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Frauengesundheit: Biosensor misst Fruchtbarkeitshormone im Schweiß

Viele Frauen nutzen Ovulationstests, um ihre fruchtbaren Tage zu bestimmen. Doch die sind oft ungenau. Ein neu entwickeltes, ringförmiges Gerät misst spezielle Biomarker im Schweiß.
Ein ringfömiges Gadget zur Bestimmung der fruchtbaren Tage
Mit diesem ringförmigen Biosensor lassen sich im Schweiß spezielle Biomarker bestimmen, die auf die fruchtbaren Tage einer Frau schließen lassen.

Ein Forschungsteam vom California Institute of Technology in Pasadena hat einen tragbaren, ringförmigen Biosensor zur Überwachung des Hormons Östradiol im menschlichen Schweiß entwickelt. Damit lässt sich etwa die weibliche Fruchtbarkeit in Echtzeit ermitteln, ohne dass Blut abgenommen und im Labor analysiert werden muss. Der Einwegsensor, der in einer im Fachmagazin »Nature Nanotechnology« veröffentlichten Studie beschrieben wird, kombiniert Mikrofluidik und eine neuartige Elektrodentechnologie, um den Hormonspiegel zu messen.

»Der Sensor leistet hervorragende Arbeit«, sagt Madhu Bhaskaran, eine Ingenieurin, die zwar nicht an der Studie beteiligt war, aber am Royal Melbourne Institute of Technology in Australien ebenfalls Sensoren und tragbare Technologien für die Gesundheitsversorgung entwickelt. »Die Tatsache, dass dieses Hormon nichtinvasiv über den Schweiß gemessen werden kann, ist aufregend.« Es sei eine große Herausforderung, ein Diagnose-Tool zu entwickeln, das lange haltbar und dazu noch empfindlich genug ist, um zu Hause verwendet werden zu können.

Bisher mussten Menschen, die ihren Hormonspiegel überwachen lassen wollten, zur Blutabnahme in eine Klinik gehen oder zu Hause genommene Proben an ein Labor schicken. Das ist zeitaufwändig und lästig. Zwar existieren auch Heimtests, in denen Urin verwendet wird – die sind allerdings deutlich weniger präzise. Die Forschung interessiert sich daher zunehmend für andere Körperflüssigkeiten und die darin enthaltenen Gesundheitsinformationen.

»Wir wissen zum Beispiel, dass es klinisch relevante Biomarker in unserem Schweiß gibt, allerdings in extrem niedrigen Konzentrationen«, sagt Wei Gao, ein biomedizinischer Ingenieur am California Institute of Technology in Pasadena und Mitautor der Studie. Bislang seien noch keine Sensoren oder tragbare Geräte entwickelt worden, die speziell auf Fortpflanzungshormone im Schweiß abzielen. Östradiol, das im Mittelpunkt der aktuellen Arbeit steht, spiele eine Schlüsselrolle bei der Fruchtbarkeit und der Gesundheit von Frauen – Forschungsbereiche, die nach wie vor deutlich unterfinanziert sind, obwohl es eine »starke Nachfrage nach Technologien gibt, die mehr Informationen über den Menstruations- und Fruchtbarkeitsstatus liefern«, sagt Gao.

Chemische Antikörper

Während die meisten Biosensoren Antikörper oder spezielle Enzyme verwenden, um Proteine aufzuspüren, stützt sich Gaos System auf Aptamere. Das sind kurze, einsträngige DNA- oder RNA-Stücke, die sich so falten lassen, dass sie an kleine Moleküle oder Toxine binden. Obwohl Aptamere manchmal als chemische Antikörper bezeichnet werden, sind sie viel kleiner und lassen sich auch rein synthetisch herstellen statt mit Hilfe lebender Organismen. In der Vergangenheit wurden bereits Aptamere entwickelt, die Kortisol, Serotonin, Koffein und sogar einige Krebsarten erkennen.

Für die Herstellung des Östradiol-Sensors hat die Forschungsgruppe zwei Materialschichten entwickelt, die im Tandem zusammenarbeiten – eine ist mit Aptameren beschichtet, die Östradiol erkennen, die andere ist mit einem speziellen Material namens MXene überzogen, das schwache elektrische Signale verstärkt. Die Aptamere sind mit einzelsträngiger DNA beladen, die mit dem Farbstoff Methylenblau markiert wurde und als elektrochemische Sonde dient.

Wenn der Biosensor auf den Finger gesetzt wird, erzeugt er einen kleinen Strom, der die Schweißproduktion ankurbelt. Anschließend saugt er die Flüssigkeit in ein winziges Reservoir. Wenn der Schweiß die Kammer gefüllt hat, tauschen die Aptamere die blau markierten DNA-Stränge gegen das im Schweiß vorhandene Östradiol aus. Die DNA-Stränge können sich dann frei zwischen den Schichten bewegen und an die Elektrode binden, wo die jeweilige Farbkonzentration in einen Messwert umgewandelt wird.

In Experimenten mit künstlichem Schweiß konnte der Sensor das Hormon Östradiol in nur zehn Minuten nachweisen, und zwar in femtomolaren Mengen (ein Femtomol ist der billiardste Teil eines Mols, eine gebräuchliche Mengenangabe bei (bio)chemischen Reaktionen). Zudem enthält der Ring Sensoren, die die Hauttemperatur, den pH-Wert und die Salzkonzentration des Schweißes messen, so dass er die Hormonmessungen in Echtzeit kalibrieren und auf einem Mobiltelefon anzeigen kann.

Starke Korrelation von Blut- und Schweißwerten

Gao und seine Kollegen testeten die Leistung des Sensors an synthetischem Schweiß, bevor sie ihn testweise fünf Frauen gaben, die damit ihre Menstruationszyklen verfolgen sollten. Bei zwei der Frauen wurden gleichzeitig Bluttests durchgeführt, um die Ergebnisse mit denen des Schweißes zu vergleichen. Die Forscher fanden heraus, dass die Östradiolwerte in Blut und Schweiß zeitgleich ansteigen und abfallen und beide dem erwarteten Muster entsprechen: Das Hormon steigt typischerweise zu Beginn eines Zyklus an und erreicht seinen Höhepunkt kurz vor dem Eisprung. Ein kleinerer, sekundärer Anstieg erfolgt nach der Freisetzung einer Eizelle.

»Die Korrelation, die die Forscher zwischen Blutserum und Schweiß gefunden haben, ist wirklich viel versprechend«, sagt Bhaskaran. Sie merkt jedoch an, dass die Stichprobengröße sehr klein gewesen sei. Daher müsse in künftigen Tests sichergestellt werden, dass die Technologie »auch unter verschiedenen Bedingungen im menschlichen Körper aussagekräftig bleibt«.

Das Team hat den Ring vorrangig entwickelt, um den weiblichen Menstruationszyklus zu verfolgen. Allerdings ist Östradiol ebenso an der Regulierung der Libido, der männlichen Erektionsfähigkeit und der Spermienbildung beteiligt. Der Sensor sei daher auch für Menschen nützlich, die sich einer Hormontherapie unterziehen, sagt Gao. Längerfristiges Ziel der Forschungsgruppe sei es zudem, Sensoren zu entwickeln, die mehrere Hormone gleichzeitig überwachen können. Pläne, derartige Biosensoren industriell herzustellen und zu vermarkten, existieren bereits. Der Markt jedenfalls ist unzweifelhaft da.

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