Tempelstadt: Das "Angkor Sumatras"
Nur langsam lösen sich die Tempel von Candi Muara Jambi von der Umklammerung des Dschungels. Unser Autor Michael Lenz stattete der gewaltigen buddhistischen Anlage einen Besuch ab.
Am Candi Kedaton geht es geschäftig zu. Wände werden abgerissen, Ziegelsteine nummeriert und zu Stapeln aufgeschichtet. Blaue Plastikplanen schützen die Arbeiter vor der heißen Sonne. "Wir müssen zunächst das Fundament des Tempels stabilisieren. Dann bauen wir die Wände wieder auf und rekonstruieren den Tempel", erklärt Agus Widiatmoko, Chefarchäologe der indonesischen Provinz Jambi. Es ist noch nicht lange her, dass der Candi, so das indonesische Wort für Tempel, im dichten Dschungel verborgen war.
Als "Angkor Sumatras" bezeichnen manche die Tempel. Die Hoffnung ist, dass Candi Muara Jambi, wie die größte archäologische Anlage Sumatras bei der Bevölkerung heißt, demnächst von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wird.
Der Tempeltourismus steckt noch in den Anfängen
Vom modernen Jambi-Stadt sind es etwa 22 Kilometer bis zu den Tempeln. Nicht zuletzt dank einiger Hotels mit internationalem Standard und seines Flughafens ist die an sich eher reizlose Arbeiterstadt der perfekte Ausgangspunkt zu einigen der beliebtesten Sehenswürdigkeiten Sumatras. Der Tempeltourismus hingegen steckt noch in den Anfängen. Hauptsächlich lebt man hier vom Hafen am Batanghari, von den Ölvorkommen und Gummiplantagen und von den vielen Papiermühlen. Seit Jahren holzen Konzerne wie "Asia Pulp and Paper" dafür den Regenwald ab – legal und oft auch illegal –, um Platz zu schaffen für die gigantischen Eukalyptus- und Akazienplantagen.
Dort angekommen, bieten sich den Besuchern Einheimische als Führer an. Für ein paar indonesische Rupien gibt es Geschichten, die zwar historisch nicht immer ganz korrekt sein mögen, aber ihren Ursprung in Mythen und Legenden der Dörfler haben.
Machtfaktor unter Fremdherrschaft
Vieles, was die Historiker heute über die Frühzeit Jambis wissen, geht auf die Reiseberichte des chinesischen Mönchs Yi Jing zurück. Seinen Aufzeichnungen zufolge war Jambi Sitz des unabhängigen Königreichs Melayu und ein Zentrum für buddhistische Studien. Als der Mönch Ende des 7. Jahrhunderts zum zweiten Mal das heutige Sumatra bereiste, sei es jedoch bereits vom rivalisierenden Nachbarn Srivijaya erobert und besetzt gewesen. Dank seiner reichen Goldminen, die von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung für Srivijaya waren, blieb das Zentrum dennoch ein autonomer Machtfaktor. Jambis Gold könnte gar der Ursprung für Sumatras alten Sanskritnamen sein: Suvarnadvipa, die Goldinsel.
Die Macht der Eroberer erstreckte sich auf ihrem Höhepunkt über die Nachbarinsel Java und die malaiische Halbinsel bis zu den Philippinen. In seiner Frühzeit hatte Srivijaya gar erheblichen Einfluss auf das heutige Kambodscha. Erst König Jayavarman II., der Begründer des Khmerrreichs mit Angkor als seinem Mittelpunkt, kappte die Verbindung.
Schmelztiegel multikultureller Einflüsse
Fortan trafen hier Händler aus Indien, arabische Seefahrer, Kaufleute aus China mit den Bugis aus Sulawesi und mit Jambis Urbevölkerung zusammen. Was die Archäologen heute aus dem Boden um Candi Muara Jambi holen, zeugt noch immer davon: Münzen aus China, ein riesiger Bronzekessel aus Vietnam, Porzellanscherben aus dem thailändischen Sawankhalok. In dem kleinen Museum auf dem Gelände der restaurierten Candi Gumpung und Candi Tinggi werden sie heute ausgestellt.
Trotz dieser Funde aber ist das Wissen über die Geschichte der Tempel noch sehr lückenhaft. "Wir kennen nicht einmal ihre richtigen Namen", sagt Agus Widiatmoko und deutet dann auf einen quadratischen Sandsteinblock mit eingemeißelten Ornamenten an den Seiten. "Oder nehmen Sie diese Blöcke hier: Wir haben keine Ahnung, welchem Zweck sie dienten. Vielleicht waren sie Podeste für Buddhastatuen. Sie sind mit Sicherheit importiert worden. Denn Sandstein gibt es hier keinen." Sollte es je gezeichnete Baupläne gegeben haben, sind sie jedenfalls nicht erhalten.
1000 Jahre Tradition
Eines aber ist ganz sicher: Auf der obersten Plattform der pyramidenartigen Heiligtümer stand der eigentliche Tempel, vermutlich das Allerheiligste, und das war aus Holz. Das schließen die Jambiforscher aus Steinen mit quadratischen Vertiefungen, die auf den Plattformen gefunden wurden. "Darin steckten die Pfosten der Holzstruktur", sagt Widiatmoko.
Anders als auf Java gibt es im Jambi-Batik fast keine Tiermotive. "Wir haben lieber Blumen und Früchte wie Durian oder Ananas als Motive", sagt Azmiah Edy Sunarto. Sie ist davon überzeugt, dass viele der gut 80 für Jambi typischen Batikdesigns so alt sind wie die Tempel, weitergegeben von Generation zu Generation seit den Tagen des Königreichs Melayu.
Candi Kedaton gehört zu einem buddhistischen Tempelkomplex an der Ostküste Sumatras, der sich über siebeneinhalb Kilometer den Batanghari River entlangzieht. Künstliche Kanäle, einst aus rituellen, aber auch ganz praktischen Gründen angelegt, verbinden die 2062 Hektar große Anlage mit dem Fluss. Mindestens 82 Tempel sind bekannt, nur sieben davon konnten indonesische Archäologen bisher rekonstruieren. "Die Arbeiten hier werden ausschließlich von der indonesischen Regierung finanziert. Internationale Unterstützung erhalten wir keine", sagt Widiatmoko.
Als "Angkor Sumatras" bezeichnen manche die Tempel. Die Hoffnung ist, dass Candi Muara Jambi, wie die größte archäologische Anlage Sumatras bei der Bevölkerung heißt, demnächst von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wird.
Der Tempeltourismus steckt noch in den Anfängen
Vom modernen Jambi-Stadt sind es etwa 22 Kilometer bis zu den Tempeln. Nicht zuletzt dank einiger Hotels mit internationalem Standard und seines Flughafens ist die an sich eher reizlose Arbeiterstadt der perfekte Ausgangspunkt zu einigen der beliebtesten Sehenswürdigkeiten Sumatras. Der Tempeltourismus hingegen steckt noch in den Anfängen. Hauptsächlich lebt man hier vom Hafen am Batanghari, von den Ölvorkommen und Gummiplantagen und von den vielen Papiermühlen. Seit Jahren holzen Konzerne wie "Asia Pulp and Paper" dafür den Regenwald ab – legal und oft auch illegal –, um Platz zu schaffen für die gigantischen Eukalyptus- und Akazienplantagen.
Zu den Tempeln gelangt man am entspanntesten in anderthalb Stunden mit dem Boot auf dem Batanghari. Schneller geht es natürlich mit dem Auto, vorbei an schläfrigen Dörfern, Reisfeldern und üppigen Obstplantagen, in denen Mangos, Durians und Duku wachsen.
Dort angekommen, bieten sich den Besuchern Einheimische als Führer an. Für ein paar indonesische Rupien gibt es Geschichten, die zwar historisch nicht immer ganz korrekt sein mögen, aber ihren Ursprung in Mythen und Legenden der Dörfler haben.
Als sich in Sumatra ab dem 14. Jahrhundert der Islam zu verbreiten begann, verloren die Tempel zwar ihre religiöse Bedeutung, als Zeugnisse einer lange zurückreichenden Kultur und Tradition sind sie aber noch immer der ganze Stolz der Einheimischen.
Machtfaktor unter Fremdherrschaft
Vieles, was die Historiker heute über die Frühzeit Jambis wissen, geht auf die Reiseberichte des chinesischen Mönchs Yi Jing zurück. Seinen Aufzeichnungen zufolge war Jambi Sitz des unabhängigen Königreichs Melayu und ein Zentrum für buddhistische Studien. Als der Mönch Ende des 7. Jahrhunderts zum zweiten Mal das heutige Sumatra bereiste, sei es jedoch bereits vom rivalisierenden Nachbarn Srivijaya erobert und besetzt gewesen. Dank seiner reichen Goldminen, die von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung für Srivijaya waren, blieb das Zentrum dennoch ein autonomer Machtfaktor. Jambis Gold könnte gar der Ursprung für Sumatras alten Sanskritnamen sein: Suvarnadvipa, die Goldinsel.
Die Macht der Eroberer erstreckte sich auf ihrem Höhepunkt über die Nachbarinsel Java und die malaiische Halbinsel bis zu den Philippinen. In seiner Frühzeit hatte Srivijaya gar erheblichen Einfluss auf das heutige Kambodscha. Erst König Jayavarman II., der Begründer des Khmerrreichs mit Angkor als seinem Mittelpunkt, kappte die Verbindung.
Die Grundlage des Aufstiegs von Srivijaya und Jambi zur regionalen Macht war die strategisch günstige Lage zwischen der Javasee, dem Südchinesischen Meer und der Seestraße von Malakka. Damit kontrollierte Jambi den Engpass des maritimen Ost-West-Handels, war also das Singapur seiner Zeit. Als im 11. Jahrhundert Srivijaya zunehmend durch Kriege mit den Königen des südindischen Chola und mehr noch mit den mächtigen javanesischen Königreichen geschwächt wurde, stieg Jambi sogar zur Hauptstadt auf und konnte so an die frühere Größe des Melayu-Königreichs anknüpfen.
Schmelztiegel multikultureller Einflüsse
Fortan trafen hier Händler aus Indien, arabische Seefahrer, Kaufleute aus China mit den Bugis aus Sulawesi und mit Jambis Urbevölkerung zusammen. Was die Archäologen heute aus dem Boden um Candi Muara Jambi holen, zeugt noch immer davon: Münzen aus China, ein riesiger Bronzekessel aus Vietnam, Porzellanscherben aus dem thailändischen Sawankhalok. In dem kleinen Museum auf dem Gelände der restaurierten Candi Gumpung und Candi Tinggi werden sie heute ausgestellt.
Trotz dieser Funde aber ist das Wissen über die Geschichte der Tempel noch sehr lückenhaft. "Wir kennen nicht einmal ihre richtigen Namen", sagt Agus Widiatmoko und deutet dann auf einen quadratischen Sandsteinblock mit eingemeißelten Ornamenten an den Seiten. "Oder nehmen Sie diese Blöcke hier: Wir haben keine Ahnung, welchem Zweck sie dienten. Vielleicht waren sie Podeste für Buddhastatuen. Sie sind mit Sicherheit importiert worden. Denn Sandstein gibt es hier keinen." Sollte es je gezeichnete Baupläne gegeben haben, sind sie jedenfalls nicht erhalten.
Die Wände der Tempel zogen die Erbauer in einfacher Backsteinbauweise hoch, ohne die aufwändigen Verzierungen, wie man sie beispielsweise von den kambodschanischen Angkortempeln kennt. Aber in den Schutthügeln von Gebäuden, die einst um die Haupttempel standen, haben die Archäologen Steine mit kunstvollen Gravierungen gefunden. "Auf diesen Ziegelsteinen sind die ältesten grafischen Darstellungen der Architektur Sumatras zu sehen. Sie zeigen einen ortstypischen Stil, der die Vielfalt der kulturellen Einflüsse auf Jambi widerspiegelt", schreiben Widiatmoko und seine Forscherkollegen in einem Beitrag für das Fachmagazin "Asian Perspectives" [1].
1000 Jahre Tradition
Eines aber ist ganz sicher: Auf der obersten Plattform der pyramidenartigen Heiligtümer stand der eigentliche Tempel, vermutlich das Allerheiligste, und das war aus Holz. Das schließen die Jambiforscher aus Steinen mit quadratischen Vertiefungen, die auf den Plattformen gefunden wurden. "Darin steckten die Pfosten der Holzstruktur", sagt Widiatmoko.
Es ist Zeit zum Mittagessen. Und Widiatmoko kennt den perfekten Ort für unseren Lunch: Im Haus der Batikkünstlerin Azmiah Edy Sunarto in Jambi sitzen wir ganz traditionell auf dem Boden des Wohnzimmers, das gleichzeitig auch Restaurant wie Ausstellungs- und Verkaufsraum für farbenprächtige "Batik Tulis" ist. Auf einem solchen handgemalten Batiktuch werden uns Currys, Fisch, Fleischgerichte, verschiedene Gemüsegerichte, Früchte und Reis gereicht.
Anders als auf Java gibt es im Jambi-Batik fast keine Tiermotive. "Wir haben lieber Blumen und Früchte wie Durian oder Ananas als Motive", sagt Azmiah Edy Sunarto. Sie ist davon überzeugt, dass viele der gut 80 für Jambi typischen Batikdesigns so alt sind wie die Tempel, weitergegeben von Generation zu Generation seit den Tagen des Königreichs Melayu.
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