 25. August klaubte Otto Völzing, seines Zeichens Urgeschichtsforscher an der Universität Tübingen, in der Stadel-Höhle am Hohlenstein auf der Mittleren Schwäbischen Alb über 200 Elfenbeinsplitter zusammen. Es war jedoch der 25. August 1939; der Zweite Weltkrieg stand unmittelbar bevor, die Grabungen mussten abgebrochen werden.
30 Jahre lagen die Splitter unbeachtet im Magazin des Ulmer Museums, bis sie Joachim Hahn bei Inventarisierungsarbeiten zum zweiten Mal entdeckte. Als der Tübinger Archäologe begann, die Einzelteile in mühsamer Fleißarbeit zusammenzukleben, war ihm vermutlich noch nicht bewusst, dass er eine archäologische Sensation in den Händen hielt. Doch nach und nach formte sich eine aufrecht stehende, knapp 30 Zentimeter hohe Gestalt mit tierischen und menschlichen Zügen, deren Datierung das erstaunliche Alter von etwa 30 000 Jahren ergab. Heute gilt der Löwenmensch, der 1988 komplett restauriert wurde, als eines der ältesten figürlichen Kunstwerke der Menschheit.
Vor allem mit seiner meisterhaften Verarbeitung rüttelte das Fabelwesen an der Vorstellung, dass der Mensch erst allmählich zu hochwertiger Kunst in der Lage war. Schließlich waren die berühmten Höhlenmalereien von Lascaux – die ebenfalls ein erstaunliches, selbst Pablo Picasso tief beeindruckendes künstlerisches Niveau aufweisen – mit "nur" 17 000 Jahren deutlich jünger. Doch 1994 entdeckte Jean-Marie Chauvet in der Ardèche die inzwischen nach ihm benannte Höhle mit Malereien, die steinzeitliche Künstler vor etwa 30 000 Jahren erschaffen hatten und damit wie der Löwenmensch aus dem Aurignacien stammen, wie das Zeitalter aus dem frühen Jungpaläolithikum genannt wird.
Derartige Kunstwerke können nicht isoliert entstanden sein. In der Tat erwiesen sich die Höhlen der Schwäbischen Alb mit der Zeit als wahre Fundgruben für steinzeitliche Kunstwerke. Auch der Hohle Fels, eine 1830 entdeckte Höhle im Tal der Ach, 20 Kilometer südwestlich von Ulm, gab immer mehr seiner Geheimnisse preis – zunächst durch Funde aus dem Magdalénien, also dem Ende des Jungpaläolithikums, bis die Archäologen um Nicholas Conard von der Universität Tübingen 1999 auf die älteren Schichten des Aurignacien stießen.
Drei aus dieser Schicht stammende Skulpturen, die Conard jetzt vorstellt, gehören offensichtlich zum Kontext des Löwenmenschen: ein Pferdekopf, ein Wasservogel und – quasi als kleiner Bruder – ein weiterer Löwenmensch. Die Figürchen sind ebenfalls aus Mammutelfenbein geschnitzt, mindestens 30 000 Jahre alt, allerdings wesentlich kleiner als das große Vorbild. Der bereits 1999 gefundene Pferdekopf ist wie der Wasservogel knapp fünf Zentimeter lang, der kleine Löwenmensch bringt es auf noch nicht einmal drei Zentimeter.
Damit sind jetzt mehr als 20 steinzeitliche Elfenbeinschnitzereien von der Schwäbischen Alb bekannt und bezeugen ein hier einst blühendes Kunsthandwerk. Was die damaligen Menschen mit ihrer Kunst ausdrücken wollten, bleibt spekulativ. Fiel zunächst die Bevorzugung kraftvoller, gefährlicher Tiere, wie Löwe, Mammut oder Bär, ins Auge, passt der Wasservogel, vielleicht eine Ente oder ein Kormoran, nicht in dieses Bild.
Auch die Frage, wie das hohe künstlerische Niveau schlagartig aus dem Nichts hier auftauchte, bleibt rätselhaft. Conard vermutet, dass die Menschen über das Donautal nach Schwaben einwanderten, als sich das Klima nach einer kalten, trockenen Periode langsam besserte. Vermutlich stießen sie auf einen menschenleeren Raum und konnten hier ihre einzigartige Kunst entfalten.
30 Jahre lagen die Splitter unbeachtet im Magazin des Ulmer Museums, bis sie Joachim Hahn bei Inventarisierungsarbeiten zum zweiten Mal entdeckte. Als der Tübinger Archäologe begann, die Einzelteile in mühsamer Fleißarbeit zusammenzukleben, war ihm vermutlich noch nicht bewusst, dass er eine archäologische Sensation in den Händen hielt. Doch nach und nach formte sich eine aufrecht stehende, knapp 30 Zentimeter hohe Gestalt mit tierischen und menschlichen Zügen, deren Datierung das erstaunliche Alter von etwa 30 000 Jahren ergab. Heute gilt der Löwenmensch, der 1988 komplett restauriert wurde, als eines der ältesten figürlichen Kunstwerke der Menschheit.
Vor allem mit seiner meisterhaften Verarbeitung rüttelte das Fabelwesen an der Vorstellung, dass der Mensch erst allmählich zu hochwertiger Kunst in der Lage war. Schließlich waren die berühmten Höhlenmalereien von Lascaux – die ebenfalls ein erstaunliches, selbst Pablo Picasso tief beeindruckendes künstlerisches Niveau aufweisen – mit "nur" 17 000 Jahren deutlich jünger. Doch 1994 entdeckte Jean-Marie Chauvet in der Ardèche die inzwischen nach ihm benannte Höhle mit Malereien, die steinzeitliche Künstler vor etwa 30 000 Jahren erschaffen hatten und damit wie der Löwenmensch aus dem Aurignacien stammen, wie das Zeitalter aus dem frühen Jungpaläolithikum genannt wird.
Derartige Kunstwerke können nicht isoliert entstanden sein. In der Tat erwiesen sich die Höhlen der Schwäbischen Alb mit der Zeit als wahre Fundgruben für steinzeitliche Kunstwerke. Auch der Hohle Fels, eine 1830 entdeckte Höhle im Tal der Ach, 20 Kilometer südwestlich von Ulm, gab immer mehr seiner Geheimnisse preis – zunächst durch Funde aus dem Magdalénien, also dem Ende des Jungpaläolithikums, bis die Archäologen um Nicholas Conard von der Universität Tübingen 1999 auf die älteren Schichten des Aurignacien stießen.
Drei aus dieser Schicht stammende Skulpturen, die Conard jetzt vorstellt, gehören offensichtlich zum Kontext des Löwenmenschen: ein Pferdekopf, ein Wasservogel und – quasi als kleiner Bruder – ein weiterer Löwenmensch. Die Figürchen sind ebenfalls aus Mammutelfenbein geschnitzt, mindestens 30 000 Jahre alt, allerdings wesentlich kleiner als das große Vorbild. Der bereits 1999 gefundene Pferdekopf ist wie der Wasservogel knapp fünf Zentimeter lang, der kleine Löwenmensch bringt es auf noch nicht einmal drei Zentimeter.
Damit sind jetzt mehr als 20 steinzeitliche Elfenbeinschnitzereien von der Schwäbischen Alb bekannt und bezeugen ein hier einst blühendes Kunsthandwerk. Was die damaligen Menschen mit ihrer Kunst ausdrücken wollten, bleibt spekulativ. Fiel zunächst die Bevorzugung kraftvoller, gefährlicher Tiere, wie Löwe, Mammut oder Bär, ins Auge, passt der Wasservogel, vielleicht eine Ente oder ein Kormoran, nicht in dieses Bild.
Auch die Frage, wie das hohe künstlerische Niveau schlagartig aus dem Nichts hier auftauchte, bleibt rätselhaft. Conard vermutet, dass die Menschen über das Donautal nach Schwaben einwanderten, als sich das Klima nach einer kalten, trockenen Periode langsam besserte. Vermutlich stießen sie auf einen menschenleeren Raum und konnten hier ihre einzigartige Kunst entfalten.
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