Artenschutz: Der Lazarus-Hummer
Das Überleben des bizarren Baumhummers hing am seidenen Faden: Ein einziger Busch sicherte seine Existenz. Nun soll das Insekt in seine alte Heimat zurückkehren.
Der Baumhummer ist ein zähes Tier: 80 Jahre überlebte er in einem unwirtlichen Exil – zurückgedrängt auf einen winzigen, kargen Felsen mitten im Meer und immer hart am Rand des Aussterbens. Nun hofft sein Retter, der Biologe David Priddel vom Department of Environment and Climate Change von New South Wales, dass eines der schwersten flugunfähigen Insekten der Erde in seine alte Heimat zurückkehrt: "Der Baumhummer soll bald wieder seinen angestammten Platz als Schwergewicht der einzigartigen Insektenwelt von Lord Howe Island einnehmen."
Erst 40 Jahre später tauchte wieder ein Hinweis auf den Baumhummer (Dryococelus australis) auf: Australische Kletterer brachten Überreste der Tiere von Ball's Pyramid mit. Die Felsnadel ragt mehr als 20 Kilometer von Lord Howe entfernt aus dem Ozean und ist nicht größer als ein Fußballplatz. Kein Forscher konnte sich erklären, wie die flügellosen Insekten über das offene Meer dorthin gelangt sein konnten und vor allem, wie sie auf dem kahlen Stein überlebten: Nur wenig war über die Ökologie der Insekten bekannt, außer dass sie im Regenwald leben, in den Baumkronen auf Nahrungssuche gehen und in Baumhöhlen ruhen – ein starker Kontrast zum blanken Fels von Ball's Pyramid, in den sich nur einige wenige Büsche krallten. Nachforschungen, die lebende Exemplare der Art aufspüren sollten, blieben durchweg erfolglos.
"Es war der einzige Ort, wo sie hier leben konnten. Ihr Bestand war vielleicht nie größer als 35 Individuen", sagt Priddel: "Die Baumhummer waren das wohl seltenste Insekt der Erde – und ihre Lage mehr als prekär." Jeder Sturm konnte die letzte Zuflucht ins Meer schwemmen. In der Nähe ihres Busches machte sich außerdem eine aggressive Schlingpflanze breit, die wohl erst kurz zuvor auf die Insel gelangt war und nun die letzte Heimat der Schrecken zu überwuchern drohte. Und noch dazu mangelte es an Männchen, denn die Biologen erblickten während ihrer Besuche nur Weibchen, so dass die Art sich vielleicht nur durch Parthogenese – jungfräuliche Fortpflanzung, bei der wiederum nur Weibchen entstehen – vermehren konnte. Immerhin: Ein Jahr später krabbelten Priddels Team dann doch zwei Männchen über den Weg.
Aber noch ist die Insel unsicher, da die Ratten weiter ihr Unwesen treiben- auch zum Leid der Menschen: Die Nagetiere fressen die Samen der Kentia-Palme, die als Zierpflanze viele Wohnzimmer schmückt und das wichtigste Exportgut der Insel ist. Nun reifen Pläne, Lord Howe mit Gift rattenfrei zu machen – spätestens 2012 soll es soweit sein. Bis dahin verbringen die ersten 20 zurückgekehrten Baumhummer ihr Leben vorerst weiter in einem Exil – hinter Glas.
Bis 1918 hauste die Art, die zu den Gespenstschrecken zählt und aussieht wie eine sechsbeinige Zigarre, zahlreich in den Wäldern der australischen Lord-Howe-Insel im Pazifik. Sie war so häufig, dass die Bewohner die Tiere als Köder zum Fischen verwendeten. Doch als nach der Havarie des Handelsschiffs "Makambo" Hausratten an Land schwammen, nahm das Drama seinen Lauf: Nur zwei Jahre später galt das Insekt als ausgerottet – aufgefressen von den Nagern, die gleichzeitig auch noch eine Reihe von Vogel- und Reptilienarten ins Jenseits beförderten.
Erst 40 Jahre später tauchte wieder ein Hinweis auf den Baumhummer (Dryococelus australis) auf: Australische Kletterer brachten Überreste der Tiere von Ball's Pyramid mit. Die Felsnadel ragt mehr als 20 Kilometer von Lord Howe entfernt aus dem Ozean und ist nicht größer als ein Fußballplatz. Kein Forscher konnte sich erklären, wie die flügellosen Insekten über das offene Meer dorthin gelangt sein konnten und vor allem, wie sie auf dem kahlen Stein überlebten: Nur wenig war über die Ökologie der Insekten bekannt, außer dass sie im Regenwald leben, in den Baumkronen auf Nahrungssuche gehen und in Baumhöhlen ruhen – ein starker Kontrast zum blanken Fels von Ball's Pyramid, in den sich nur einige wenige Büsche krallten. Nachforschungen, die lebende Exemplare der Art aufspüren sollten, blieben durchweg erfolglos.
Niemand glaubte daher an eine Wiederauferstehung der Art, bis Priddel und andere Wagemutige im Jahr 2001 doch noch eine letzte Expedition zu den steilen Klippen von Ball's Pyramid starteten – unter extremen Bedingungen: Boote können dort nicht richtig anlanden, weshalb die Männer springend übersetzen und dann rasch nach oben klettern mussten. Nach nächtelanger Suche – die Baumhummer werden erst im Dunkeln aktiv – gelang ihnen dann der Sensationsfund: Auf und unter einem der wenigen Büsche des gesamten Felsens entdeckten sie tatsächlich eine kleine Gruppe der bis zu 12 Zentimeter langen Insekten. Nirgendwo sonst auf Ball's Pyramid bemerkten die Forscher Kot, Fraßspuren oder gar weitere Exemplare der Baumhummer: Die Tiere besiedelten also nur einen winzigen Flecken Vegetation auf einer kleinen Insel.
"Es war der einzige Ort, wo sie hier leben konnten. Ihr Bestand war vielleicht nie größer als 35 Individuen", sagt Priddel: "Die Baumhummer waren das wohl seltenste Insekt der Erde – und ihre Lage mehr als prekär." Jeder Sturm konnte die letzte Zuflucht ins Meer schwemmen. In der Nähe ihres Busches machte sich außerdem eine aggressive Schlingpflanze breit, die wohl erst kurz zuvor auf die Insel gelangt war und nun die letzte Heimat der Schrecken zu überwuchern drohte. Und noch dazu mangelte es an Männchen, denn die Biologen erblickten während ihrer Besuche nur Weibchen, so dass die Art sich vielleicht nur durch Parthogenese – jungfräuliche Fortpflanzung, bei der wiederum nur Weibchen entstehen – vermehren konnte. Immerhin: Ein Jahr später krabbelten Priddels Team dann doch zwei Männchen über den Weg.
Dennoch musste ein Rettungsplan her, um das Überleben der Art zukünftig zu sichern, und 2003 durften die Forscher zwei Paare nach Australien zu fliegen, um sie zu züchten. "Heute leben 20 Mal mehr Baumhummer im Terrarium als in Freiheit: Allein im Zoo von Melbourne haben wir 550 Tiere und produzieren jedes Jahr mehrere tausend Eier", freut sich der Insektenspezialist Patrick Honan vom Zoo Melbourne: "Aber sie gehören nach Lord Howe und nicht in den Zoo."
Aber noch ist die Insel unsicher, da die Ratten weiter ihr Unwesen treiben- auch zum Leid der Menschen: Die Nagetiere fressen die Samen der Kentia-Palme, die als Zierpflanze viele Wohnzimmer schmückt und das wichtigste Exportgut der Insel ist. Nun reifen Pläne, Lord Howe mit Gift rattenfrei zu machen – spätestens 2012 soll es soweit sein. Bis dahin verbringen die ersten 20 zurückgekehrten Baumhummer ihr Leben vorerst weiter in einem Exil – hinter Glas.
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